Wer künftig das Völkerschlachtdenkmal von innen betrachtet, wird es im wahrsten Sinne des Wortes in einem völlig neuen Licht sehen. Das Nordfenster in der Ruhmeshalle wurde nämlich nach originalen Vorlagen rekonstruiert und als erstes der vier Fenster bei einer kleinen Feier am Donnerstag der Öffentlichkeit vorgestellt.
Anwesend waren unter anderem der Diplom-Glasgestalter Günter Grohs aus Wernigerode, der Direktor des Stadtgeschichtlichen Museums Dr. Volker Rodekamp sowie Kulturbürgermeister Michael Faber. Sichtlich bewegt schilderte der Glaskünstler die umfassenden Arbeiten: “Das ist ein wirklich großer Tag für mich, denn so einen Auftrag macht man generell nur einmal im Leben überhaupt. Ich weiß noch, wie wir vor drei Jahren hier standen und uns fragten, wie wir uns dieser Aufgabe nähern sollten. Alles begann mit umfassenden Archivrecherchen. Anhand vorliegender Fotos der Originalfenster sowie es Entwurfskartons von August Unger konnte die grundlegende Grafik sehr zügig und sicher rekonstruiert werden. Und anhand einer handkolorierten Postkarte hatten wir eine ungefähre Vorstellung davon, wie die Fenster von der Farbgebung her gestaltet waren.”In Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege wurde Günter Grohs mit den farbigen Entwürfen betraut. Bei mehreren Bemusterungen über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr wurden auch die maßgebenden Oberflächen- und Maltechniken festgelegt, so dass ein verbindlicher künstlerischer Entwurf als Ausführungsgrundlage durch Denkmalpflege, den Sachverständigen für Glasmalerei, Dr. Erhard Drachenberg, die Planungs-ARGE und den Auftraggeber bestätigt werden konnte. Vorausgegangen war ein Beschluss der Stiftung Völkerschlachtdenkmal, im Zuge der Sanierung der Ruhmeshalle des Denkmals die vier im zweiten Weltkrieg zerstörten farbigen Bildglasfenster nach den originalen Vorlagen zur rekonstruieren.Steffen Poser, Kurator des Völkerschlachtdenkmals: “Anstelle der bisherigen eher schlichten Verglasung in einem belanglosen gelbrosa Farbton, werden die Fenster in einer geradezu expressiven Farbigkeit die Ruhmeshalle ganz wesentlich mit einer bisher nicht mehr gekannten neuen Grundstimmung bereichern. Die übrigen drei Fenster werden bis 2012 fertiggestellt sein.”
Bis 1913 waren die Fenster offen und erst im September 1912 fasste der Bauherr des Völkerschlachtdenkmals den Beschluss, die vier großen Rundbogenöffnungen im Bereich der Ruhmeshalle des im Oktober 1913 einzuweihenden Denkmals mit Fenstern, das heißt mit entsprechenden Naturstein-Gewänden sowie einer farbigen Bleiverglasung zu schließen. Mit der Ausführung eines Entwurfes wurde der Maler August Unger aus Berlin beauftragt, der besonders durch seine Glasmalerei- und Mosaikarbeiten Bekanntheit erlangte. Die Ausführung der Entwürfe erfolgte durch die renommierte Werkstatt Gottfried Heinersdorf in Berlin. Diese Fenster wurden durch Kampfhandlungen im Zweiten Weltkrieg zerstört.
Unter Verwendung der alten Rahmen wurde in den 50er Jahren eine geometrisch gegliederte Bleiverglasung mit einer zurückhaltenden, stark gedeckten Farbigkeit als Ersatz eingebaut. Mit der farbigen Bleiverglasung wurde nach einer entsprechenden Ausschreibung die Firma Glaswerkstätten F. Schneemelcher in Quedlinburg beauftragt. Günter Grohs: “Ich arbeite schon seit Beginn meiner Tätigkeit als Glasgestalter mit dieser Firma intensiv zusammen, was für dieses Projekt sehr wichtig war und ihm zugute gekommen ist.”
Die äußere Schutzverglasung wurde durch die Glasmalerei Peters in Paderborn bis 2010 errichtet. In einem thermisch getrennten Edelstahl-Profilsystem sind in der Teilung des Originals und der neuen inneren Verglasungsebene je Fenster 40 Thermoscheiben in neutraler Farbgebung eingebaut, die sowohl die notwendige Luftdichtigkeit und den Wärmeschutz für das Gebäude sichern als auch einen mechanischen äußeren Schutz für die farbigen Bleiverglasungen bilden.
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