Für den Leipziger CDU-Landtagsabgeordneten Robert Clemen ist das Völkerschlachtdenkmal das Leipziger Wahrzeichen schlechthin und ein Antikriegsdenkmal. "Auf Antidemokraten scheint das Völkerschlachtdenkmal seit jeher irgendwelche magischen Anziehungskräfte zu besitzen", räumt der Kulturpolitiker im L-IZ-Interview ein.
Herr Clemen, was bedeutet für Sie persönlich das Leipziger Völkerschlachtdenkmal?
Das Völkerschlachtdenkmal ist und bleibt für mich das Leipziger Wahrzeichen. Da ich quasi in seinem Schatten aufgewachsen bin, verbindet mich mit ihm eine sehr enge emotionale Beziehung. Schön, im eigentlichen Sinne, habe ich es allerdings nie gefunden. Eher immer ein wenig bedrohlich. Ich bin seit vielen Jahren Mitglied im Förderverein zum Erhalt des Völki.
Denkmal und die Völkerschlacht sind in Leipzig in öffentlichem Bewusstsein sehr präsent. Wie würden Sie das Doppeljubiläen in 2013, also 200 Jahre Schlacht und 100 Jahre Denkmal, begehen?
Zunächst bin ich einmal froh darüber, dass das Engagement des Fördervereins inzwischen zu großen Fortschritten bei der Sanierung geführt hat und sich auch die Stadtverwaltung allmählich mit dem Denkmal anfreunden kann.
Für mich stellt das Völki ein Antikriegsdenkmal dar. Als solches sollte es auch im Kontext von 200 Jahren Völkerschlacht und 100 Jahren Denkmal eingeordnet werden. Beide Ereignisse sind für Leipzig von zentraler Bedeutung.
Wie kann und soll sich der Freistaat Sachsen in die Vorbereitung des Doppeljubiläums einbringen?
An Sie als Sachse und Leipziger frei nach Erich Loest die Frage: Warum der Rummel um eine Schlacht, die die Sachsen an der Seite Napoleons verloren haben und in deren Folge Sachsen gut die Hälfte seines Territoriums verlor?
Wir Sachsen haben in unserer Geschichte bei kriegerischen Auseinandersetzungen fast immer verloren beziehungsweise auf der falschen Seite gekämpft. Viel erfolgreicher waren die Sachsen bei strategischen Eheschließungen, friedlichen Gebietsabtretungen et cetera.
Trotzdem hat insbesondere die Völkerschlacht einen sehr besonderen historischen Wert für Sachsen. Hier wurde einer der letzten Tyrannen und Diktatoren Europas von den Freiheitsfreunden entscheidend geschlagen. Mit all den daraus später resultierenden Konsequenzen natürlich.
Die Botschaft von Schlacht und Denkmal sind ambivalent. Herrschende verschiedener Epochen haben sich vor dem Denkmal inszeniert, zumeist in Abgrenzung gegen Frankreich, die bürgerlichen Freiheiten oder den Westen allgemein. Welche Botschaft kann von daher ein Doppeljubiläum 2013 eigentlich haben?
Da für mich das Völkerschlachtdenkmal, wie oben erwähnt, in erster Linie ein Antikriegsdenkmal ist, lautet die Aufgabe vor allem darzustellen, dass Krieg und nationalistisch implementierte Konflikte in Europa der Vergangenheit angehören müssen. Auch mit der versuchten Vereinnahmung des Denkmals durch verschiedene Antidemokraten muss endlich Schluss sein!
Die NPD will am 20. August 2011 erneut vor das Denkmal ziehen. Wie bewerten Sie diese erneute Vereinnahmung des Denkmals durch die rechtsextreme Szene?
Wie bereits erwähnt: Auf Antidemokraten scheint das Völkerschlachtdenkmal seit jeher irgendwelche magischen Anziehungskräfte zu besitzen. Wir sollten alles dafür unternehmen, diese Vereinnahmungsversuche in Zukunft zu verhindern! Deshalb stehe ich für eine Einschränkung des Demonstrationsrechts am Völki.
Sachsens Regierung nennt das Völkerschlachtdenkmal einen “Ort von historisch herausragender Bedeutung, der an die Opfer eines Krieges erinnert” und will dort das Demonstrationsrecht einschränken. Baugeschichtlich reflektiere das Völkerschlachtdenkmal am Vorabend des Ersten Weltkrieges nationales Pathos und die Heldenhaftigkeit soldatischen Sterbens, heißt es zudem in der Gesetzesbegründung. Warum ist aus Ihrer Sicht ein solcher Schritt notwendig?
Wie bereits erwähnt, auf Antidemokraten scheint das Völkerschlachtdenkmal seit jeher irgendwelche magischen Anziehungskräfte auszuüben. Sie haben immer wieder versucht, das Völki für ihre Zwecke zu missbrauchen. Dem sollten wir uns in den Weg stellen und gemeinsam dafür Sorge tragen, dass diese Vereinnahmungsversuche zukünftig unterbunden werden. Dafür kann auch ein Versammlungsverbot ein probates Mittel sein.
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Mancher schlägt einen geschichtlichen Bogen von den Befreiungskriegen und der Völkerschlacht zur Friedlichen Revolution 1989. Inwieweit können Sie dies nachvollziehen?
Für mich stehen diese Ereignisse zwar nicht in direktem Zusammenhang, trotzdem glaube ich nicht, dass es Zufall war, dass beide in bzw. bei Leipzig stattgefunden haben. Unsere Stadt scheint eine besondere Beziehung zur Freiheit zu haben…
Leipzigs Superintendent Martin Henker wünscht sich in Leipzig eine Diskussion über die Fragen: “Was wollen wir 2013 feiern?” und: “Wie wollen wir 2013 feiern?” Wer soll diese Diskussion aus Ihrer Sicht führen?
Die Diskussion sollte gemeinsam von Förderverein, Traditionsvereinen, Stadtrat, Stadtverwaltung und Leipziger Bürgern geführt werden. Es gibt vielschichtige Interessen, die Berücksichtigung finden sollten. Dabei sollte die Europäische Versöhnung und das Erinnern an Geschichte und ihre Zusammenhänge im Fokus stehen.
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