Dr. Dietrich Raue ist erst seit dem 1. Oktober 2010 Kustos des Äygptologischen Museums im Krochhaus. Doch in der reltativ kurzen Zeit hat der Mann einen schmerzlichen Leidensweg hinter sich gebracht, der jetzt wohl mit der wahrscheinlichen Rückübertragung der unschätzbar wertvollen Steindorff-Sammlung an die Jewish Claims Conference (JCC) ein vorläufiges bitteres Ende. Am Freitag äußerte sich der Kustos dazu in einer Pressekonferenz im Kroch-Hochhaus.

Gemäß einem Urteil des Verwaltungsgerichtes Berlin muss die Universität die Sammlung des Leipziger Ägyptologen Prof. Dr. Georg Steindorff, die dieser 1938 für 8000 Reichsmark (umgerechnet ca. 35.000 Euro) an die Uni verkauft hatte, an die JCC zurückgeben (L-IZ berichtete). Kustos Dr. Raue ist auf jeden Fall ob des Urteils maßlos enttäuscht und bezeichnet es als eine Höchststrafe:

“Eines der Hauptprobleme bei dem Urteil war die Forderung des Amtes für Offene Vermögensfragen, die Mitursächlichkeit des Nationalsozialismus auszuschließen. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Das heißt, das wir schon an dieser unerfüllbaren Forderung scheitern mussten. Sie werden von mir kein schlechtes Wort gegen die JCC hören. Vielmehr denke ich, dass die deutsche Rechtssprechung das eigentliche Problem darstellt.”
Das Urteil ist laut Raue nach der Rasenmähermethode gefällt worden. Nicht einmal ein Vergleich sei in Betracht gezogen worden, wie er selbst von der JCC in Erwägung gezogen worden sei. Im Gegenteil, man nicht einmal die Möglichkeit einer Revision offen gelassen.

Das Urteil ist den Betroffenen nach das Schlimmste, was passieren konnte. Juristisch sei das zwar korrekt gewesen und mit dem Urteil bewege man sich von Seiten des Gerichts auf der sicheren Seite. Aber trotz des Urteils stehe laut Kustos Raue fest, dass der Verkauf damals nicht unrecht gewesen ist und auch nicht aufgrund von Zwang durch die herrschenden politischen Umstände erfolgt sei. Auch habe Steindorff später nie geäußert, dass der Verkauf unrecht gewesen ist und auch nie den Wunsch gehabt, die Sammlung wiederzubekommen.
Zum Kaufpreis meinte Dr. Raue: “Steinbach hat zwar den addierten Wert der einzelnen Stücke seiner Sammlung auf 10.250 Reichsmark geschätzt, jedoch aber 8.000 Euro für die ganze Sammlung verlangt.” Dies sei durchaus üblich, da man eine Sammlung nie auf die Summe des Wertes der einzelnen Stücke taxiert. Somit seien die 8000 Reichsmark als Preis völlig in Ordnung und nicht unter Wert, wie das Gericht es dargestellt hatte. Andere Museen, wie das in Hannover habe ebenfalls eine Sammlung unter ähnlichen Umständen gekauft, ebenfalls zu einem Sammelpreis. Und dies ist Raue zufolge nie moniert worden.

Das Gericht habe zudem weder die Zeugenaussage des eigens aus den USA angereisten Enkels von Steindorff, Thomas Hemer (88) berücksichtgt noch die Tatsache, dass Briefe vorliegen, in denen Steindorff die Uni ausdrücklich fragt, ob man seine Sammlung denn nun haben wolle. Andernfalls er sie nach Hannover verkaufen würde. Zurück bleibt eine gewisse Ratlosigkeit seitens der Kustodie. Denn nun liege das Schicksal der Sammlung nicht mehr in der Hand der Uni.

Thomas Hemer, der ebenfalls bei der Pressekonferenz anwesend war, bekräftigte noch einmal seine Aussage, dass sein Großvater die Sammlung tatsächlich an die Uni veräußern wollte. Und das ohne Zwang von Seiten der Nazis. All diese Umstände trugen allerdings nicht dazu bei, das Gericht vom Gegenteil zu überzeugen. Dabei ging im Übrigen auch der Enkel Thomas Hemer leer aus. Ihm hätte die Sammlung als rechtmäßigem Erben eigentlich zugestanden. Doch da er seinen Restitutionsanspruch erst 2007 gestellt hatte, war er weit über die von der JCC geforderte Frist von zwei Jahren hinaus. So dass sein Rechtsanspruch verfallen war.

Allerdings hatte man auch von Seiten der JCC keinerlei Versuch gestartet, den Enkel über seine Rechte rechtzeitig aufzuklären. Womit nun die JCC alleiniger Besicher der unschätzbar wertvollen Sammlung ist. Was nun geschehe, wisse man nicht, so Dr. Raue. Zwar könne man noch dagegen klagen, dass gegen das Urteil keine Rechtsmittel möglich sind. Dies erscheint aber wenig erfolgsversprechend.

Als Trost bliebe höchstens, dass das Museum über insgesamt rund 7.000 Exponate verfüge und man auch ohne die Sammlung überleben könne. Der Verlust für Lehre und Forschung sei jedoch immens. Man darf nun gespannt sein, wie die JCC weiter verfährt.

VGWortLIZ

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