Zurückgehende Kinderzahlen in Sachsen könnten eigentlich eine Chance sein, die frei werdenden Gelder dazu zu verwenden, die Betreuungszahlen in den Kindereinrichtungen zu verbessern. Und irgendwie klang es ja auch so, als im September auch noch der Sächsische Landtag beschloss, ein Kita-Moratorium zu erlassen. Heißt: Die Gelder für die anteilige Kita-Finanzierung sinken erst einmal nicht. Und in der Leipziger SPD-Fraktion keimte so leise die Hoffnung, dass mit dem „frei werdenden Geld“ ja was zu machen wäre.
„Die sächsischen Regierungsparteien aus CDU, Bündnis 90 / Die Grünen und SPD haben einen Antrag zur Beratung und Beschlussfassung in den Sächsischen Landtag eingebracht, der das Ziel zur Schaffung eines sogenannten Kita-Moratoriums hat (Drucksache 7/17127)“, stellte die SPD-Fraktion in einer Anfrage an die Stadtverwaltung fest, zu der dann der neu in den Stadtrat gewählte SPD-Stadtrat Frank Franke – na ja – irgendwie doch eine kleine Rede halten wollte.
Obwohl es zu den schriftlich beantworteten Fragen der Fraktionen in der Ratsversammlung eigentlich nur Nachfragen gibt. Und weiter, so die Hoffnung der SPD-Fraktion: „Dabei soll auch künftig die Weiterentwicklung ‚der Kita-Finanzierung den Schwerpunkt auf die Personalausstattung der Kindertageseinrichtungen legen, um so die Qualität der frühkindlichen Bildung weiter zu stärken‘.
Beantragt ist, den jährlichen Landeszuschuss für die Förderung der Kindertageseinrichtungen und der Kindertagespflege in 2025 mindestens auf dem finanziellen Niveau von 2024 fortzuschreiben.
Damit kann die Qualität der Betreuung in den Leipziger Einrichtungen verbessert werden.“
Man muss ja auch mal träumen dürfen.
Doch das Amt für Jugend und Familie zerpflückte die zarten Hoffnungen mit den harten Zahlen der Wirklichkeit. Das Moratorium bedeutet nämlich für Leipzig tatsächlich sinkende Finanzierungszuweisungen.
Die Finanzierung müsste eigentlich aufgestockt werden
Auch wenn das Amt für Jugend und Familie erst einmal das Positive an dem Moratorium begrüßte: „Grundsätzlich ist es zu begrüßen, dass der Freistaat trotz zurückgehender Kinderzahlen seine Zuschüsse auf dem Niveau von 2024 halten will. Auch aus Sicht Leipzigs sollte die demographische Entwicklung genutzt werden, um die Betreuungsqualität in der frühkindlichen Bildung zu verbessern, zumal die Zahl der in die Kita kommenden Kinder in den nächsten Jahren auch wieder nach oben gehen wird.
Allerdings muss auch sehr deutlich gesagt werden, dass gleichbleibende Landes-Zuschüsse nichts daran ändern, dass die Kostenbelastung für Kommunen seit Jahren stärker steigt als die Unterstützung vom Land und dieser Trend sich fortsetzen wird. Wenn das Land darum Verbesserungen in der Betreuungsrelation nachhaltig gewährleisten will, dann muss auch die Finanzierung entsprechend aufgestockt und dynamisiert werden.“
Oder deutlich formuliert: Der Freistaat spart auch hier auf Kosten der Kommunen.
Und eine wirkliche Lösung ist nicht in Sicht, stellt das Amt ebenfalls fest. „Der jetzige Lösungsansatz wirkt nur kurzzeitig. Die Stellen in diesem wichtigen Aufgabenbereich können durch die Kommunen langfristig auf dem aktuellen Niveau nur erhalten werden, wenn auch die Finanzierung gleichermaßen langfristig gesichert ist. Das betrifft nicht nur das Thema Personalkosten, sondern auch die anfallenden Kosten für die Erhaltung und den Betrieb der Einrichtungen.
Das Moratorium kann maximal eine Übergangslösung darstellen. Eine perspektivische Anpassung des Betreuungsschlüssels in Sachsen ist dringend notwendig, um nachhaltige Verbesserungen herbeizuführen und auf die demographischen und sozialen Entwicklungen zu reagieren. Voraussetzung hierfür ist jedoch gleichsam eine Anpassung und Dynamisierung der Landeszuschüsse zur Refinanzierung des Mehraufwandes aufseiten der Kommunen. Das Moratorium ist hierfür kein geeignetes Mittel.“
Es gibt kein zusätzliches Geld
Auf die SPD-Frage nach den konkreten Mitteln, die Leipzig vom Land für die Kita-Betreuung bekommt, wird das Amt für Jugend und Familie noch deutlicher.
„Die Stadt Leipzig erhielt für das Haushaltsjahr 2024 Landeszuschüsse zum Betrieb von Kindertageseinrichtungen (gemäß § 18 Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über Kindertagesbetreuung) in Höhe von 153.648.420,15 Euro. Entsprechend des Kita-Moratoriums wird diese Summe eingefroren und auch 2025 in selber Höhe ausgezahlt.“
Aber das deckt nicht einmal die Kosten durch die Inflation. Denn: „Inflationsbereinigt – entsprechend aktueller Inflationsrate des Statistischen Bundesamtes für den September 2024 in Höhe von 1,6 % – bedürfte es einer Summe i. H. v. 156.106.794,87 Euro. Anzumerken ist hierbei, dass der eingefrorene Landeszuschuss jedoch unterhalb des veranschlagten Planansatzes von 154.192.350 Euro liegt, da dieser die geforderte Weiterführung des Ukraine-Erlasses beinhaltet. Zudem ist für das Jahr 2026 im Haushaltsplan eine Dynamisierung des Landeszuschusses eingeplant.“
Zu den Geldern aus dem Ukraine-Erlass fragte dann auch Linke-Stadträtin Juliane Nagel nach. Denn die Kinder aus ukrainischen Familien verschwinden ja nicht einfach, schon gar nicht, wenn der Krieg in der Ostukraine noch lange so weiter geht.
Aber darauf reagierte dann Finanzbürgermeister Torsten Bonew sehr lakonisch: „Sie müssen sich keine Gedanken um das Geld machen. Es gibt kein Geld.“
Was zumindest aus der Sicht eines mit den Jahren abgehärteten Finanzbürgermeisters heißt: Leipzig muss an einer weiteren Stelle irgendwie Wege finden, mit weniger Geld auszukommen, ohne dabei den Verlust wertvollen Kita-Personals zu riskieren.
Und im selben Sinn hatte auch das Amt für Jugend und Familie auf die SPD-Frage „Wie plant die Stadt, die Mittel zu verwenden?“ geantwortet: „Die Mittel dienen der Gewährleistung des laufenden Kita-Betriebes. Mehrerträge für zusätzliche Aufgaben stehen hierdurch nicht zur Verfügung. Wie in Punkt 5 dargestellt, verbleiben trotz des Moratoriums Mindererträge.“
Das Kita-Moratorium schafft also für Leipzig überhaupt keine „freien“ Gelder, die nun in zusätzliches Personal investiert werden könnten. Die einzige Kita-Rendite, die sich durch (zeitweilig) fallende Kinderzahlen ergibt, ist für Leipzig, dass ältere Kindereinrichtungen frei gelenkt werden können und jetzt endlich saniert werden können.
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