Am 19. Februar ab 14 Uhr ist es wieder so weit, dann startet der 24. „Rosensonntagsumzug“ einmal rund durch die Leipziger Innenstadt von der Hainstraße aus. Keine Selbstverständlichkeit nach der zweijährigen Pause seit dem letzten echten Konfettivent 2020, Coronakrise und den Vorbereitungen mitten hinein in den allgegenwärtigen Preisauftrieb. „Kein Strom, kein Gas, kein Sprit – die Narren ham das Radl mit“ der folgerichtige Slogan 2023 des „Förderkomitee Leipziger Karneval e. V.“ (FLK e. V.).

Für die bevorstehende, frohgemute Narrenparade, dem Höhepunkt der Faschingszeit in Leipzig, ist Steffen Hoffmann, Präsident des FLK e. V., überraschend ernsthaft bei der Pressekonferenz im Neuen Rathaus am gestrigen 14. Februar 2023.

Dabei hat er eine aus Sicht der Leipziger Karnevalisten gute Nachricht, die allerdings bis 2020 eine Normalität war: Es wird am kommenden 19. Februar nach „1.092 Tagen wieder“, so Hoffmann, einen Rosensonntagsumzug geben. In anderen Städten hingegen hat man in diesem Jahr das Handtuch geworfen und sich für Absagen entschieden.

„26 Vereine, 18 Fahrzeuge und natürlich viele Fahrräder“ seien in diesem Jahr in Leipzig dabei, so Hoffmann zum „großen Interesse an einer Beteiligung“ nach der Pause, wenn es dann ab 14 Uhr von der Hainstraße rings durchs Zentrum auf den Marktplatz und dort zum Programm von 15:30 Uhr bis 18 Uhr geht.

Doch sicher war das nach den Jahren der Pause angesichts der explodierenden Kosten nicht, erstmals seit seiner Gründung im Jahr 1992 musste und muss man noch immer Spenden einsammeln, um die nun rund 20.000 Euro für die Parade zu stemmen.

Auch für die einzelnen Karnevalsvereine sei der Sprit für die Anfahrt teurer geworden, der neue Mindestlohn treibe die Kosten und auch der Bühnenbauer kann nicht mehr zu früheren Konditionen Bretter, Riggs und Boxen für das Programm auf dem Marktplatz zur Verfügung stellen.

So gesehen, ist sogar der Slogan „Kein Strom, kein Gas, kein Sprit – die Narren ham das Radl mit“ eine ökologische Tugend, die aus der Not geboren scheint.

Den Löwenanteil der Kosten habe mittlerweile die Reinigung eingenommen, ein Entgegenkommen der Stadtreinigung fürs Konfetti- und Kamelle-Beseitigen war nicht zu erzielen. In der Tat hat die Stadt Leipzig längst selbst angesichts der Energiekostenkrise auf die stadteigenen Betriebe der „L-Gruppe“ Einfluss genommen, etwaige Unterstützungen oder Sonderangebote für Events zurückzuschrauben.

Dass dabei auch für den Karneval keine Ausnahme gemacht würde, sei mit Blick auf andere Städte ziemlich traurig und auch dem mangelnden Rückhalt in der Stadtpolitik zuzuschreiben, so Hoffmann. In anderen Städten stünden die Stadtoberen deutlich stärker hinter dem Spektakel und hätten in der Krise Unterstützung signalisiert. Auch, dass in diesem Jahr kein Bürgermeister oder Bürgermeisterin, geschweige der OBM eine Fastnachtsrede halten würde, sei bedauerlich.

Ein ideelles bis finanzielles Sponsoring, was die ehrenamtlichen Karnevalisten, die wie Hoffmann für den ehemals heidnischen Frühlingsspaß und heutigen Start in die Fastenzeit sogar „Konfetti-Urlaub“ bei ihren Arbeitgebern beantragen, auch in Leipzig durchaus benötigen würden.

Vor allem die „100 Prozent Preisauftrieb allein für die Reinigung nach dem Rosensonntagsumzug“ haben laut Karnevalspräsident Hoffmann zu einem „Finanzierungsloch“ geführt, welches die Narren beinahe in die Knie gezwungen hätte. Eine andere Lösung steht nicht zur Verfügung, der Narrenumzug ist keine Demonstration im klassischen Sinne, sondern eine Veranstaltung ohne Eintrittskarten.

Dass an dieser Stelle Yvette Schönherr im Kostüm der diesjährigen „Leila“ neben ihm bedeutsam mit dem Kopf nickt, unterstreicht nur, wie schwierig es in diesem Jahr gewesen ist: Schönherr ist die Schatzmeisterin des FLK e. V. und weiß um die aktuellen Nöte des Vereins.

Gerettet haben in diesem Jahr die Freunde des Karnevals ihre Feierlichkeiten quasi selbst, runde „5.000 Euro an Spenden“ brauche man, ein großer Teil sei bereits über viele Zahlungen „zwischen 5 und 50 Euro“ eingegangen, so Hoffmann und man sammele noch weiter bis zum 19., bis zum Start der Parade, der anschließenden Vergabe der „Goldenen Rose“ an die „Krostitzer Brauerei“ und dem Programm mit Showtanzgruppen, Männerballett und Gesangseinlagen auf dem Markt.

Punkte, auf die Vize-Präsidentin und Produktionsleiterin am 19.02., Therèse Hennig, in einer kurzen Redepause Hoffmanns hinweist, bevor es noch so klingt, als ob am 19. Februar 2023 eine durch und durch schwierige Sache über die Bühne ginge.

Dass es eine gelungene Nummer für all jene werden könnte, die dem Karneval auch im protestantisch bis atheistischen Leipzig etwas abgewinnen können und am Sonntag an der Aufzugstrecke oder als Aktive auf den Wagen dabei sein wollen, stellt auch eine weitere Antwort sicher.

Angesichts der neuesten Geschmacklosigkeiten bei ähnlichen Paraden wie in Prossen (Sachsen), würde man bei der Aufstellung der 18 Paradewagen in Leipzig auch darauf achten, dass keine extremistischen Inhalte vertreten werden. Zuerst einmal „darf bei uns jeder Teilnehmer die Birne einschalten“, so Hoffmann auf Nachfrage.

Dennoch würde man auch bei Prüfung der Wagen zum technischen Zustand vor Ort am 19. Februar ab 12 Uhr gemeinsam mit Polizei und Ordnungsamt unterwegs sein. Und „wenn da jemand ist, der irgendwelchen Blödsinn drauf hat, der nicht geht, fährt wieder heim“.

Ein Ausschluss also eines der Leipziger Karnevalsvereine, welcher in 23 Jahren in Leipzig jedoch noch nie notwendig wurde.

Kurzdaten „Rosensonntagsumzug“2023

12 Uhr Aufstellungsbeginn der Wagen am Brühl

14 Uhr Start der Parade, Strecke: Hainstraße, Petersstraße, Preußergässchen, Reichsstraße, Neumarkt, Salzgässchen, Marktplatz.

15:30 Uhr Programm auf dem Marktplatz

Weitere Informationen im Netz unter fklk.de

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