Am Mittwoch, dem 18. Januar, wurde in der Leipziger Ratsversammlung noch nicht über den Doppelhaushalt 2023/2024 entschieden. Das ist erst für den Februar geplant. Aber die Ratsfraktionen diskutieren schon emsig darüber, was im neuen Doppelhaushalt unbedingt stehen muss. Und dazu gehört auch deutlich mehr Geld für die Jugendhilfe. Dahinter stehen die Fraktionen von Linken, Grünen und SPD.
Am Samstag, dem 14. Januar, haben sich die Fraktionen Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen und SPD mit ihrer Mehrheit im Stadtrat auf die deutliche Erhöhung des Budgets zur Förderung von Vereinen und Verbänden im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe verständigt. Auch wurden weitere Stellen in der Schulsozialarbeit sowie die weitere Entwicklung von Kindertagesstätten zu Kinder- und Familienzentren auf den Weg gebracht.
Demnach soll das Jugendhilfebudget für die Förderung von Angeboten aus den Bereichen der Jugendverbandsarbeit, Familienbildung/-beratung, Jugendsozialarbeit, Jugendschutz und der Kinder- und Jugendarbeit (§§ 11 bis 14 und 16 SGB VIII) bei den Beratungen zum neuen Doppelhaushalt im erweiterten Finanzausschuss um ca. 1,71 Millionen € in 2023 und 2,16 Millionen € in 2024 erhöht werden.
Womit die drei Fraktionen das Anliegen der Träger der Freien Jugendhilfe vorwegnahmen, die am Mittwoch, dem 18. Januar, zur Ratsversammlung zum bunten Protest zusammenkamen. Denn schon jetzt zeichnet sich ab, dass die bislang bereitgestellten Gelder nicht reichen, den Betrieb vieler wichtiger Einrichtungen aufrechtzuerhalten und Kürzungen fast zwangsläufig sind.
Und die drei Fraktionen wünschen sich sogar eine Ausweitung de dringend benötigten Angebots: „Die Weiterentwicklung von Kindertagesstätten in Kinder- und Familienzentren wird um jährlich zwei weitere Einrichtungen sowohl bei Freien Trägern als auch bei Kitas der Stadt Leipzig forciert. Hierzu werden pro Standort je eine halbe Personalstelle zusätzlich für die Elternarbeit zur Verfügung gestellt.“
Mehr Schulen mit Schulsozialarbeit
Vom weiteren Ausbau der Schulsozialarbeit in Sachsen werden ab dem kommenden Schuljahr auch vier weitere Schulen in Leipzig profitieren, ab dem Schuljahr 2024/25 nochmals zwei weitere. Insbesondere in Gymnasien wird es somit möglich sein, künftig Schulsozialarbeit als niedrigschwelliges Angebot und Schnittstelle zur Jugendhilfe anzubieten.
Zum Ende des vergangenen Jahres hat der Sächsische Landtag den Doppelhaushalt 2023/24 beschlossen. Dieser beinhaltet auch deutliche Aufstockungen für die Schulsozialarbeit in Leipzig. Das Land unterstützt in erster Linie die Schulsozialarbeit an Ober- und Förderschulen. In Leipzig stehen aus dem Landeshaushalt für 2023 insgesamt 5.200.540 Euro für Schulsozialarbeit zur Verfügung. Diese Mittel sollen die Kommunen bei der Stabilisierung der bestehenden Angebote unterstützen.
Für die inhaltliche Arbeit wird die Landesförderung kommunal um insgesamt 100.000 € aufgestockt, mit dem Ziel, neben der Quantität auch die Qualität der Schulsozialarbeit zu stärken, betonen die drei Fraktionen.
„Nachdem der Jugendhilfeausschuss im vergangenen Jahr die integrierte Kinder- und Jugendhilfeplanung beschlossen hat, die Chancengerechtigkeit für alle jungen Menschen gewährleisten, Familien stärken und ein sinnstiftendes Freizeitverhalten für alle jungen Menschen ermöglichen soll, ist die errungene Budgeterhöhung nun ein sehr konsequentes und überaus erfolgreiches Zeichen“, sagt Michael Schmidt, jugendpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und stellvertretender Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses.
Und er hat volles Verständnis für die Protestaktionen vor der Ratsversammlung: „Die Proteste der vielen Vereine und Verbände der Jugendhilfe, die seit vielen Jahren eine wertvolle und erfolgreiche Arbeit leisten, haben deutlich gemacht, dass das im Haushaltsplanentwurf vorgesehene Budget völlig unzureichend ist, um den jugendpolitischen Herausforderungen, nicht nur in den Schwerpunkträumen, sondern in allen Sozialräumen unserer Stadt, wirksam zu begegnen.
Hier gilt es im Sinne der Integrierten Kinder- und Jugendhilfeplanung, neben einer gezielten Umsteuerung von Angeboten und deren inhaltlicher Ausrichtung, auch neue Angebote zu etablieren oder vorhandene entsprechend der Bedarfslagen vor Ort über definierte Mindeststandards hinaus zu stärken. Mit dem nun in Aussicht stehenden Budget haben wir eine ausgezeichnete Grundlage, um diesem Steuerungsanspruch gerecht zu werden.“
Junge Menschen brauchen Vertrauenspersonen
Und das Thema der Schulsozialarbeit ist gerade nach den heftigen Einschnitten wegen Corona noch wichtiger geworden, findet William Rambow, Sprecher für Kinder und Jugend der Fraktion Die Linke in Leipziger Stadtrat: „Die Herausforderungen, mit denen Schülerinnen und Schüler zu kämpfen haben, haben sich in den vergangenen Jahren gewandelt und verschärft. Die Corona-Pandemie hat ihr übriges dazu beigetragen. Es wäre fatal, davon auszugehen, dass nur Schülerinnen und Schüler bestimmter Schulformen von Schulsozialarbeit profitieren. Die Problemlagen an Gymnasien mögen etwas andere sein als an Oberschulen, weniger Beachtung haben sie dennoch nicht verdient. In allen Schulen gibt es jungen Menschen, die dringend Vertrauenspersonen brauchen, die sie außerhalb des strengen Rahmens von Unterrichtsstunden unterstützen können.“
Die drei Fraktionen bekräftigen das Ziel, dass perspektivisch alle Schulen mit qualitativ hochwertiger Schulsozialarbeit ausgestattet sein sollten. „Einerseits mit einem klaren Zeichen in diesem Haushalt, andererseits mit einem Grundsatzantrag, den wir dazu ins Verfahren gegeben haben. Wir sehen allerdings weiterhin den Freistaat in der Verantwortung, flächendeckende Schulsozialarbeit zu finanzieren und die Missstände im Schulsystem anzugehen.“
„Schulsozialarbeit zur Regel machen“, heißt dieser gemeinsame Antrag von Grünen, Linken und SPD.
Der Antrag „Schulsozialarbeit zur Regel machen“.
Probleme auch bei den Kitas
Und auch im Kita-Bereich versucht Leipzig ja viele der sozialen Probleme aufzufangen, die Leipziger Familien zu schaffen machen. Das betont Christina März, Sprecherin für Jugendpolitik der SPD-Fraktion, wenn sie sagt: „Mit dem Ausbau der Kinder- und Familienzentren in diesem Haushalt erfüllen wir eine wichtige Maßnahme der Integrierten Kinder- und Jugendhilfeplanung. Wir schaffen in den nächsten zwei Jahren damit in acht weiteren Kitas personelle und finanzielle Möglichkeiten, um Familien unkompliziert und niederschwellig zu beraten und zu unterstützen. Die Kita als tagtäglicher Bezugspunkt der Familien ist dafür der optimale Ort. Wir möchten den Kitas die Möglichkeit geben, sich stärker mit dem Sozialraum zu vernetzen und damit Angebote auszubauen.“
Sie begrüßt in dem Zusammenhang ausdrücklich, dass das Land Sachsen seit August 33 Kitas in Leipzig in kommunaler und freier Trägerschaft mit je 0,75 VzÄ über das ESF Programm „Kinder stärken 2.0“ mit Kita-Sozialarbeit fördert.
„Das sind insgesamt 18 Kitas mehr als im ersten Förderprogramm ‚Kinder stärken‘ in Leipzig (2016-2022) und damit ein erheblicher Schritt in die richtige Richtung“, sagt März. „Mit Kita-Sozialarbeit und der sukzessiven Weiterentwicklung von Kitas zu Kinder- und Familienzentren stärken wir Kinder und deren Familien und das Heranwachsen zu selbstbestimmten jungen Menschen.“
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