Armut ist ein zentrales Problem unserer Zeit. Gerade auch, weil sie sich versteckt und die großen Medien (und mittlerweile selbst die Gewerkschaften) reflexhaft reagieren, wenn nur das Stichwort Grundeinkommen fällt. So tief verinnerlicht haben sie den Sklavenhalterspruch, dass, wer nicht arbeitet, auch nicht essen soll. Da geht auch in Sachsen völlig unter, dass auch viele Menschen arm sind, die Arbeit haben. Und das trifft auch ihre Kinder.
Da ist so ein Spruch, wie ihn DGB-Chef Reiner Hoffman gesagt haben soll, natürlich komplett unter der Gürtellinie: „Menschen mit einer Stillhalteprämie aufs Abstellgleis zu stellen, weil ihnen keine Perspektive in der Erwerbsarbeit angeboten werden kann, ist keine Lösung.“
Dabei hatte selbst der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung gezeigt, woher die krasse Ungleichverteilung kommt: Menschen in normaler Beschäftigung haben nur in 5,6 Prozent der Fälle ein Armutsrisiko, Beschäftige in atypischen Beschäftigungen aber zu 19,2 Prozent. Dazu zählen Teilzeit genauso wie befristete Beschäftigungen und Zeitarbeit – alles Arbeitsmarktinstrumente, die in Sachsen besonders flächendeckend angewendet wurden und werden.
Die sozialpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Sächsischen Landtag, Susanne Schaper, hat die aktuellen Zahlen zu „Kinder- und Altersarmut in Sachsen 2017“ (Landtagsdrucksache 6/12803) abgefragt. Zumindest das, was man abfragen kann, weil dazu Zahlen vorliegen. In diesem Fall also zu Kindern und Jugendlichen, die Hilfen nach SGB II bekommen.
„Rund 86.500 Kinder waren 2017 in Sachsen von Hartz IV und somit von Armut betroffen. Trauriger Spitzenreiter sind Leipzig mit rund 19.000 und Dresden mit rund 12.000 Kindern. Und das ist nur eine Teilgruppe, denn dazu kommen Kinder von ‚Aufstockern‘ und solche in Haushalten, die Wohngeld, Sozialhilfe oder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten“, zählt Schaper auf. Wie viele Kinder tatsächlich im Bereich der Armutsgefährdung leben, wird also in Sachsen gar nicht statistisch erfasst.
Wobei die Leipziger Zahlen darauf hindeuten, dass sich die Armut in einigen Teilen der Stadtgesellschaft dauerhaft verfestigt hat. Die offiziellen Arbeitslosenzahlen sinken zwar – aber die Zahl der „Nicht erwerbsfähigen Leistungsberechtigten“ ist seit Jahren auf hohem Niveau stabil. Dazu zählen vor allem die Kinder in den Bedarfsgemeinschaften.
„Da unser Antrag ‚Kinderarmut im Freistaat Sachsen gemeinsam beseitigen!‘ (Drucksache 6/9430) abgelehnt wurde, fordern wir weiterhin, dass sich die Staatsregierung auf der Bundesebene für eine existenzsichernde Kindergrundsicherung in Höhe von 560 Euro und bis dahin für ein Kindergeld von mindestens 328 Euro einsetzt“, erklärt Schaper. Und sie verweist darauf, dass die Niedriglohnpolitik der letzten 28 Jahre in Sachsen jetzt dazu führt, dass auch immer mehr Menschen in einen Ruhestand in Armut gehen.
„Doch auch im Alter nimmt Armut zu. Die Zahl der Rentnerinnen und Rentner, die 2017 Grundsicherungsleistungen nach SGB XII in Anspruch nehmen mussten, ist allein im Vergleich zu 2016 um sechs Prozent gestiegen. Menschen, die oft ihr Leben lang gearbeitet haben, werden um ihren verdienten Ruhestand gebracht“, stellt Schaper fest.
„Wir fordern von der Staatsregierung zudem einen Lebenslagenreport, der die Lebensumstände der Betroffenen abbildet und hilfreich wäre im Kampf gegen Kinder- und Altersarmut. Auf der Bundesebene muss eine Mindestrente von 1.050 Euro eingeführt und die Rentenversicherung zur Bürgerversicherung ausgebaut werden, in die alle Einkommensempfänger einzahlen.“
Und auch die kinder- und jugendpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Janina Pfau, findet, dass das Wegducken beim Thema Kinderarmut aufhören sollte. Denn Armut ist die Hautursache für gebrochene Schul- und Berufskarrieren.
„Es ist erwiesen, dass Kinder aus armen Familien oft bei der Bildung, aber auch im sozialen Umfeld benachteiligt werden. Schon der Geburtstagsbesuch bei Freunden wird zum Problem, wenn das Geld für ein Geschenk fehlt“, geht sie auf einige der Folgen ein. „Der Hartz IV-Regelsatz sieht pro Tag nicht einmal drei Euro vor, um Essen für Kinder zu kaufen. Wie soll da eine ausreichende und gesunde Ernährung möglich sein? Wir fordern eine Grundsicherung für Kinder, damit gute Bildung und Versorgung nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen!“
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Wenn ich nur meine Situation sehe: Getrennt lebend, berufstätig / getrennt lebend(alters-/ Kinderbetreuungsbedingt)(Kind u 14)(nicht in meiner Bedarfsgemeinschaft zählend), dennoch bei mir zeitweise lebend mit eigenem Zimmer/ also “zu große Wohnung” für ALGII (“draufzahler”) Miete ca. 530,00/ Verdienst ca. 570,00/ Tel/Internet -40€- Hausrat-/ Haftpflichtversicherung + Stütze Harz 4 (nur für mich) (keine weitere Unterstützung), da bin ich froh, das ich noch 20€ für die letzten 14 Tage des Monats für mich und meine Tochter zum Leben habe. Urlaub, neue Sachen, eine notwendige Auslage für eine neue Brille/ Handygebühren für Beruf (- ca.20.00 €) Das macht nicht gerade glücklich für Väter, deren Kinder “nicht angerechnet” werden und schon am untersten Rand der Existenz jeden Monat Bauchschmerzen bekommen. Zum Glück gibt es die Tafel. ABER ICH BIN NICHT ALLEINE. Am liebsten würde ich betteln gehen, damit mein Kind weiterhin eine gute Schulbildung erhalten kann. REALITÄT