Es ist nicht nur die Bundesrepublik Deutschland, in der der Glaube lebt, man könne alle Lebensrisiken minimieren, gar verhindern. Selbst ganze Wirtschaftszweige sind damit beschäftigt, das Risiko aus der Welt schaffen zu wollen. Zum Beispiel mit drastisch steigenden Haftpflichtprämien für Hebammen. Das Problem steht seit Jahren in der Diskussion. In Sachsen gibt es endlich eine Lösung, die Grünen legen trotzdem noch ein Positionspapier vor.

„Die aktuellen Haushaltsbeschlüsse des Landtags zugunsten der Hebammen sind ein wichtiges Zeichen. Aber sie müssen jetzt schnell umgesetzt werden, damit Hebammen wieder eine Perspektive in Sachsen bekommen“, fordert Volkmar Zschocke, Vorsitzender der Fraktion. „Ob aus den Beschlüssen ein Erfolg wird, liegt nun in erster Linie an der Ausgestaltung der Beschlüsse durch Sozialministerin Barbara Klepsch (CDU).“

Der in der letzten Woche beschlossene Doppelhaushalt 2017/2018 des Freistaats Sachsen beinhaltet auch ein „Programm zur Sicherung der Hebammenversorgung“ in Höhe von 175.000 Euro pro Jahr. So hatte es die Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen beantragt. Was durchaus auch etwas nicht Alltägliches ist für die Grünen, dass einer ihrer Anträge auch so umgesetzt wird. Zudem wurde eine Studie zur Hebammenversorgung in Sachsen beschlossen – einmalig untersetzt mit 100.000 Euro.

Das Problem der Hebammen: Ihre Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung wurden drastisch erhöht.

Nach Angaben des Deutschen Hebammenverbands e.V. haben in den letzten fünf Jahren aufgrund des starken Anstiegs der Haftpflichtprämie ein Viertel der freiberuflichen Hebammen deutschlandweit ihren Beruf aufgegeben. Der Verband schätzt ein, dass derzeit nur noch 70 freiberufliche Hebammen in der Geburtshilfe in Sachsen tätig sind. Verlässliche Zahlen dazu gibt es nicht. Ein weiteres Problem sei die ungenügende Vergütung der Hebammen, so Grit Kretschmar-Zimmer, 1. Vorsitzende des Sächsischen Hebammenverbands e.V..

„Praktizierende freiberufliche Hebammen brauchen Unterstützung, um Geburtshilfe und Hebammenleistungen in unterversorgten Gebieten Sachsens weiter anzubieten. Das Angebot der außerklinischen Geburtshilfe in Wohnortnähe muss gesichert werden bzw. erhalten bleiben“, benennt Zschocke seine Forderungen an das Sozialministerium. Von der beschlossenen Studie zur Hebammenversorgung in Sachsen erwartet er endlich eine verlässliche Datengrundlage für Sachsen. „Sonst wird es keine maßgeschneiderten Programme zugunsten der Hebammen geben können.“

Grit Kretschmar-Zimmer betonte ebenso die Notwendigkeit von konkreten Schritten: „Natürlich habe ich mich sehr über die Haushaltsbeschlüsse des Landtags gefreut. Aber von Wertschätzung allein kommen noch keine Hebammen zu den Frauen bzw. Säuglingen.“

Für Volkmar Zschocke steht fest, dass die Haushaltsbeschlüsse allein nicht alle Probleme der Berufsgruppe lösen werden. Er kündigt an, dass die Grünen-Fraktion in Kooperation mit dem Hebammenverband einen Runden Tisch einberufen will, der weitere Handlungsnotwendigkeiten auf Landesebene erarbeiten soll. Die erste Sitzung ist für Februar 2017 geplant. Die Aussage „das ist nicht meine Zuständigkeit“ müsse endlich der Vergangenheit angehören.

Mit schnellen Erfolgen rechnet Zschocke nicht, denn das beschlossene Paket ersetzt ja nicht die Hebammen, die in den vergangenen Jahren den Beruf aufgegeben haben, weil sie die finanziellen Risiken nicht tragen können. „In zwei Jahren wird die Hebammenversorgung in Sachsen noch nicht gesichert sein. Wir brauchen einen langen Atem“, sagt Zschocke.

Und Kretschmar-Zimmer verwies darauf, dass mit der Akademisierung der Ausbildung bis zum Jahr 2020 eine weitere Herausforderung vor der Politik liegt. Denn Hebammen müssen eine fachlich anspruchsvolle Ausbildung durchlaufen, um praktizieren zu können.

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