Als Sozialbürgermeister Thomas Fabian (SPD) im August über die massiv steigenden Kosten für die Kita-Betreuung in Leipzig berichtete, kündigte er schon einmal an, dass er in diesem Jahr wieder die Erhöhung der Elternbeiträge auf die maximal möglichen Sätze beantragen werde. Das hat er jetzt mit einer Vorlage auch getan. Und bekommt auch gleich das erste Kontra aus dem Stadtrat.

Die Stadtverwaltung plant demnach erneut die Erhöhung der Elternbeiträge in den Kindertagesstätten. In der Krippe sollen die Erhöhungen 10,60 Euro pro Monat, im Kindergarten 8,10 Euro und im Hort 3,73 Euro betragen. Das bedeutet 127,20 Euro mehr Krippen-, 97,20 Euro mehr Kita- und 44,76 Euro mehr Hortbeitrag pro Platz im Jahr.

„Bereits im vergangenen Jahr lag dem Stadtrat im November ein entsprechender Erhöhungsvorschlag vor. Dieser wurde auch mit den Stimmen der Linken abgelehnt. Doch anstatt dem Willen der Mehrheit des Stadtrates stattzugeben und die gestiegenen Kosten durch den Freistaat Sachsen abzuverhandeln oder durch den Stadthaushalt zu kompensieren, versucht es die Verwaltung in diesem Jahr wieder“, kommentiert Juliane Nagel, die in der Linksfraktion Kinder- und Jugendpolitische Sprecherin ist, diesen neuen Vorstoß.

Das Problem sind tatsächlich die Landeszuschüsse. Die sind seit 2006 quasi eingefroren. Damals teilten sich Stadt, Land und Eltern noch relativ ausgewogen in die Kosten der Kinderbetreuung. Doch diesen Konsens kündigte die damalige Landesregierung auf. Und daran hat sich bis heute nichts geändert, stellte Fabian fest. Denn die aktuelle CDU/SPD-Regierung hat die Kita-Pauschale zwar erhöht. Doch das zusätzliche Geld soll ausschließlich der leichten Verbesserung des Betreuungsschlüssels zugute kommen. Eine Qualitätsverbesserung, die natürlich ebenfalls überfällig war.

Aber dieses Geld hilft natürlich nicht, die steigenden Betriebskosten in den Kindertagesstätten aufzufangen. Das Ergebnis ist seit 2006 zu besichtigen: Der Anteil der Stadt ist die ganze Zeit gewachsen, liegt heute deutlich über 50 Prozent. Was dann in der Kostenbilanz der Stadt einen Anstieg von 61,1 Millionen Euro im Jahr 2006 auf 145,5 Millionen allein für Kita-Betreuung bedeutet.

In den letzten Jahren hat Leipzigs Verwaltung deshalb immer wieder versucht, von den Eltern der betreuten Kinder den vom Gesetzgeber vorgesehenen Maximalsatz einzusammeln: In der Kinderkrippenbetreuung wären das 23 Prozent, in Kindergarten- und Hortbetreuung 30 Prozent.

Doch da spielte der Stadtrat nicht mit und setzte auch 2015 wieder leicht abgesenkte Sätze für die Eltern durch: „Die gegenwärtig gültigen ungekürzten Elternbeiträge liegen im Leistungsbereich Krippe bei 21,9 %, im Kindergarten bei 28,19 % und im Hort bei 28,56 % der erforderlichen Personal- und Sachkosten laut Betriebskostenbekanntmachung nach § 14“, stellt denn das Sozialdezernat jetzt wieder fest und möchte 2017 doch gern die Maximalsätze verlangen. Zumindest von den Eltern, die die volle Summe zahlen müssten. Denn viele Kinder sind natürlich mit ermäßigten Betreuungssätzen in Leipziger Kitas untergebracht – entweder weil es Geschwisterkinder sind und damit die Gesamtbelastung der Eltern leicht gesenkt wird, oder weil die Eltern zu wenig verdienen, um die vollen Sätze oder überhaupt Betreuungsgeld zahlen zu können.

Das scheint dem Sozialbürgermeister bewusst zu sein. Dem Stadtrat aber ist das Thema noch deutlich wichtiger.

Die Linksfraktion ist nur die erste Fraktion, die das nach der jetzigen Vorlage schon einmal thematisiert.

Begründet wird die geplante Erhöhung mit den gestiegenen Personalkosten infolge von Tariferhöhungen. Die haben in der gesamten Stadtverwaltung die Lohnkosten steigen lassen – 2014 um 3 Prozent, 2015 um 2,4 Prozent. Der neuen Berechnung der Betriebskosten in den Kitas liegen natürlich auch die Lohnkosten im Jahr 2015 zugrunde. Wenn Thomas Fabian sie nicht weiterreichen kann, werden sie den Aufwand der Stadt erhöhen. Und – das deutet zumindest die Vorlage an – den Doppelhaushalt 2017/2018 gefährden. Da heißt es nämlich: „Bei Nichtbeschluss der in dieser Vorlage vorgeschlagenen Anhebung der Elternbeiträge würde in 2017 ein Minderertrag von 3,6 Mio € und in 2018 von 3,79 Mio. € gegenüber dem Haushaltsplanentwurf 2017/2018 entstehen. Dieser Minderertrag würde die Genehmigungsfähigkeit des Doppelhaushaltes 2017/2018 gefährden.“

„Die berechtigten Erfolge, die ErzieherInnen auch durch Streiks bei der Erhöhung ihrer Gehälter bzw. der besseren Eingruppierung erzielen konnten, sollen nun also auf die Eltern umgelegt werden. Das ist zynisch und kann und darf nicht sein“, sagt Juliane Nagel, die für Die Linke auch im Landtag sitzt, dazu. „Der schwarze Peter liegt aber vor allem beim Freistaat Sachsen. Denn die seit 2015 erhöhte Landespauschale wird von den Mehrkosten durch den geringfügig verbesserten Betreuungsschlüssel aufgefressen. In den Verhandlungen zum Doppelhaushalt des Landes 2015/16 hatte Die Linksfraktion im Landtag gefordert, dass die Tarifsteigerungen in die seinerzeit neu verhandelte Kita-Landespauschale einbezogen werden. Leider erfolglos! Und so bleiben die Kosten für die Kitabetreuung zwischen Land, Kommune und Eltern ungleich verteilt und in diesem Fall die Stadt Leipzig auf den Mehrkosten sitzen, die sie nun zum Teil an die Eltern weitergeben will.“

Eins steht aus ihrer Sicht schon fest: „Die Linksfraktion im Stadtrat wird die vorgeschlagene Erhöhung der Elternbeiträge auch diesmal ablehnen. Frühkindliche Bildung darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen. Die Mehrkosten würden vor allem die Eltern treffen, die keine Beitragsbefreiung oder -ermäßigung in Anspruch nehmen können, weil sie knapp über den definierten Grenzen liegen.“

Bleibt den betroffenen Kommunen – denn nicht nur Leipzig hat ja das Problem – eigentlich nur, sich bei der lavierenden Staatsregierung endlich mit vereinter Kraft für eine bessere Kita-Finanzierung stark zu machen. Die ausgereichten Peanuts reichen nicht, um die jährlich steigenden Kosten zu kompensieren. Und trotzdem rühmt sich die knauserige Staatsregierung immer wieder, was für ein schönes Kita-Netz sie da vorhält. Auch wenn es die Kommunen zum größten Teil ganz allein bezahlen.

Die Vorlage des Sozialdezernats zu den geplanten Elternbeiträgen.

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