Am 6. Januar veröffentlichte die Stadt Leipzig auch wieder die Hitliste der Vornamen, die 2015 vergeben wurden. Eine Liste, die immer ein wenig verrät, wie die jungen Eltern denken und wie unsere Gesellschaft gerade tickt. Und wenn man genau hinschaut, dann ist die Vornamenwahl 2015 einen Tick konservativer geworden.

6.622 Geburten wurden 2015 in Leipzig registriert. Im Jahr 2015 standen Marie und Paul ganz oben auf der Hitliste der beliebtesten Vornamen und haben damit Sophie und Alexander abgelöst.

Die meisten Eltern haben dabei ihrem Kind nur einen Vornamen (3.956) gegeben. Zwei Vornamen tragen auch viele kleine Leipziger (2.709). Drei oder mehr Vornamen haben die wenigsten Eltern ihren Sprösslingen gegeben, so die Zusammenfassung der Stadt. Leipzig unterschied sich in den Vorjahren kaum vom gesamtdeutschen Trend, den das Namenkundliche Zentrum der Uni Leipzig jedes Jahr auswertet.

Sophie und Maximilian waren bundesweit im Jahr 2014 die Favoriten. In Leipzig lag Maximilian damals auf Platz 3.

“Diese Vornamen entsprechen dem Zeitgeist. Sie werden als wohlklingende, moderne, attraktive, teilweise zeitlose Vornamen mit Tradition empfunden”, versuchte Gabriele Rodriguez von der Namenberatungsstelle der Universität die Namenswahl zu erklären. Es würden auch noch andere Faktoren bei der Vornamenwahl eine Rolle spielen wie das soziale Umfeld, regionale Einflüsse, Bildungsstand und der Einfluss der Medien. Die Vielfalt der Vornamen, die Eltern ihren Sprösslingen geben, sei sehr groß. “Sie sind das Spiegelbild unserer heutigen Gesellschaft”, erklärt die Expertin.

Insofern ist es schon interessant zu sehen, dass Maximilian in Leipzig gerade deutlich Plätze verliert. Paul ist von Platz 2 im Vorjahr auf die Nummer 1 gerutscht, wo er übrigens auch schon in den Jahren 2010 bis 2013 stand. Alexander war dafür schon 2007 bis 2009 die Nr. 1.

Umso erstaunlicher ist das allmähliche Abrutschen von Maximilian, der sich über viele Jahre auf Platz 3 behaupten konnte. Selbst in “Fußballer-Jahren” wie 2006 bis 2010, als Luca und Leon die Hitliste der Leipziger Jungen-Vornamen so richtig aufmischten. Beide sind mittlerweile regelrecht abgetaucht. Dafür hat sich das Spitzenfeld mit Namen aufgefüllt, die für die 2015 Geborenen eigentlich zur Urgroßvätergeneration gehören. Neben Paul natürlich. Emil (2), Anton (6) und Oskar (5) heißen die Burschen, die schon bei Nennung irgendwie an die Welt Erich Kästners erinnern, an “Das fliegende Klassenzimmer” und “Emil und die Detektive”. An Jungen, die noch auf der Straße spielten, die Hinterhöfe unsicher machten und nach einer durchwachsenen Schulzeit in die Fußstapfen von Vater und Großvater stiegen. Unerschütterlich in ihren Grundansichten zur Welt, bodenständig, abenteuerlustig und auch fähig, Typen wie Maximilian und Moritz (Platz 15) Paroli bieten zu können.

Man darf ja den Max (22) nicht vergessen, den Steppke, dem die Eltern den ausgewachsenen Maximilian nicht zugetraut haben. Was übrigens auch auf Ben zutrifft, der auf Platz 3 landet, während der richtige Benjamin auf Platz 30 landet.

Aber es gibt auch echte Neuankömmlinge in der Liste, die das oben Gesagte bestätigen. Denn jahrelang waren Karl (9), Theodor (13) und Friedrich (20) aus dem Spitzenfeld der Vornamen völlig verschwunden. Ihren Platz hatten über Jahre eher biblische Namen wie Noah (von 16 auf 8), Jakob (von 13 auf 11), Jonas (von 14 auf 12) oder Elias (von 6 auf 14) eingenommen, während Namen wie Niklas, Vincent oder der Fabian wieder abtauchen, abgelöst durch Fritz, Michael und Johann.

Und wie sieht das bei den Mädchen aus? Kommen hier nun auch wieder die Namen der Urgroßmütter zum Zug?

Halb und Halb. Denn an der Spitze der Liste der vergebenen Vornamen gibt es zwar Bewegung, Marie löst Sophie wieder ab, Charlotte bleibt die Dritte; aber dabei handelt sich bis zu Lea (14) eher nur um kleine Verschiebungen. Dafür tauchen mit Laura (15), Mathilda (19) oder Greta (23) neue Namen auf, die man in dieser Häufung in den Vorjahren nicht gefunden hat.

Und ein wenig deutlicher wird das Bild, wenn dann auch noch Namen wie Mila (22), Ella (25), Ida (28) oder Lotta (29) auftauchen. Alles mehr oder weniger Koseformen weiblicher Vornamen, wie sie vor 100 Jahren gebräuchlich waren. Haben die jungen Eltern dafür extra die Familienarchive durchwühlt? Oder sich lieber von den Großeltern Geschichten aus der Familiengeschichte erzählen lassen? Wer weiß. Es ist ein großes Rauschen in der Kleiderkammer der familiären Vergewisserung.

Dafür verschwinden Namen, die noch vor Jahren wie selbstverständlich galten, wenn Mädchen ihren Ruf fürs Leben bekamen: Jasmin, Katharina, Paula.

Vielleicht steckt auch ein bisschen Sehnsucht nach scheinbar stabileren Zeitverhältnissen dahinter.

Hier die jeweils zehn Erstplatzierten:

Vornamen Mädchen

Marie (112)
Sophie (109)
Charlotte (94)
Johanna (66)
Emma (65)
Emilia (53)
Luise (53)
Anna (50)
Mia (45)
Elisabeth (44)

Vornamen Jungen

Paul (89)
Emil (76)
Ben (68)
Alexander (65)
Oskar (65)
Anton (63)
Maximilian (57)
Noah (55)
Karl (53)
Luca (51)

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