Zwar erklären Politiker die Verwerfungen in der sächsischen Politik gern mit den auseinander driftenden Entwicklungen in Stadt und Land. Aber so manche Zahl zur demografischen Entwicklung in Sachsen deutet darauf hin, dass nicht die auseinanderdriftenden Entwicklungen die Ursache für die politischen Eiertänze sind, sondern die politischen Eiertänze der Grund für die Konflikte zwischen Stadt und Land. Beispiel: Kleinkinderbetreuung.
An keinem Thema wird sichtbarer, dass vorhandene Infrastrukturen darüber entscheiden, ob junge Leute sich zur Familiengründung und zum Dableiben entscheiden. Es ist ja nicht wirklich so, dass für alle jungen Leute die Großstadt das Lebensideal ist. Manche würden auch gern in der Kleinstadt oder auf dem Bauernhof bleiben – wenn die Infrastrukturen im Wohnumfeld stimmen. Kinderkrippen und Kindergärten gehören dazu. Erst recht in einer Zeit, in der beide Elternteile darauf angewiesen sind, ein Einkommen zum Familienhaushalt beizutragen – in Sachsen ist das der Normalzustand, nicht die Ausnahme.
Dass die jungen Sachsen wieder mehr Kinder kriegen, ist nicht neu, auch wenn einige Entscheider gern so tun, als wären sie arg überrascht davon, dass die jungen Frauen und Männer sich das heutzutage überhaupt noch antun. Bei diesen Arbeitsbedingungen.
Aber schon ein Blick in die sächsische Statistik zeigt, dass es seit dem heftigen Geburteneinbruch 1992 bis 1994 wieder stetig bergauf geht. Von 22.734 Geburten im Jahr 1994 auf 30.190 im Jahr 1998 und 34.686 im Jahr 2012. Eine Entwicklung, die spätestens ab 2000 in den Großstädten auch wahrnehmbar wurde und dort ab 2004 zum Ausbau der Kita-Kapazitäten zwang, auch wenn die Verantwortlichen in Land und Kommunen noch einige Jahre zögerten und die Entwicklung deutlich unterschätzten. Mittlerweile spüren aber auch die meisten Landkreise die Entwicklung – und investieren ebenso in neue Kindertagesstätten. Nicht nur, weil die Kinder nun mal da sind, sondern weil das eine ganz wesentliche Stellschraube ist, den jungen Familien den Einstieg ins Berufsleben zu ermöglichen und damit die Fachkräfte zum Dableiben zu bringen.
So nutzten denn die Eltern von 289.145 Kindern zum Stichtag 1. März 2014 das Betreuungsangebot in Kindertageseinrichtungen oder in öffentlich geförderter Kindertagespflege in Sachsen, stellen nun die sächsischen Landesstatistiker fest. Das sind 3,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Die überwiegende Zahl der Kinder (281.633) besuchte eine der 2.860 Kindertageseinrichtungen. 7.512 Kinder wurden von 1.761 Tagesmuttis oder -vatis in mit öffentlichen Mitteln geförderter Kindertagespflege betreut.Wie das Statistische Landesamt weiter mitteilt, waren von den betreuten Kindern 18,1 Prozent jünger als drei Jahre, 34,8 Prozent zwischen drei und fünf Jahre alt, 46,2 Prozent zwischen sechs und 10 Jahre alt und 0,9 Prozent älter als 10 Jahre.
Zum 1. März 2014 hatten 52.315 Kinder unter drei Jahren eine Kindertagesbetreuung, darunter 7.108 Kinder bei einer Tagesmutter oder einem Tagesvater. In Kindertageseinrichtungen wurden damit 2.298 Kinder mehr betreut als ein Jahr zuvor und in öffentlich geförderter Kindertagespflege 488.
Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen und zusätzlich durch eine Tagespflegeperson betreut werden, sind zwar doppelt gezählt. Aber das ändert nichts daran, dass die Kommunen im ganzen Land weiter neue Betreuungskapazitäten schaffen müssen. Allein im vergangenen Jahr gab es in Sachsen 45 zusätzliche Kindereinrichtungen, die Zahl der bereitgestellten Betreuungsplätze erhöhte sich um rund 12.000.
Am fleißigsten gebaut wurde in der Landeshauptstadt Dresden, die nun schon seit Jahren die höchste Geburtenrate aller sächsischen Kommunen hat. Dort wurden allein 18 neue Einrichtungen ans Netz gebracht mit über 4.000 neuen Betreuungsplätzen.
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Zum Vergleich Leipzig, wo das Kita-Ausbauprogramm erst 2013 so richtig Tempo aufnahm: Hier gingen fünf neue Einrichtungen in Betrieb. Und weil das bei weitem nicht ausreichte, den Bedarf zu decken, hat Leipzig die Zahl der Tagespflegeeltern weiter erhöht. Leipzig ist in Sachsen quasi die Hauptstadt der Tagesmütter und Tagesväter. 575 Tagespflegepersonen betreuen mittlerweile 2.613 Kinder. Zum Vergleich: In Dresden betreuen 461 Tagespflegepersonen 1.884 Kinder. Aber auch in Dresden ist diese Zahl übers Jahr gewachsen. Auch dort steigt von Jahr zu Jahr der Bedarf.
In Leipzig hat die weiter gestiegene Geburtenrate dazu geführt, dass Sozialbürgermeister Thomas Fabian jetzt nicht mehr damit rechnet, den größten Teil dieses Bedarfes noch 2014 befriedigen zu können, sondern den Termin dafür auf Ende 2015 verschoben hat.
Dass die Betreuungszahlen aber landesweit steigen, zeigt auch, dass eben nicht der Leipziger Sozialbürgermeister allein mit dieser Entwicklung zu kämpfen hat, auch wenn das einige Parteien in Leipzig gern so darstellen: Auch in diesem Themenfeld leiden Sachsens Kommunen darunter, dass der Freistaat Sachsen beim Nachdenken über seine demografischen Entwicklungen im Zeitalter von Georg Milbradt stecken geblieben ist und sich im Dresdner Landtag lieber um die beschränkten Fördermittel geprügelt wird nach dem Schema Land gegen Stadt. Und unter der – längst falschen – Überschrift: “Das Land blutet aus.”
Die Zahlen zeigen: Das Gegenteil ist der Fall, ein Politikwechsel ist überfällig.
Direkt zur Tabelle des Statistischen Landesamtes: www.statistik.sachsen.de/download/200_MI_2014/MI-16714.pdf
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