Jahr für Jahr ist es ein Thema zum Aufregen: Schafft es Leipzig, all die Kindertagesstätten zu bauen, die der Sozialbürgermeister im Vorjahr angekündigt hat? Oder schafft man das wieder nicht? Und warum nicht? Und was bedeutet das für die angebotenen Plätze? - Und: Geht das 2014 so weiter? - Ja und nein. Am Freitag erklärte Sozialbürgermeister Thomas Fabian, wieso.

Gemeinsam mit Dr. Nicolas Tsapos, Leiter des Amtes für Jugend, Familie und Bildung, nahm er erstmals unterjährig Stellung zum Kita-Ausbau in Leipzig. Sonst gab’s so eine Pressekonferenz einmal im Jahr. Die neue Liste der Bauvorhaben wurde vorgestellt, die Zahlen zu den vollendeten. Und die nicht verwirklichten fielen dann meistens unter den Tisch. Am Ende wurde dann jedes Jahr deutlich weniger gebaut als geplant. Die Lücke zwischen Bedarf und verfügbaren Plätzen wollte sich einfach nicht schließen.

Und das, obwohl Leipzig seit dem Jahr 2007, seit welchem der Kita-Ausbau auf der Prioritätenliste der Stadt endlich ganz oben steht, 59 Baumaßnahmen im Kita-Bereich vollendet hat. Die Zahl der angebotenen Kindertagesplätze stieg von 17.920 auf über 22.000. Dazu kamen 2007 noch 1.054 Plätze in der Tagespflege, ein Bereich, den Leipzig mittlerweile auf 2.600 Plätze ausgebaut hat. Und es reicht nicht. Die Geburtenzahlen stiegen stärker als der Zubau an Kita-Plätzen brachte. Wurden 2007 noch 4.736 Kinder in Leipzig geboren, waren es 2013 schon über 5.800. Und Bürgermeister Thomas Fabian rechnet damit, dass das auch in den nächsten Jahren so weiter geht.

“Wir werden in diesem und im nächsten Jahr einen richtigen Kita-Bau-Boom in Leipzig zu sehen bekommen”, sagt er. Dabei war auch das Baugeschehen in den letzten Jahren so mager nicht. 2011 wurden in Leipzig 5 Kindertagesstätten neu eröffnet, 2012 waren es 19 Einrichtungen, 2013 dann 13. Einige hätten eigentlich noch im Dezember eröffnet werden sollen. Aber da machte diesmal nicht der Winter einen Strich durch die Rechnung, sondern die Marktlage. Was auch die am Donnerstag, 20. März, eröffnete Kindertagesstätte des Fairbund e.V. in der Goyastraße betraf: Als es an den Innenausbau ging, fand sich auf einmal keine Firma, die sich auf die Ausschreibung bewarb. Alles ausgebucht. Und so waren am 20. März im Obergeschoss noch die Maler am Werk, als unten der Einzug der Kinder gefeiert wurde.

Die Kindertagesstätte mit einer Kapazität von 165 Plätzen (davon 45 Krippe) hat bereits Anfang Februar ihren Betrieb aufgenommen. Sechs Integrationskinder können hier betreut werden. Alle Plätze sind bereits vergeben, betont der Fairbund e.V.

Die Goyastraße 4 ist eine von 17 Einrichtungen, die alle noch im Jahr 2014 eröffnen. Da ist sich Dr. Nicolas Tsapos sicher. Dafür hat er gleich mit Amstantritt eine Arbeitsgruppe gegründet, die alle laufenden Kita-Projekte unter die Lupe genommen hat. Sind die Genehmigungsverfahren abgeschlossen? Stehen die Investitionen? Haben die Bauarbeiten schon begonnen? – Jetzt ist März. Das ist für ihn ein entscheidender Prüfstein: Wenn jetzt die Bauarbeiten begonnen haben, dann kommt die Einrichtung auch noch in diesem Jahr ans Netz. Denn, so Thomas Fabian: “Das langwierigste sind immer die Planungs- und Vorbereitungsarbeiten.” Wenn erst mal die Bagger anrollen, geht es schnell.

Die 17 Einrichtungen, die 2014 eröffnen, sind – mit der Goyastraße 4 – die Blumenstraße 9-11, die Lößniger Straße 10 (wo der Konfuzius Kindergarten erweitert wird), die Weißenfelser Straße (die Kita der International School), die Thietmarstraße 13, die Oberdorfstraße 30, die Linnéstraße 8 (das Kita-Projekt des Universitätsklinikums), die Marcusgasse 7, die Bornaische Straße 184 (wo die Stadt an einem alten Kita-Standort neu baut), die Frohburger Straße 33, die Gohliser Straße 5 (wo es 2013 die heftige Diskussion mit den Anwohnern gab, jetzt wird schon gebaut), der Gutenbergplatz 2-4 (das Projekt des Studentenwerks Leipzig), die Grünauer Allee 18, die Tarostraße 17/19, An der Lehde 12 und 14 und eine Kita an der Ecke Riebeck-/Kregelstraße.

Vier Kita-Projekte wurden aus den Planungen gestrichen. “Aus Kostengründen”, betont Thomas Fabian. Ein Novum. “Aber wir müssen bei allem, was wir tun, auch immer an den Haushalt denken.” Denn wenn Kitas gebaut werden, steht die Stadt für 25 Jahre in der Pflicht, die Investitionen abzuzahlen. Im Stadtrat gab es schon mehrfach Diskussionen über die Baukosten bei Kitas. Diesmal hat die Stadtverwaltung radikal vier Projekte gestrichen, in denen in den Verhandlungen mit den Investoren die selbst gesetzten Grenzen nicht einzuhalten waren.Was aber schon recht sicher bedeutet, dass 2014 1.906 neue Kinderbetreuungsplätze in Leipzig gebaut werden, betont Tsapos. Das seien rund 200 mehr, als nach der Bedarfsplanung der Stadt gebraucht werden. “Aber da gehen wir lieber in Vorleistung”, sagt Fabian, “und schaffen – zumindest für einen kurzen Zeitraum – Überkapazitäten.” Es könnten auch noch ein paar mehr werden, denn bei fünf Projekten läuft das Vorverfahren. Tsapos: “Wenn das rechtzeitig abgeschlossen wird, könnten diese fünf Einrichtungen auch noch in diesem Jahr fertig werden.”

Die fünf Kitas sollen in der Rietschelstraße 52, in der Kasseler Straße / Ecke Bothestraße 30, in der Arndtstraße 46, in der Ernst-Keil-Straße 17 und in der Erich-Zeigner-Allee 64 entstehen. Wenn das nicht gelingt, kommen sie zu den 24 Maßnahmen, die 2015 gebaut werden sollen. Da ist natürlich einiges noch unsicherer. Aber für zwei Maßnahmen (Hildegardstraße und Fleißnerstraße 2) ist das Vorverfahren schon abgeschlossen. Sie sollen noch im ersten Halbjahr 2015 fertig werden. Damit sind allein für 2015 über 3.000 Plätze in der Planung.

Aber Tsapos hat ja mit seiner Ankunft im Amt auch gleich erlebt, wie hoch die Wellen schlagen und wie desolat die Kommunikation war. Die Stadt war sich sicher, alles zu tun, was möglich ist. Doch die jungen Eltern fühlten sich trotzdem schlecht informiert.

Das soll sich jetzt ein Stück weit ändern. Auf der Website der Stadt soll es ab diesem Monat unter www.leipzig.de/kinderbetreuung zusätzlich zur Übersicht der bestehenden Einrichtungen auch Steckbriefe jener Einrichtungen geben, die im Bau sind. Damit kommen sie aus dem Nebel und die interessierten Eltern können sehen, wann sie in etwa fertig sind, wer der Träger ist und welche Plätze angeboten werden. Die Steckbriefe sollen regelmäßig aktualisiert und auch mit aktuellen Fotos versehen werden, damit die Eltern auch sehen, was passiert.

Aber bis September wird es auf jeden Fall noch einmal richtig eng. Da soll jetzt eine Taskforce helfen, die Nicolas Tsapos im Amt für Jugend, Familie und Bildung einrichtet: vier zusätzliche Kräfte, die sich ab dem 1. April völlig auf die Beratung bislang unversorgter Eltern konzentrieren. Eine uralte Forderung aus dem Stadtrat, nachdem sich die Plattform www.meinkitaplatz-leipzig.de als völlig ungeeignet erwiesen hat, Eltern beim Finden eines schnell verfügbaren Betreuungsplatzes zu helfen.

“Das funktioniert wirklich erst, wenn das Platzangebot in Leipzig groß genug ist”, gibt Thomas Fabian zu.

Jetzt sucht Tsapos vier Fachkräfte aus seinem Ressort zusammen, die sich ab April in die Vermittlung einklinken und den suchenden Eltern helfen, doch noch einen Platz für ihr Kind zu finden.

Und auch auf anderer Ebene will Tsapos die Kommunikation verbessern. Er will einen Runden Tisch “Kita-Ausbau” mit Mitgliedern des Jugendhilfeausschusses, Trägern, Initiativen und Gesamtelternrat gründen – weg von der Diskussion über die Presse, hin zum direkten Dialog.

Und am 26. März will er eine Trägerkonferenz einberufen. Ein Thema dabei: Wie kann man kurzfristig weitere Kita-Plätze im dreistelligen Bereich bereitstellen? Denn Reserven gibt es tatsächlich noch.- Da und dort gibt es genug Raumangebot, so dass zusätzliche Gruppen eingerichtet werden könnten, anderswo können Räume umgenutzt werden, da und dort kann man für eine Übergangszeit umbauen. Grünes Licht dafür hat Tsapos in einem ersten Gespräch mit dem Landesjugendamt schon bekommen. “Aber das auch nur”, sagt er, “weil wir schon so viele Kita-Plätze gebaut haben. Ohne das hätten wir nicht mal anfragen brauchen.”

Jetzt braucht er auch die Bereitschaft der Träger, ihr Angebot derart aufzustocken und auch dafür weiteres Personal einzustellen. Dann könnte es bis zum Sommer noch ein paar zusätzliche Betreuungsplätze geben, die in der größten Nachfragespitze helfen.

www.meinkitaplatz-leipzig.de

www.leipzig.de/kinderbetreuung

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