Der Stadtrat hat ihn eben erst gewählt und schon ist er unbeliebt: Nicolas Tsapos soll ab 1. Februar dieses Jahres in Leipzig das Amt für Jugend, Familie und Bildung leiten. Der Rat wählte den 44-Jährigen mit einer Gegenstimme und fünf Enthaltungen. Einige seiner zukünftigen Mitarbeiter scheinen jedoch schon jetzt wenig begeistert zu sein.
In einem Brief, welcher der Leipziger Internet Zeitung vorliegt, machen sie ihrem Unmut Luft. Sie vermuten, dass Tsapos nur aufgrund seines SPD-Parteibuches zum Amtsleiter gemacht wurde. Die Ausschreibung zum Amtsleiter-Posten verlangt langjährige Berufserfahrung in einer öffentlichen Verwaltung sowie fundierte Kenntnisse in der Jugendhilfe und kommunalen Sozialpolitik, betriebswirtschaftliche Kenntnisse und Erfahrungen im Bereich des kommunalen Haushaltswesens.
In dem Mitarbeiterbrief heißt es dazu: “Schaut man auf die Verwaltungserfahrung, wird es aus unserer Sicht richtig düster. Hier verlangt das Anforderungsprofil sehr viel. Tsapos war aber `lediglich’ ehrenamtlicher Stadtrat.”
Der Bielefelder saß tatsächlich im Rat seiner Heimatstadt, seit dem Jahr 2004. Er ist promovierter Philosoph und war zuletzt als leitender Angestellter und zugleich Vorstand bei der dortigen Arbeiterwohlfahrt (AWO) beschäftigt. Im vergangenen Jahr kandidierte er für den Bundestag und legte den Vorstandposten nieder, “um möglichst frei und unabhängig” für seine SPD-Kandidatur zu sein.
Dies sagte er damals der Zeitung “Neue Westfälische”, die auch berichtete, dass es Querelen um sein Ausscheiden gab. Die Briefschreiber aus dem Leipziger Jugendamt interpretieren es so: “Im Grunde wurde er bei der AWO gefeuert. Dass diese Funktion des zweiten Vorstandes ehrenamtlich war und Tsapos im Grunde `nur’Mitarbeiter eines Bundestagsabgeordneten war, wird verschwiegen.” Auch Tsapos Erfahrung bei der AWO Immobiliengesellschaft bewerten sie als unzureichend. “Sie verpufft sehr schnell, wenn man im Bundesanzeiger mal die Geschäftsabschlüsse dieser Gesellschaft betrachtet”, so die namenlosen Mitarbeiter. Im Grunde habe Tsapos nur ein einziges Kitagebäude zu verwalten gehabt.
Der Brief geht nicht darauf ein, dass Tsapos vor seinem AWO-Engagement bei der Bielefelder REGE, einer kommunalen Gesellschaft, gearbeitet hat. Diese kümmert sich um Arbeitspolitik vor Ort. Der Leipziger Volkszeitung (LVZ) sagte Tsapos, dass die Organisation eng an kommunale Strukturen angelehnt sei. Den Partei-Buch-Vorwurf kontert er so: “Ich habe mich auf eine Ausschreibung hin beworben, kannte vorher niemanden in Leipzig.”
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Tsapos hatte sich gegen 38 Mitbewerber um die Stelle durchgesetzt, welche mit rund 7.000 Euro monatlich vergütet wird. Er tritt die Nachfolge von Siegfried Haller an. Dieser war nach dem Tod einer drogenabhängigen Mutter und ihres Kleinkindes im März 2013 suspendiert worden und leitet nun das Zentrum für Drogenhilfe.
Es dürften die Erfahrungen mit Haller als Chef gewesen sein, welche die Mitarbeiter nun Ungemach wittern lassen. “Dass Herr Haller unser Amt wie ein König geführt hat, ist Ihnen sicher auch bekannt und dass es an allen Ecken und Enden Probleme gab”, schreiben sie.
“Im Grunde haben wir nichts gegen eine politische Ausrichtung unseres Chefs. Trotzdem ist es für uns schockierend, geht es bei unserem Amt nicht um eine kleine `Drei-Personen-Firma’, sondern um einen Bereich mit über 2.000 Beschäftigten und einigen hundert Millionen Euro Haushaltsvolumen. Wir stellen uns dabei natürlich die Frage, ob dieses keinerlei Rolle in dieser Personalauswahl spielt, sondern eben lediglich die Parteizugehörigkeit und die persönlichen Kontakte unseres Bürgermeisters nach Bielefeld”, so die Schreiber.
Ob sich ihre Vermutungen bestätigen oder ob sie positiv überrascht werden, wird man in den kommenden Monaten sehen. Das Mega-Amt für Jugend, Familie und Bildung ist im Nachgang zur Haller-Affäre geschaffen worden. Die Probleme sprechen die Mitarbeiter offen an: “Wir haben keine Kita-Plätze, wir reduzieren im Bereich der Jugendhilfe, wir haben Probleme mit unseren Schulen und und und.” Tsapos bittet, gegenüber der LVZ, erst einmal um Geduld: “Die Kita-Diskussion habe ich aufmerksam verfolgt. Abhilfe von einem Tag auf den anderen kann ich da sicher auch nicht bieten. Mir ist aber wichtig, alle Beteiligten mitzunehmen und zu informieren”, so der designierte neue Amtsleiter.
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