Was bisher das Studium amtlicher Statistiken erforderte, zeigen aktuelle Karten des Leibniz-Instituts für Länderkunde (IfL) jetzt auf einen Blick. Zum Beispiel, dass ostdeutsche Frauen bei der Erstgeburt auch heute noch deutlich jünger sind als Frauen in Westdeutschland. Oder dass sich bei den Geburtenraten das frühere Land-Stadt-Gefälle und die noch vor wenigen Jahren bestehenden Ost-West-Unterschiede weitgehend nivelliert haben.

Abrufbar sind die Karten bei “Nationalatlas aktuell”, der Online-Zeitschrift des IfL. Im aktuellen Beitrag analysiert Dr. Sebastian Klüsener vom Max-Planck-Institut für demografische Forschung in Rostock aktuelle Trends und regionale Unterschiede bei den Geburtenraten und beim Durchschnittsalter der Mütter bei der Geburt ihres ersten Kindes.

Der Rostocker Wissenschaftler hat dazu Daten aus dem deutschen Geburtenregister ausgewertet, das seit 2009 erstmals Informationen zur biologischen Geburtenfolge enthält. Dadurch lassen sich erstmals Geburtenraten und Geburtsalter differenziert nach Erst-, Zweit- sowie Dritt- und höherrangigen Geburten regional im Detail analysieren. Bis 2008 wurde in Deutschland lediglich registriert, um die wievielte Geburt innerhalb einer bestehenden Ehe es sich handelt.

“Da aber immer mehr Kinder außerhalb der Ehe geboren werden, und auch eine steigende Zahl von Frauen Kinder aus mehr als einer Ehe haben, waren diese Zahlen in den letzten Jahrzehnten immer weniger geeignet, um Aussagen über die biologische Geburtenfolge zu treffen”, sagt Sebastian Klüsener.Aus den neuen Daten lässt sich beispielsweise erstmals ableiten, dass in München Frauen im Durchschnitt mit 31 Jahren ihr erstes Kind bekommen. Damit sind sie im statistischen Mittel ein bis zwei Jahre älter als frisch gebackene Mütter in anderen deutschen Großstädten.

Abseits der Metropolen haben Erstgeborene insgesamt deutlich jüngere Mütter. Den größten Abstand zum Altersrekordhalter München weist der Landkreis Uecker-Randow im Osten Mecklenburg-Vorpommerns auf: Hier liegt das Durchschnittsalter der Erstmütter mit knapp 26 Jahren so niedrig wie nirgendwo sonst in Deutschland.

Mit Blick auf die Erstgeburten zeigen die statistischen Auswertungen die höchsten Raten in Ostdeutschland mit der angrenzenden Metropolregion Hamburg. Hohe Erstgeburtenraten ergaben sich überraschenderweise auch in Metropolen wie Berlin, Hamburg, München oder Köln. Das widerspricht der verbreiteten Annahme, dass Großstädte vergleichsweise ungünstige Rahmenbedingungen für Paare bieten, ein erstes Kind zu bekommen.

Über die Ursachen dieses Trends lässt sich vorläufig nur spekulieren: “Leider können wir nicht überprüfen, ob die hohen Erstgeburtenraten in den Metropolregionen zumindest teilweise auf das 2007 eingeführte Elterngeld zurückzuführen sind, da wir für die Zeit davor keine Daten haben”, so der Max-Planck-Wissenschaftler Dr. Sebastian Klüsener.

Wobei die Autoren selbst darauf hinweisen, dass wohl eher nicht das so kurzfristige Instrument Elterngeld eine Rolle spielen könnte, sondern eher das von der Politik gern ausgeblendete Thema Infrastrukturen, das Familiengründungen in Großstädten erleichtert: “Hierzu haben auch leichte Geburtenanstiege in den Städten beigetragen, die zum Teil mit familienpolitischen Maßnahmen zusammenhängen könnten. Familienpolitiken wie etwa der Ausbau von Kindergärten tragen zu einer Reduzierung direkter und indirekter Kosten von Kindern bei, die in Städten tendenziell höher sind. Zu den indirekten Kosten zählen etwa Opportunitätskosten, die dadurch entstehen, wenn Mütter oder Väter aufgrund von Kinderbetreuungsaufgaben nicht berufstätig sein können.”

Die neuen Karten des Leibniz-Instituts für Länderkunde findet man unter: http://aktuell.nationalatlas.de

www.ifl-leipzig.de

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