Im Juni startete die L-IZ die kleine Serie mit dem Leipziger Psychologen und Paartherapeuten Marcus Stück "Liebes Leben". Hier darf gefragt werden zum wichtigsten Thema aller Themen - zur Liebe, zum Leben und Streiten und Aushalten miteinander, zum Leben zu zweit oder auseinander - so, wie es eben spielt. Denn nirgendwo lernt man ja, wie man das macht: eine Familie gründen, eine Partnerschaft gestalten. - Was also tun? - Fragen. Marcus Stück antwortet. Denn am Ende ist alles Psychologie.
Heute: Darf eine Frau einem Mann einen Heiratsantrag machen?
Marcus Stück, Diplompsychologe: Grundsätzlich erst mal, darf sie alles. Aber entscheidend ist, ob es verführt. Wenn eine Frau einem Mann einen Heiratsantrag macht, ist es eine Verhaltensweise mit vielen männlichen Persönlichkeits-Anteilen in ihrer Kommunikation, welche zum Beispiel durch Führung, Dominanz, Rationalität, Direktheit ausgedrückt wird. Genauso sind natürlich die weiblichen Anteile (u.a. Schutz, Fürsorge, Emotionalität, Intuition, Indirektheit) in derselben Frau angelegt.
Eine Partnerschaft ist ein lebendiges Gebilde eines beständigen nonverbalen Dialogs zwischen beiden Partnern, wobei die männlichen und weiblichen Anteile in Balance gehalten werden sollten. So sucht sich zum Beispiel eine Frau, die ihre “männlichen Muster” ausdrückt, oft einen “weiblicheren” Mann, um ihre “nicht ausgedrückte” Seite zu sehen und zu entwickeln. Insofern ist Partnerschaft immer auch Entwicklungsarbeit nicht ausgelebter Potenziale und unterdrückter Persönlichkeitsanteile und das ein ganzes Leben lang.
Wenn zum Beispiel die Frau ihre männlichen Anteile zu stark betont, und der Mann im Gegenzug nicht seine Weiblichen, kann das zu Problemen führen. Gegensätze ziehen sich an und wie bereits beschrieben, gehört es zu den männlichen Anteilen unter anderem klare Ansagen zu machen. Ein Heiratsantrag ist so eine klare Ansage.
Eine Frau, die einen Antrag macht, kann viele Gründe dafür haben: Eventuell hat sie vorher viele indirekte Signale ihrer Liebe ausgesendet und möchte “romantisch” erhört werden, vielleicht sind es unbefriedigte “Sicherheitsbedürfnisse” oder ganz praktikable Gründe wie zum Beispiel eine bessere Steuerklasse des dann “gemeinsamen” Einkommens. Wenn es dann schon vorkommt.
Liebe Frauen, bitte denkt daran: Einen Mann kann es durchaus verunsichern, wenn die Frau diese, traditionell den Männern vorbehaltene, Frage stellt. Der Antrag sollte deshalb nicht nur verführen, sondern darf auch den Mann nicht unter Druck setzen. Er muss die Möglichkeit haben, “nein” zu sagen. Zum “Ja” wird er sich leichter entschließen, wenn der Antrag ein wenig geheimnisvoll und spielerisch vorgebracht wird. Denn viele Männer finden das Mysteriöse und Rätselhafte einer Frau anziehend.
Vor 30 Jahren wäre ein Antrag von einer Frau übrigens undenkbar gewesen. Damals stand hinter einem Antrag noch die Bereitschaft des Mannes, für die Frau sorgen zu wollen. Das hat sich geändert. Frauen bekommen immer mehr männlichere Eigenschaften, Männer weiblichere, was zu neuen Kommunikationsproblemen in der Beziehung führen kann. Doch wenn beide Partner beachten, dass sie ehrlich und reflektiert “erwachsen” miteinander kommunizieren, kann nicht viel schief gehen, dann kann Sie Ihm durchaus einen phantasievollen, romantischen Antrag stellen. Er kann ja oder nein sagen, man lacht gemeinsam und genießt trotzdem das gemeinsame wundervolle Leben. Das ist Liebe und so sollte es sein: undramatisch und verführend, abenteuerlich, intensiv-aufregend, heiß und manchmal kalt, jedoch nie automatisch und langweilig.
Liebes Leben: L-IZ startet eine Nachdenk- und Frage-Serie über das unsterbliche Thema Liebe
Marcus Stück ist manchem sportbegeisterten …
Mehr Infos gibt’s in der Empathieschule für Paare oder unter www.bildungsgesundheit.de. Die Empathieschule für Paare hat viele Gesichter: verbale und nonverbale Möglichkeiten der Verständigung – aber eins bleibt dabei immer die Grundlage: unsere Sensibilität und die kreativen Ausdrucksmöglichkeiten unserer intimsten Wünsche.
Natürlich gibt es viele, viele Fragen um das Thema Liebe und Partnerschaft, manchmal recht verzwickte. Marcus Stück hat sich bereit erklärt, sie auf L-IZ zu beantworten. Wer Fragen hat, kann sie per E-Mail direkt an die L-IZ schicken: liebe@l-iz.de
Kontakt und Informationen zu Dr. Marcus Stück findet man auch auf der Website des Zentrums für Bildungsgesundheit: www.bildungsgesundheit.de
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