Vor fast drei Jahren hatte der Bundestags-Haushaltsausschuss das staatlich finanzierte Büro von Altkanzler Gerhard Schröder in Berlin ruhend gestellt. Der heute 81-Jährige klagte zweimal erfolglos gegen die Entscheidung. Heute nun wies das Leipziger Bundesverwaltungsgericht als dritte Instanz (BVerwG) auch Schröders Revision ab: Der Streit sei verfassungsrechtlicher Natur und das eingeschaltete Gericht dafür mithin nicht zuständig.

Ein Büro in Berlin-Mitte, inklusive Angestellte: Dieses Privileg hatte Altkanzler Gerhard Schröder (SPD), der von 1998 bis 2005 regierte, nach seinem Ausscheiden aus dem Amt ab 2006. Im Mai 2022 aber war Schluss: Auf Antrag der Ampel-Koalition stellte der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags damals fest, dass Schröder keine fortwährende Verpflichtung aus seinem Amt mehr wahrnehme. Fortan stand dem früheren Regierungschef auch kein staatlich bezahltes Personal mehr zur Verfügung.

Schröder nicht persönlich anwesend

Sowohl das Berliner Verwaltungsgericht als auch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg wiesen Schröders Klagen ab: Er wollte sein Büro samt Sach- und Stellenausstattung behalten. Nach Auffassung der Gerichte war dies jedoch unbegründet, es gäbe keinen rechtlichen Anspruch.

Zur Revisionsverhandlung vor dem BVerwG in Leipzig erschien der prominente Kläger am Donnerstag nicht persönlich: „Herr Schröder hat gebeten, ihn ausdrücklich zu entschuldigen“, sagten seine Anwälte über ihren Mandanten, der sich laut Medienberichten Anfang des Jahres wegen eines Burnouts in Behandlung begab.

Dessen ungeachtet schlugen sich Schröders Juristen in die Bresche: Man wolle nicht auf die Motivation für den Entzug des Büros eingehen, die im Frühjahr 2022 womöglich auf der Hand lag, hieß es mit Anspielung auf den seinerzeit begonnenen Ukraine-Krieg. Russlands Überfall auf das Nachbarland am 24. Februar 2022 hatte Schröder wegen seiner Freundschaft mit Kreml-Machthaber Wladimir Putin und seiner Tätigkeit für russische Energiefirmen für viele zur Persona non grata gemacht.

Schröders Anwälte berufen sich auf Gewohnheitsrecht

Doch drehte sich die gerichtliche Anhörung vor dem Senat am Donnerstag um andere Grundsatzfragen: Klagt Schröder als ehemaliger Kanzler oder als Privatperson? Welche Funktion hat ein Bundeskanzler a.D.? Was wird von ihm erwartet und ist das festgeschrieben oder Gewohnheitsrecht? Ist es zu rechtfertigen, wenn dem Altkanzler ein Büro aus öffentlichen Mitteln bezahlt wird, das zuletzt etwa 400.000 Euro jährlich kostete? Schröder-Nachfolgerin Merkel hat ihr Büro übrigens noch heute, dies soll zuletzt mit 900.000 Euro pro Jahr zu Buche geschlagen haben.

Schröders Anwälte argumentierten so: Ihr Klient habe weiterhin Rechte und Pflichten. Alle seine Vorgänger seit 1963 hätten auch nach ihrer Zeit im Amt Funktionen ausgeübt. Ein Kanzler a.D. müsse beispielsweise Post beantworten, Schirmherrschaften übernehmen, sich für das Gemeinwohl einbringen, vielleicht auch Kontakte bereitstellen, von denen die aktuelle Politik profitiert: „Das ist eine ungeschriebene und unausgesprochene Erwartung.“

Beklagte: Es gibt kein Sonderrecht

Die Beklagten-Seite hielt dagegen: „Das sind keine rechtlichen Positionen, das sind gesellschaftliche Erwartungen.“ Ein Sonderrecht für einen Altkanzler existiere nicht, und ebenso wenig lasse sich eine Entscheidung des Haushaltsgesetzgebers mal eben über den Haufen werfen.

Auch der Senatsvorsitzende zeigte sich skeptisch. Selbst wenn das Gericht einen Anspruch Schröders auf sein Büro herleiten könne, stehe dem ein Haushaltsbeschluss entgegen: „Was mache ich jetzt?“, fragte der Senatsvorsitzende Markus Kenntner (60) provokativ. Dort, wo der Bundestag ins Spiel kommt, sei man als BVerwG raus.

Und so hieß es dann auch im Urteil vom Donnerstagnachmittag: Die Klage sei abzuweisen, „weil für die Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch auf Zurverfügungstellung eines Büros für einen Bundeskanzler a.D. der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nicht eröffnet ist. Streitigkeiten über spezifisch verfassungsrechtliche Rechte und Pflichten oberster Staatsorgane sind nicht der Fachgerichtsbarkeit zugewiesen, ihre Entscheidung obliegt ausschließlich dem Bundesverfassungsgericht.“

Ob der Altkanzler, der am Montag 81 Jahre alt wurde, nun den Gang nach Karlsruhe antreten wird, blieb zunächst offen.

BVerwG 2 C 16.24, Urteil vom 10. April 2025

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