Angeklagt war ein heimtückischer Mordversuch, doch für eine Täterschaft der Verdächtigen gab es unterm Strich keinen sicheren Beweis: Neun Monate nach einem Brandanschlag auf ein Eutritzscher Obdachlosen-Wohnprojekt im Sommer 2024 sprach das Landgericht eine 41-jährige Frau jetzt frei.
Über diesen Freispruch berichtete zunächst die LVZ. Im Mitte Januar vor dem Leipziger Landgericht gestarteten Prozess hatte die Anklage den mutmaßlich mit Vorsatz gelegten Brand in einem Eutritzscher Mehrfamilienhaus noch als versuchten Mord eingestuft: Demnach habe die 41 Jahre alte Beatrice E. am Morgen des 9. Juni 2024 zwischen 02:00 Uhr und 03:00 Uhr in dem Gebäude, welches durch ein Selbsthilfe-Projekt obdachloser Menschen von der Stadt angemietet worden war, im Bereich einer Holztreppe Textilien entzündet.
Rettung mit Sprung aus Erdgeschoss-Fenster
Neben der Angeklagten hielt sich damals als einziger Mitbewohner noch Peter O. (Name geändert) in dem Haus auf, der zum Zeitpunkt des Vorfalls in einem Hochparterre-Zimmer schlief. Beatrice E. soll laut ursprünglicher Anklageschrift im Wissen gezündelt haben, dass der schlafende Peter O. an den Brandfolgen versterben könne.
Der erheblich alkoholisierte Mann soll zwar zwischendurch aufgewacht und auf Toilette gegangen sein, wobei er die Glutnester auf dem Weg dorthin mit einem Feuerlöscher beseitigt habe. Anschließend habe er sich aber im fatalen Irrglauben, die Gefahr sei gebannt, wieder ins Bett gelegt. In Wahrheit loderte die Glut weiter, die Flammen drangen bis zur Holztreppe und ins Obergeschoss des Wohnprojekts vor.
Das Feuer löste letztlich aber den Rauchmelder aus, der Peter O. hochschrecken ließ. Mit einem Sprung aus dem Erdgeschoss-Fenster konnte sich der Mann retten, erlitt eine Rauchgasvergiftung. Beatrice E. soll sich zwischenzeitlich in ein angrenzendes Waldgebiet zurückgezogen und kurz nach 05:00 Uhr selbst den Notruf angewählt haben.
Opfer hielt Angeklagte für unschuldig
Die Bilanz des Brandes: Der Eingangsbereich und das Treppenhaus waren unbenutzbar, Räume verrußt, Fensterrahmen weggebrannt, Glasscheiben zerstört, der Dachstuhl teilweise eingestürzt. Geschätzter Sachschaden: 500.000 Euro.
Zum Beginn des Prozesses hatte Beatrice E. am 14. Januar zunächst die Aussage verweigert, ließ aber über ihre Anwältin Angela Schröder-Scherrle den Vorwurf zurückweisen. Überraschende Rückendeckung erhielt sie vom Brandopfer selbst: Peter O. bezeichnete Beatrice E. als seine Verlobte, erklärte gegenüber Reportern, dass sie das Feuer niemals gelegt haben könne.
Offenbar blieben die Aussagen am Ende derart widersprüchlich, dass sich die Täterschaft nicht klar nachweisen ließ, die Zweifel überwogen. Der ergangene Freispruch entsprach den Anträgen sowohl von Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung.
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