Es begann mit einem Notruf wegen einer Messerbedrohung – und endete mit einem größeren Einsatz wegen Verdachts auf Drogenhandel: Im Rauschgift-Prozess vor dem Leipziger Landgericht gegen drei Personen kam vergangene Woche im Zeugenstand ein Polizeibeamter zu Wort, der beteiligt war, ein Drogenversteck im Leipziger Osten auszuheben. Zudem äußerte sich die 20-jährige Freundin eines Verdächtigen zur Anklage.

Vor gut einem Jahr hatte ein Polizeirazzia dazu geführt, dass unter anderem über 40 Kilo synthetische Drogen, knapp 20 Kilo Cannabis, zwei Waffen und 200.000 Euro Bargeld in einem Leipziger Apartment konfisziert wurden. Das alles geschah am frühen Morgen des 12. Februar 2024, etwa 02:30 Uhr – und fing eigentlich ganz anders an, wie ein junger Polizeioberkommissar vergangene Woche im laufenden Strafprozess am Landgericht zu erzählen wusste.

Messerbedrohung wegen Schulden

Denn eigentlich habe sich der Urheber des Notrufs bei der Polizei gemeldet, weil er in der Konstantinstraße mit einem Messer bedroht worden sei, so der Polizeioberkommissar. Daraufhin bekamen die herbeigerufenen Gesetzeshüter mit Imran O. in der Nähe einen Tatverdächtigen zu fassen.

Dessen Opfer, ein Ukrainer, erzählte den Beamten, dass er schon länger von Imran O. bedroht werde. Erst nach längerem Nachbohren kam heraus, dass der Betroffene offenbar mal ein Cannabisgeschäft eingefädelt hatte. 30.000 Euro Schulden seien hier entstanden und dem Ukrainer sei nach Abtauchen des Käufers bedeutet worden, dass er als Vermittler jetzt zahlen solle.

Bei dem Polizeieinsatz berichtete er den Beamten nun, dass Imran O. ein Großdealer sei, und benannte das Versteck des Rauschgifts in der nahen Zollikoferstraße. Zunächst sei man skeptisch gewesen: „Man kann nicht immer alles für bare Münze nehmen. Manchmal wird aus jedem kleinen Konsumenten ein großer Dealer gemacht“, sagte der Kommissar im Zeugenstand.

Insider-Hinweis führte zu Drogenbunker

Doch der Insider-Tipp erwies sich in dem Fall als richtig: In die Zollikoferstraße beorderte Kollegen gaben die Meldung durch, dass mehrere Personen eilig ein Taxi mit Taschen und einem Karton beluden. Man heftete sich an die Fersen des Wagens, der kurz darauf in der Eisenbahnstraße gestoppt und durchsucht wurde. „Man hat gesehen, dass der ganze Kofferraum schon voll war“, so der vernommene Polizist.

Die Drogen hätten dem Augenschein nach womöglich einen Millionenwert gehabt. Abgesehen vom offenbar ahnungslosen Fahrer seien die Taxi-Insassen festgenommen worden. Zugleich habe man sich um rasche Verstärkung bemüht, weil ein Hinzukommen von Mittätern, die Gefahr der Spurenvernichtung und Solidarisierungseffekte befürchtet wurden.

Polizei stürmt Wohnung und fasst Freundin des Verdächtigen

Alsbald wurde der Plan in die Tat umgesetzt, das angemietete Drogenversteck in der Zollikoferstraße zu durchsuchen. Dort trafen die Polizeikräfte auf Greta M. (20), die jetzt mit auf der Anklagebank sitzt. Sie war damals Imran O.s Freundin, hatte ihn im Jahr 2023 kennengelernt: „Ich war fasziniert von ihm und verliebte mich recht schnell“, so die junge Frau, die nach eigener Angabe ein Fernstudium abbrach, in einer Erklärung ihrer Anwälte.

Dass Imran im Drogengeschäft aktiv war, habe sie zumindest geahnt, räumte sie ein, da er etwa „zu unmöglichen Zeiten Besuch von Freunden bekam.“ Als sie in der Zollikoferstraße erstmals Rauschgift in einer Tasche und damit ihre Vermutung bestätigt sah, sei sie fast erleichtert gewesen, da sie annahm, seine unzähligen Handykontakte hätten nichts mit anderen Frauen zu tun.

Mutmaßlicher Drogenhändler gilt als untergetaucht

Die Festnahme ihres heute untergetauchten Freundes, von dem sie sich inzwischen getrennt habe, habe sie mitbekommen und sich beteiligt, hektisch Spuren zu verwischen und die Drogen zu beseitigen: „Ich war überfordert und ziemlich panisch. Ich war so durcheinander, dass ich anfangs nicht mal Handschuhe getragen habe.“ Kurz darauf wurde die Wohnung von der Polizei gestürmt. Über Imran O. sagt Greta M. heute: „Wenn ich ehrlich bin, fehlt er mir trotz allem.“

Die Leipzigerin ist gemeinsam mit zwei weiteren Männern unter anderem wegen bewaffneten Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge angeklagt. Gegen einen weiteren Verdächtigen wurde das Verfahren abgesondert. Es sind noch Verhandlungstermine bis Ende Januar angesetzt.

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