Eigentlich sollte der Prozess noch vor Ablauf des scheidenden Jahres enden. Weil aber ein wichtiger Zeuge nun noch ausfindig gemacht werden konnte, hat das Landgericht zwei weitere Termine für Anfang Januar geplant, ehe ein Urteil über den 25 Jahre alten Oleksandre T. fällt. Der junge Ukrainer soll einen kaltblütigen Mord in der Nähe vom Hauptbahnhof begangen haben.

Acht Monate nach einem schockierenden Gewaltverbrechen im Leipziger Obdachlosenmilieu verzögert sich das Urteil gegen den mutmaßlichen Mörder Oleksandre T. auf den Jahresbeginn 2025: Da einer der potenziellen Tatzeugen Leipzig zwischenzeitlich mit unbekanntem Ziel verlassen hatte, jetzt aber in Thüringen wieder aufgetaucht ist, soll auch er noch am hiesigen Landgericht seine Aussage machen.

Anklage: Mord aus Aggressionslust

Der russische Staatsbürger, der sich nach Gerichtsangaben in Suhl aufhalten soll und Asyl beantragt hat, war laut Ermittlungen Teil jener Gruppe, die in der Nacht zum 23. April 2024 in einem ausrangierten Container an der sogenannten Sachsenseite des Leipziger Hauptbahnhofs schlief.

Hier soll der wegen Mordes angeklagte Oleksandre T. am Vormittag des 23. April einen 43 Jahre alten Mann vor den Augen anderer brutal misshandelt, dadurch schwer verletzt und schließlich mit dem Kabel eines Wasserkochers erdrosselt haben.

Hintergrund: Der Getötete hatte einen Landsmann des Angeklagten (40) in der Nacht wegen störenden Schnarchens aus der provisorischen Schlafstätte zum Flaschensammeln auf die Straße geschickt. Diese Nichtigkeit soll der 25-jährige Ukrainer laut Staatsanwaltschaft zum Vorwand genommen haben, seine Aggressionslust auszuleben – mit der Konsequenz, dass ein Mensch grausam starb.

Möglicher Tatzeuge tauchte wieder auf

Laut Zeugenaussagen habe man den aggressiven Täter in seinem regelrechten Gewaltrausch noch zu stoppen versucht – aber vergebens: „Wir hatten Angst um unser Leben“, hatte ein 52-jähriger Ukrainer erklärt, der den Angeklagten im Umfeld des Hauptbahnhofs kennengelernt und sich mit seiner Frau auch in dem Nachtlager aufgehalten hatte.

Oleksandre T. war nach dem Verbrechen unter Mordverdacht verhaftet worden, da einer der Zeugen schließlich zur Polizei gegangen war und eine Meldung gemacht hatte. Als hinderlich für die Ermittlungen und den Prozess erwies sich aber der Umstand, dass einige der Personen aus der Gruppe ohne feste Anschrift für die Behörden nicht oder nur mit höherem Aufwand greifbar waren.

Zumindest einer von ihnen, dessen Spur sich außerhalb Leipzigs verloren hatte, konnte jetzt aufgrund seines Asylantrags wieder registriert werden. Seine Aussage vor der 1. Strafkammer des Landgerichts ist für Anfang Januar geplant, dann könnte auch ein Urteil fallen. Dem vorbestraften Oleksandre T., der sich zu den schweren Vorwürfen zunächst nicht geäußert hatte, droht nach Angaben des Gerichts sogar eine Sicherungsverwahrung nach der Haft, sofern er schuldig gesprochen und zugleich als gefährlich für die Allgemeinheit eingestuft wird.

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