Er beteuerte bis zuletzt seine Unschuld: Doch nun hat das Leipziger Landgericht eine Haftstrafe von zwölf Jahren für einen 74-Jährigen wegen Brandstiftung mit Todesfolge bestätigt. Er legte laut Urteil vor knapp viereinhalb Jahren ein Feuer auf einem Gehöft, das seinen Stiefsohn das Leben kostete. Der Fall war bereits zum zweiten Mal verhandelt worden, da die Staatsanwaltschaft gar Anhaltspunkte für einen Mord sah.

Am 21. Juni 2020, einem Sonntag, wüteten die Flammen gnadenlos auf einem Gehöft in Beilrode, Ortsteil Last, vor den Toren Torgaus. Das Haus und die angrenzende Scheune brannten völlig ab, der Schaden betrug etwa 350.000 Euro. Der chronisch kranke und gehbehinderte Thomas Z. verstarb in seinem Zimmer im Obergeschoss des Neubauernhauses, er wurde nur 47 Jahre alt.

Rund viereinhalb Jahre später verurteilte das Landgericht Leipzig den Stiefvater des Opfers am Dienstag wegen Brandstiftung mit Todesfolge zu zwölf Jahren Freiheitsentzug.

Gericht: Angeklagter spekulierte auf Versicherungsgeld und einen Neuanfang

Bereits im Oktober 2022 hatte es eine Kammer des Landgerichts nach einem Indizienprozess für erwiesen erachtet, dass der damals 69-jährige Detlev B. auf dem Hof des Hauses gezielt gezündelt hatte. Das Motiv des Rentners: Die verfahrene Wohnsituation auf dem Hof mit seiner gleichaltrigen Freundin Barbara Z., einer alten Jugendliebe, sei ihm schlicht über den Kopf gewachsen.

Detlev B. wollte sich und der Lebensgefährtin laut Urteil einen Neuanfang ermöglichen, spekulierte auf 214.700 Euro von der Gebäudeversicherung nach dem Großbrand. Deswegen habe er in der Scheune und im Carport unter seinem Hyundai Feuer gelegt.

Thomas Z., der leibliche Sohn seiner Partnerin, der seit Jahren mit auf dem Hof lebte, habe in den Zukunftsplänen von Detlev B. dagegen keine Rolle gespielt. Der frühere Kraftfahrer war nach einem Unfall dauerhaft erwerbsunfähig, chronisch erkrankt und gehbehindert, sein Verhältnis zum Stiefvater angespannt. Während sich Detlev B., seine Freundin und der Hund vor dem Feuer in Sicherheit bringen und auf die Rettungskräfte warten konnten, erstickte der 47-jährige Thomas Z. damals auf dem Bett seines Zimmers, wurde nur noch tot geborgen. Seine Haut war großflächig verbrannt.

Schwurgericht lehnt Mord-Urteil erneut ab

Detlev B. beteuerte bereits im ersten Prozess seine Unschuld. Direkte Augenzeugen der folgenschweren Zündelei gab es tatsächlich nicht. Doch unter Verweis auf Gutachten, die eindeutig eine Fremdeinwirkung belegten, und eine Reihe von Indizien schloss die Kammer alternative Tatversionen aus.

So hatte der nicht vorbestrafte Detlev B. widersprüchlich ausgesagt, Spuren des verwendeten Brandbeschleunigers an den Stiefeln und sich auch während des Feuers auffällig verhalten, indem er offenbar sensible Unterlagen in Sicherheit brachte.

Der Bundesgerichtshof vertrat nach einer Revision, die sowohl der Angeklagte und sein Verteidiger als auch die Staatsanwaltschaft eingelegt hatten, keine andere Ansicht zum Tatgeschehen. Jedoch wurde dem Rechtsmittel der Anklagebehörde stattgegeben, die gar eine Verurteilung wegen Mordes gefordert hatte: Demnach habe Detlev B. mit einem „bedingten Vorsatz“ agiert, den grausigen Tod seines Stiefsohnes also zumindest logisch einkalkuliert und als Möglichkeit billigend in Kauf genommen.

Eine Ansicht, der die andere Kammer, die den Fall erneut zu verhandeln hatte, jetzt widersprach: Auch sie billigte Detlev B. zu, dass er nicht wollte oder auch nur damit rechnete, dass Thomas Z. verstirbt. Vielmehr schloss sie sich den Richtern aus dem ersten Prozess an, wonach Detlev B. ernsthaft auf die Rettung des Stiefsohnes vertraut, aber schlichtweg die rasend schnelle Ausbreitung der Flammen leichtfertig unterschätzt hatte.

Nebenklägerin hält weiterhin zum Verurteilten

Die Staatsanwaltschaft hatte dagegen ihren Antrag auf lebenslange Haft wegen Mordes erneuert. Ein Freispruch kam, da die Feststellung zum äußeren Ablauf rechtskräftig war, für Detlev B. ohnehin nicht mehr in Betracht.

Sein Verteidiger Dr. Carsten Pagels wollte daher wegen Brandstiftung mit Todesfolge zehneinhalb Jahre Haft, zehn Jahre Ramona Theobald, die Anwältin der Nebenklägerin. Barbara Z., die mit dem Brand einen ihrer Söhne verlor, machte im Prozess jedoch deutlich, dass sie weiterhin zu Detlev B. hält, sie besucht den Verurteilten regelmäßig in der Haft. Über die Tatvorwürfe rede sie mit dem früheren Bauschlosser, ihrer alten Teenager-Liebe, dabei aber nicht, sagte die 74-Jährige.

Der Angeklagte selbst hatte auch jetzt im Schlusswort auf seiner Unschuld beharrt. Gegen die Entscheidung ist erneut eine Revision möglich.

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