Einem Funktionär der Neonazi-Partei „Der III. Weg“ wurde die Aufnahme für den juristischen Vorbereitungsdienst in Bayern verweigert: berechtigterweise, entschied am Donnerstag das Bundesverwaltungsgericht (BVG) in Leipzig. Auch wenn der Bewerber bei der Ausbildung in keinem Beamtenverhältnis stehe, müsse er Mindestanforderungen an die Verfassungstreue erfüllen.
Geklagt hatte Matthias B., der sich nach Abschluss seines Studiums zum Antritt des juristischen Vorbereitungsdienstes beim Oberlandesgericht (OLG) Bamberg zum 1. April 2020 beworben hatte. Doch daraus wurde nichts: Der OLG-Präsident lehnte Matthias B. damals ab, vor allem, da seine herausgehobene Tätigkeit für „Der III. Weg“ bekannt war.
Die 2013 in Heidelberg gegründete Kleinpartei hat bundesweit etwa 800 Mitglieder und gilt als Sammelbecken auch gewaltbereiter Neonazis: „In zahlreichen Äußerungen der Partei kommt ihr rechtsextremistischer bis neonazistischer Charakter zum Ausdruck. Sie zeichnet sich durch ideologischen Fanatismus aus und steht der freiheitlichen demokratischen Grundordnung sowie der gesamten westlichen Moderne feindselig gegenüber“, so der Verfassungsschutz von Baden-Württemberg.
Mindestanforderungen an Verfassungstreue müssen erfüllt sein
Hat jemand aus so einer Partei, der zudem auch strafrechtlich auffiel, ein Anrecht, durch den Staat den letzten Schliff zum „Volljuristen“ zu bekommen? Nein, entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig und wies damit die Revision des Klägers gegen vorinstanzliche Entscheidungen ab. Zwar würden für Referendare, die den juristischen Vorbereitungsdienst ohne Beamtenverhältnis ableisten, nicht die strengen Vorschriften des Beamtenrechts hinsichtlich der Verfassungstreue greifen.
Jedoch: „Ungeachtet des Umstands, dass sie eine dauerhafte Beschäftigung für den Staat nicht anstreben und der Vorbereitungsdienst einen notwendigen Abschnitt zur Erlangung der Qualifikation als ‚Volljurist‘ darstellt, nehmen aber auch diese Referendare an der staatlichen Funktion der Rechtspflege teil. Sie haben daher Mindestanforderungen an die Verfassungstreuepflicht zu erfüllen und dürfen sich insbesondere nicht aktiv gegen die Grundwerte der Verfassung betätigen“, urteilten die Richter.
Beteiligte eines Rechtsstreits hätten einen Anspruch darauf, dass niemand an der Auseinandersetzung mitwirkt, bei dem klare Anhaltspunkte für eine Feindseligkeit gegenüber dem Staat und der Verfassung bestehen.
Zugehörigkeit zu „Der III. Weg“ reicht für Zweifel an Verfassungstreue
Allein die Mitgliedschaft bei „Der III. Weg“ ergäbe schon ausreichend Zweifel: „Dies ergibt sich aus den politischen Zielen dieser Partei, die von den zuständigen Verfassungsschutzbehörden als extremistisch bewertet wird, und der am ‚Führerprinzip‘ ausgerichteten internen Parteistruktur.
Das Parteiprogramm beruht insbesondere auf der Vorstellung der Ungleichwertigkeit von Menschen und der daran anknüpfenden rechtlichen Ungleichbehandlung, die gegen Grundwerte der Verfassung verstößt. Der Umstand, dass die Partei nicht vom Bundesverfassungsgericht verboten worden ist, steht dieser Einschätzung nicht entgegen.“
Das Parteienprivileg bedeute auch keineswegs, jedes Mitglied unterhalb der Schwelle zum Verbot als verfassungstreu ansehen zu müssen.
Kläger ist heute Rechtsanwalt in Bayern
Für Kläger Matthias B. hat das Leipziger Urteil allerdings keine praktische Konsequenz mehr, denn er konnte sein Referendariat in Sachsen abschließen und arbeitet heute als Rechtsanwalt in Bayern – dem Bundesland, das ihm laut BVG zu Recht das Referendariat verweigerte.
Bei künftigen Fällen geht von der Entscheidung des BVG jedoch ein Signal aus: Verfassungsfeindliches Handeln und Reden kann dazu führen, dass der Vorbereitungsdienst versperrt bleibt – auch dann, wenn man später nicht, etwa als Staatsanwalt oder Richter, im Staatsdienst arbeiten möchte.
BVerwG 2 C 15.23 – Urteil vom 10. Oktober 2024
Keine Kommentare bisher