Eine Leipzigerin soll ein wahres Albtraum-Szenario erlebt haben, das an Horrorfilme erinnert: Weil er die Trennung nicht akzeptiert und ihr kein selbstbestimmtes Leben zugebilligt habe, stellte ihr Ex-Lebensgefährte (37) ihr laut Anklage mehrfach nach und soll schließlich mit einer Axt zwanzigmal auf ihre Wohnungstür in Altlindenau eingeschlagen, sie erheblich verletzt haben. Die Staatsanwaltschaft geht von einem Mordversuch aus. Am Mittwoch startete der Prozess vor dem Landgericht Leipzig.

Folgt man der Anklageschrift, die Staatsanwalt Moritz Diekmann verlas, dann ging der Terror für Kerstin S. (Name geändert) kurz nach dem 20. Februar 2024 los: Damals habe sie die Beziehung, die sie seit September 2023 zum Angeklagten Maik R. führte, für beendet erklärt, nachdem ihr die Hausverwaltung gedroht hatte, das Mietverhältnis für ihre Wohnung in der Spittastraße zu kündigen.

Angeklagter soll aggressiv gegen Ex-Partnerin vorgegangen sein

Hintergrund waren Ruhestörungen, die großteils von Maik R. ausgegangen sein sollen. Der heute 37-Jährige hatte demnach seit Beginn der Beziehung mit in der Altlindenauer Wohnung von Kerstin S. gelebt. Als sie ihm den Laufpass gab, habe er das nicht hingenommen, Kerstin S. immer wieder via Messenger kontaktiert und sich dem Wohnhaus genähert – trotz ihrer Signale, dass sie die Beziehung nicht wiederaufnehmen, den Angeklagten weder sehen noch bei sich in der Wohnung haben wolle.

Ab Ende Februar habe sie wegen seiner immer aggressiveren Vorgehensweise Angst vor Maik R. gehabt, sodass sie oder eingeweihte Nachbarn die Polizei riefen, wenn er am Haus auftauchte. Die Furcht von Kerstin S. soll so weit gegangen sein, dass sie ihre Wohnungstür mit einem Holzbalken verkeilte und mit Metallbeschlägen verschraubte.

„Er wollte in die Wohnung gelangen, um sie zu töten“

Maik R. schreckte dies offenbar nicht ab. Seinem vermeintlichen Anspruch, die Beziehung zu Kerstin S. wiederherzustellen, soll er Mitte März brutalen Nachdruck verliehen haben: An seinem Geburtstag habe der Maler für eine Aussprache die Wohnung von Kerstin S. betreten wollen.

Nach vergeblichem Klingeln und einer Aufforderung von Kerstin S., er solle verschwinden, habe er zunächst mit den Füßen gegen die zweiflüglige Holztür getreten. Als die Geschädigte und ein in der Wohnung anwesender Bekannter daraufhin die Tür einen Spalt weit aufsperrten, registrierte Maik R. der Anklageschrift nach, dass sich ein anderer Mann in der Wohnung seiner Ex-Partnerin befand.

Daraufhin soll er sich vom Dachboden eine Langaxt geholt und mit deren scharfer Seite auf die Tür eingeschlagen haben – im Wissen, dass sich zwei Personen dahinter befanden: „Er wollte nunmehr in die Wohnung gelangen, um mit der Axt auf beide Personen einzuschlagen und sie so zu töten“, so der Staatsanwalt. Den Opfern habe er offen mit Mord gedroht.

Bekannter soll Angreifer abgewehrt haben

Letztlich sei es Maik R. gelungen, Kerstin S. mit einem Axtschlag durch die teilweise geöffnete Tür am linken Ohr zu treffen, sodass die Frau dort und im Nackenbereich einen Schnitt erlitt, ehe sie ins Badezimmer flüchten konnte. Ihr Bekannter reagierte offenbar geistesgegenwärtig, indem er mit seinen Füßen gegen den Angreifer trat und es letztlich schaffte, die Wohnungstür zu verschließen.

Erst nach 20 Axtschlägen soll Maik R. abgelassen haben und mit dem Tatwerkzeug geflüchtet sein. Kerstin S. musste notärztlich versorgt und drei Tage stationär behandelt werden, ihr Bekannter kam mit dem Schrecken davon.

„Von mir aus mache ich das jetzt jeden Tag“

Der dramatische Vorfall war der Endpunkt eine Reihe von Nachstellungen, die Maik R. kurz nach dem Aus der Beziehung begonnen habe, so die Anklagebehörde. Aktenkundig sind vier Geschehnisse kurz vor der Tat zwischen 25. Februar und 14. März, bei denen sich Maik R. beispielsweise unbefugt auf dem Dachboden des Mehrfamilienhauses aufgehalten habe oder die Wohnungstür von Kerstin S. mit einem Werkzeug habe aufhebeln wollen.

Wenige Tage vor dem angeklagten Mordversuch habe der 37-Jährige mit einem E-Scooter auf die Tür eingeprügelt und seinen Kopf durch das entstandene Loch im Holz gesteckt, um der schockierten Kerstin S. zu drohen: „Du wirst schon sehen. Von mir aus mache ich das jetzt jeden Tag.“ Zudem spuckte er ihr laut Anklage auf den Arm und beleidigte sie mehrfach ehrverletzend.

Auch Diebstahl aus „Villa“ angeklagt – Verteidigung kündigt Aussage an

Maik R., der seit 22. März in U-Haft sitzt, hörte der Anklageverlesung am Mittwoch äußerlich ruhig und gefasst zu. Die Anklage gegen ihn umfasst noch einen Vorfall, bei dem der zuletzt ohne festen Wohnsitz Lebende und zwei unbekannte Mittäter am 13. März einen Mann im Innenhof des Hauses in der Spittastraße abgepasst, seinen Kopf gegen eine Hauswand gedrückt und ihn geschlagen hätten. Wer der Geschädigte war, ist bis heute ungeklärt.

Ferner soll Maik R. kurz vor seiner Verhaftung aus der Medienwerkstatt der „Villa Leipzig“ in der Lessingstraße unter anderem Digitalkameras, Laptops, ein Smartphone, einen Camcorder und X-Box-Controller geklaut haben, um seinen Drogenkonsum zu finanzieren. Gesamtschaden: rund 4.600 Euro.

Dem Verdächtigen drohen bei einem Schuldspruch wegen versuchten Mordes, gefährlicher Körperverletzung, Hausfriedensbruchs, Nachstellung, Beleidigung, Sachbeschädigung und Diebstahls viele Jahre im Strafvollzug. Nach Angaben seiner Verteidigung will sich der 37-Jährige beim nächsten Prozesstag am 26. September zur Anklage äußern. Dann soll auch Kerstin S., die als Nebenklägerin auftritt, ihre Zeugenaussage machen. Bis 15. November hat die 16. Strafkammer acht weitere Verhandlungstage angesetzt.

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