Sie musste erleben, wie ihr Ex-Partner versuchte, durch Axtschläge gegen die Tür in die Wohnung einzudringen: Was an einen populären Horrorfilm erinnert, war für eine 37-jährige Leipzigerin kein wohliger Grusel, sondern bitterer Ernst, der laut Staatsanwaltschaft nur mit Glück kein schlimmeres Ende nahm. Der Verdächtige legte am Donnerstag vor Gericht ein weitgehendes Geständnis ab – mit einer wichtigen Abweichung.
Als sie ihm den Laufpass gab, soll die Situation völlig eskaliert sein: Am zweiten Prozesstag um einen als Mordversuch angeklagten Gewaltausbruch in Leipzig-Altlindenau gab der Angeklagte Maik R. über seine Verteidigung am Donnerstag ein weitgehendes Geständnis ab. „Die Tatvorwürfe werden so weit eingeräumt“, heißt es in einer Erklärung, die Rechtsanwalt Ingo Stolzenburg im Landgericht für seinen 37 Jahre alten Mandanten verlas.
Anklagebehörde wirft 37-Jährigem versuchten Mord vor
Wie berichtet, geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass sich der vorbestrafte Mann an seinem Geburtstag Mitte März 2024 Zutritt zu einem Mehrfamilienhaus in der Spittastraße verschafft und dort mit der Axt zwanzigmal auf die Holztür einer Wohnung eingeschlagen hatte. Mieterin war seine Ex-Partnerin Kerstin S. (Name geändert), mit der er seit dem Vorjahr eine kurze Beziehung hatte, bis sie den zuletzt Wohnsitzlosen im Februar nach Ruhestörungen und Ärger mit der Hausverwaltung aus ihrer Wohnung warf.
Kerstin S. wurde bei dem Angriff erheblich am linken Ohr und Nacken verletzt. Letztlich konnte ihr anwesender Kumpel Dennis P. (Name geändert) den Aggressor laut Anklage durch heftige Gegenwehr daran hindern, in die Wohnung einzudringen. Die Anklagebehörde wertet den brutalen Überfall als Mordversuch: Maik R. habe Kerstin S. und Dennis P. umbringen wollen.
Angeklagter gesteht, bestreitet aber Tötungsabsichten
Ein Vorwurf, den Maik R. in seiner Erklärung zurückwies: Er sei am Tattag mit einer Langaxt zur Wohnung seiner Ex gegangen, um für den erwarteten Fall, dass sie ihm nicht öffnet, in ihre Wohnung zu gelangen und mit ihr zu sprechen. Doch habe er niemanden verletzen oder töten wollen, beteuerte der Maler: „Es ging ausschließlich darum, auf die Tür einzuwirken.“
Abgesehen davon träfe es aber zu, dass er Kerstin S. seit dem Auseinanderbrechen der Beziehung und dem Rausschmiss schon in den Wochen zuvor wiederholt nachgestellt habe, wie es auch die Staatsanwaltschaft angeklagt hat: „Ich bin jeden Tag zum Haus. Ich war sehr aggressiv und wollte, dass Kerstin mit mir redet. Es war mir auch egal, dass dann ständig die Polizei kam.“
Seit Jahren sei er drogenabhängig, so Maik R., habe bereits als Teenager Betäubungsmittel konsumiert, zuletzt täglich Crystal und Ecstasy in Flüssigform gebraucht. Unter Einfluss der Drogen sei er durch die Straßen geirrt, habe sich verfolgt gefühlt, komische Dinge gesagt und getan, den Bezug zur Realität verloren, Straftaten begangen, um an Geld zu kommen, sagte der Leipziger.
Kerstin S. habe er im Spätsommer 2023 über Bekannte aus dem Drogenmilieu kennengelernt. Die Beziehung artete aber nach anfänglicher Harmonie bald in einen Kreislauf aus Streit, Versöhnung und neuem Krach aus, so Maik R. am Donnerstag.
„Ich möchte sagen, dass mir das Ganze sehr leidtut“
Auch zum Zeitpunkt des Angriffs mit der Axt habe er unter Betäubungsmitteleinfluss gestanden und sei eine Woche ohne Schlaf gewesen. „Ohne Drogenkonsum hätte ich diese Taten nicht begangen.“ Beim Versuch, die Tür mit der Langaxt aufzuschlagen, müsse ihm das Tatwerkzeug abgerutscht sein und Kerstin S. ohne Absicht getroffen haben. Auf der Flucht habe er erfahren, dass sie im Krankenhaus behandelt werden musste.
Daraufhin habe er sich Vorwürfe gemacht: „Ich möchte sagen, dass mir das Ganze sehr leid tut. Ich will nicht versuchen, mich zu rechtfertigen“, ließ Maik R. seinen Verteidiger erklären und bekräftigte, er wolle eine Langzeittherapie gegen die Drogenabhängigkeit absolvieren.
Eifersucht und Wut als Tatmotiv?
Die Geschädigte und Nebenklägerin schilderte dann im Zeugenstand aus ihrer Sicht den Tatablauf und die Vorgeschichte: „Wir hatten eine Beziehung, die ersten Wochen waren ganz angenehm“, sagte Kerstin S. (37). Doch dann sei es immer wieder zu Auseinandersetzungen gekommen.
Der Angeklagte sei jähzornig, habe sich gerade unter Drogen schnell in Dinge hineinsteigern können, gab sie bereits der Polizei zu Protokoll. Im Wohnhaus nahm der Krach irgendwann Ausmaße an, dass die Nachbarn Lärmprotokolle anlegten und sich beschwerten, der Mieterin wurde die Kündigung angedroht. Die Tür habe sie nach dem Rauswurf von Maik R. extra gesichert, doch sei dieser unbeirrt wiederholt an ihrer Wohnadresse oder im Treppenhaus aufgetaucht, soll bereits Tage vor dem Axt-Überfall mit einem E-Roller auf die Tür eingeprügelt haben.
Ähnlich am Tag der Tat, seinem Geburtstag, als er mit der Axt in der Hand auf halber Treppe stand, erklärte Kerstin S.: Er sei offenbar eifersüchtig gewesen, dass er sie nicht für sich haben konnte und sie auch seinen Geburtstag nicht mit ihm habe verbringen wollen, so jedenfalls vermute sie aus heutiger Sicht, wo der Gewaltausbruch herkam. Als Kerstin S. ihn sah, sei sie in ihre Wohnung geflohen. Sekunden danach folgte schon der erste Schlag gegen das Türholz.
Der Prozess wird fortgesetzt. Noch bis Mitte November soll laut Plan verhandelt werden.
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