Das Opfer stand vermutlich Todesängste aus: Ein aberwitziger Racheakt für einen Einbruchdiebstahl brachte drei junge Männer vor das Leipziger Landgericht. Der Anklage nach kidnappten und misshandelten sie einen Mann aus ihrem Bekanntenkreis, den sie für den Verlust von 13.000 Euro verantwortlich machten, und wollten das Geld zurückerpressen. Nun gab es die Quittung.

Laut Landgericht wurden die beiden 24-jährigen Brüder Marvin L. und Marcel L. sowie deren Kumpel Max B. (27) bereits am Mittwoch schuldig gesprochen – unter anderem wegen erpresserischen Menschenraubs, besonders schwerer räuberischer Erpressung, gefährlicher Körperverletzung, Nötigung und Bedrohung. Sie erhielten jeweils Haftstrafen von bis zu sechseinhalb Jahren.

Täter sollen Opfer in Falle gelockt haben

Wie zum Prozessauftakt Ende Juli verlautbart, sollen die jungen Brüder beschlossen haben, einen Einbruchdiebstahl in der Grünauer Wohnung ihrer Mutter zwischen dem 20. und 27. Januar zu rächen, bei dem ein Tresor mit 13.000 Euro Bargeld abhandengekommen war. Weil die 24-Jährigen den 22 Jahre alten Klaus P. (Name geändert) aus ihrem Bekanntenkreis für den dreisten Einbrecher hielten, hätte das Brüderpaar gemeinsam mit dem Kumpel Max B. dem späteren Opfer eine Falle gestellt.

So habe man am Abend des 27. Januar 2024 zunächst in der Lützner Straße mit dem Geschädigten fröhlich gebechert, ehe der nichtsahnende junge Mann mit einem Mal massiv bedroht worden sei, die Täter hätten mit Baseballschläger, Flasche und Fäusten auf ihn eingedroschen und Geld gefordert, so die Staatsanwaltschaft. Der Gepeinigte jedoch bestritt demnach seine Verantwortung für den Einbruch.

Auch sei auf die Oberschenkel von Klaus P. eingestochen worden. Schließlich habe man ihn um Bankkarten, Smartphone und zehn Euro Bargeld erleichtert. Ein Begleiter des Opfers sei brutal eingeschüchtert worden, er möge besser stillhalten und auf keinen Fall die Polizei informieren. Das tat er dann wohl aber doch.

„Sonst zerstückeln wir dich im Auwald“

Doch konnte auch die Polizei nicht mehr verhindern, dass dem gefesselten Opfer erst einmal eine Odyssee durch die Januarnacht bevorstand. Zunächst sollen die drei Angeklagten mit Klaus P. zu einem Bungalow am Kulkwitzer See gefahren sein, um dort von einem Bekannten des wehrlosen Mannes die verlorenen 13.000 Euro zurückzuholen.

Nachdem dieser angegeben hatte, nicht genügend Geld zu haben und auch nicht auf die Schnelle bereitstellen zu können, endete die wilde Tour kurz nach 01:00 Uhr morgens bei der Mutter des Opfers und ihrem Partner in Lausen, wo man hoffte, das gestohlene Geld erpressen zu können.

Zuvor sei Klaus P. bedeutet worden, dies sei seine letzte Chance, lebend aus der Nummer herauszukommen: „Sonst zerstückeln wir dich im Auwald“, so die unmissverständliche Drohung, wie sie in der Anklageschrift stand. In der Wohnung der Mutter von Klaus P. habe man dessen Fesseln gelöst, damit er die aufgebrachte Frau beruhigen könne. Der Geschädigte soll dann aber die Unaufmerksamkeit seiner Peiniger genutzt haben, indem er selbst zum Messer griff. Wenig später flüchtete das Trio laut Ermittlungsbehörden vor der nahenden Polizei – ohne Geld.

Gericht folgt weitgehend der Anklage, Verteidiger wollten zum Teil Bewährung

Im Verlauf des Prozesses, bei dem das Opfer und seine Mutter (42) als Nebenkläger auftraten, hatten alle Angeklagten über ihre Anwälte Erklärungen abgegeben und sich zur Sache geäußert.

Letztlich verhängte die Strafkammer jeweils fünf Jahre und zehn Monate Freiheitsentzug für Max B. und Marvin L., Marcel L. muss für sechseinhalb Jahre hinter Gitter. Für ihn hatte die Anklage nach Gerichtsangaben sogar acht Jahre Haft gefordert, ansonsten folgte die Kammer weitgehend den Anträgen der Staatsanwaltschaft.

Die Verteidiger wollten demgegenüber zum Teil auf bewährungsfähige Strafen hinaus, lediglich für Marcel L. hatte Rechtsanwalt Ingo Stolzenburg um die vier Jahre Haft für angemessen erachtet. Zwei der Angeklagten sind bereits strafrechtlich vorbelastet. Gegen die Urteile kann bis nächste Woche noch Revision eingelegt werden.

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