Im Landgerichts-Prozess um den gewaltsamen Tod des 25 Jahre alten Daniel P. im alten Kornspeicher wurden am Freitag die Plädoyers gehalten. Die Anklage will den mutmaßlichen Mörder von Daniel P. nach Jugendstrafrecht für zehn Jahre hinter Gitter schicken, die Verteidigung plädierte dagegen auf ein milderes Urteil.

Endspurt im Prozess am Landgericht Leipzig: Über ein Jahr nach dem Auffinden des ermordeten Daniel P. forderte die Anklage während der Plädoyers am Freitag, den Mordverdächtigen Kevin R. zu zehn Jahren Haft zu verurteilen – der grundsätzlichen Höchststrafe nach dem deutschen Jugendstrafrecht.

Staatsanwältin Katharina Thieme folgte in ihrem Schlussvortrag einer Empfehlung der Jugendgerichtshilfe, beim 20 Jahre alten Kevin R. aufgrund seiner persönlichen Defizite noch kein Erwachsenenstrafrecht anzuwenden. Dann hätte auf Mord sogar lebenslanger Freiheitsentzug gestanden.

Anklage sieht drei Mordmerkmale erfüllt

Für die Anklagebehörde ist im Ergebnis der Hauptverhandlung erwiesen, dass Kevin R. den fünf Jahre älteren Daniel P. Ende Juni 2023 mit der Aussicht auf ein erotisches Abenteuer in den alten Kornspeicher am Lindenauer Hafen gelockt, dort gefesselt in ein Wasserbecken gestoßen und einfach zurückgelassen hatte. Der bisexuelle Mann erstickte vermutlich qualvoll, sein Leichnam wurde vier Wochen später entdeckt.

Staatsanwältin Thieme sah mit Heimtücke sowie Habgier und der Verdeckung einer anderen Straftat gleich drei Mordmerkmale als erfüllt an. Demnach habe der 20-jährige Kevin R. mit der an sich genommenen Bankkarte des Opfers 550 Euro abgehoben und gegenüber der Kriminalpolizei fälschlich einen Unschuldigen aus seinem Bekanntenkreis der brutalen Tat bezichtigt. Daher lauten zwei weitere Vorwürfe gegen Kevin R. auf Computerbetrug sowie falsche Verdächtigung.

Angeklagter wollte Opfer nach eigener Aussage bestrafen

Der 20-Jährige selbst hatte zum Auftakt des Prozesses Ende Mai zunächst ein weitgehendes Geständnis abgelegt, wonach er dem Getöteten eine Lektion habe erteilen wollen. Hintergrund war demnach ein Krach der jungen Männer um ein Darlehen von 6.000 Euro, welches der später Getötete dem Angeklagten zum Kauf eines Mopeds zugesagt, aber nie gezahlt habe.

Zuletzt korrigierte der unscheinbare Mann auf der Anklagebank dann aber überraschend einige Details seines ersten Geständnisses: Entgegen seiner ersten Version, wonach er Daniel P. ein Bein gestellt haben will und er in den Wasserschacht gefallen sei, gab er nun an, er habe ihn bewusst drei Meter in die Tiefe gestoßen und belastete sich insofern mehr als vorher.

Als Motiv dafür, ihn bestrafen zu wollen, nannte er seine Wut darüber, dass Daniel P. ihn sexuell ausgenutzt haben soll. Demnach habe er ihn mit der Aussicht auf die 6.000 Euro Darlehen geködert, obwohl er über die angebliche Erbschaft nie verfügte, so der Angeklagte.

Urteil voraussichtlich am 9. September

Während sich die Nebenklägervertreter der Staatsanwaltschaft anschlossen, plädierte Verteidiger Dr. Malte Heise auf ein milderes Strafmaß von achteinhalb Jahren Haft für seinen jungen Mandanten. Lediglich das Mordmerkmal der Heimtücke sei erfüllt, argumentierte der Rechtsanwalt.

Die Jugendgerichtshilfe hatte bereits zuvor die Anwendung des milderen Jugendstrafrechts empfohlen, da Kevin R. noch immer erhebliche Reifedefizite aufweise. Er sei ein junger Mann mit schwieriger Biografie, der sich vor allem in der Opferrolle sehe und die Schuld bei Problemen eher im Außen suche, so hieß es. Selbst als er wegen dringenden Mordverdachts in Untersuchungshaft musste, habe er den Ernst seiner Situation nicht wahrhaben wollen.

Dem 20-Jährigen selbst steht noch das letzte Wort zu, ehe die 3. Strafkammer ihr Urteil verkünden wird. Am 9. September soll es nach jetzigem Stand so weit sein.

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