Unter großem medialen Interesse begann am Dienstagmorgen um 9:30 Uhr der Strafprozess gegen die Sängerin Melanie Müller vor dem Amtsgericht Leipzig. Die Staatsanwaltschaft legt der 36-Jährigen das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen sowie unerlaubten Betäubungsmittelbesitz zur Last.
Nach Überzeugung der Anklagebehörde soll sie bei einem Oktoberfest des Leipziger Motorradclubs „Rowdys Eastside“ Mitte September 2022 den verbotenen „Hitlergruß“ gezeigt haben. Veranstaltungsort soll das frühere KZ-Außenlager HASAG in Schönefeld gewesen sein. Mit den Worten „Wenn hier was veröffentlicht wird, verliere ich meinen Job“ habe Melanie Müller das Publikum vorab noch vor Video- und Fotoaufnahmen gewarnt. Sollte es so gewesen sein, dann vergebens: Bilder des Auftritts mit dem rechten Arm kursierten kurze Zeit später in der Öffentlichkeit.
Müller wies die Vorwürfe schon kurz nach deren Publikwerdung zurück: Sie habe mit ihrer auf Video dokumentierten Geste das Publikum anheizen wollen, wie schon so oft geschehen. Mit Nationalismus und rechtsradikalem Gedankengut habe sie überhaupt nichts zu tun und distanziere sich auf das Schärfste, so die Beteuerung der zweifachen Mutter.
Der Prozessbeginn war ursprünglich bereits für Juni angesetzt und dann zweimal verschoben worden, nachdem Müller kurzfristig Atteste vorgelegt hatte. Zuletzt hatte sie erklärt, dass ihr die Anreise mit dem Flugzeug von Mallorca aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich sei. Dennoch soll sie weiterhin Auftritte auf der beliebten Ferieninsel gehabt haben.
Müllers Anwalt weist Vorwürfe bei Auftakterklärung im Amtsgericht vehement zurück
Auch am Dienstagmorgen wiederholte Müllers Verteidiger Adrian Stahl in ausführlichen Erklärungen, dass seine Mandantin die Vorwürfe zurückweise und rein gar nichts mit rechtsradikalem Gedankengut zu tun habe. Zudem sei ihr ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden durch fehlende Auftritte entstanden.
Ein weiterer Anklagepunkt bezieht sich auf den Fund einer geringen Menge Kokain und Ecstasy, die Ermittler bei einer Razzia in Müllers Wohnhaus in Leipzig-Wahren vor rund einem Jahr konfisziert hatten. Hier erklärte der Verteidiger, die Tasche mit den Betäubungsmitteln habe einer Freundin seiner Mandantin gehört.
Müller äußerte sich nicht persönlich zur Anklage der Staatsanwaltschaft und ließ das Blitzlicht der Presse kommentarlos über sich ergehen, ebenso die zur Beweisaufnahme abgespielten Videos und Sprachnachrichten. In letzteren zeigt sich Müller zerknirscht über den Auftritt: „Das war wie so ein Loch im Kopf“ und „Ich habe das echt nicht geschnallt“, heißt es darin beispielsweise, auch mit Blick auf „Sieg Heil“-Rufe aus dem Publikum. Ihr Anwalt erklärte dazu, dass sie die Umgebungsgeräusche wegen ihrer In-Ear-Kopfhörer zunächst nicht wahrgenommen und den Auftritt ja später abgebrochen habe.
Davon abgesehen habe Müller mit der strittigen Armbewegung eine normale Geste in Verbindung mit dem Ruf „Zickezacke, zickezacke, hoi, hoi, hoi“ vollführt.
Aus Sicht der Anklagebehörde, der seitens der Verteidigung Mutmaßung vorgeworfen wird, müsse der Vorgang dagegen verfolgt werden: Es sei nachvollziehbar, dass sich Müller gegen Vorwürfe einer rechtsradikalen Gesinnung wehre. Ein sogenannter Hitlergruß aber sei unabhängig vom Weltbild und Kontext strafbar, die Beweisaufnahme müsse ergeben, ob sich dies im konkreten Fall so bewahrheite, stellte Staatsanwalt Thomas Schmelzer klar.
Der Prozesstag endete am Dienstagmittag mit einer Vertagung. Amtsrichter Lucas Findeisen hat einen Fortsetzungstermin für den 13. August angesetzt.
In einem nicht-öffentlichen Rechtsgespräch erklärte der Staatsanwalt zuvor, dass er sich eine teilweise Einstellung des Verfahrens mit Bezug auf die Ecstasy-Tablette vorstellen könne. Zum nächsten Verhandlungstermin in zwei Wochen ist nach jetzigem Stand die Vernehmung einer Zeugin aus Müllers Freundeskreis geplant, auch könnte dann schon das Urteil verkündet werden. Weder die Angeklagte noch ihr Anwalt wollten der Presse gegenüber weitere Statements abgeben.
Die 36-jährige Melanie Müller wurde in Oschatz geboren und wuchs teils in Grimma auf. Bekanntheit erlangte sie 2014 durch den Sieg in der achten Staffel des „Dschungelcamps“, außerdem siegte sie 2021 in der neunten Staffel von „Promi Big Brother“. Sie ist seit Jahren als Darstellerin von Formaten des Reality-TV bekannt, zudem tritt sie als Schlagersängerin unter anderem auf Mallorca auf. In Nebenrollen war sie jeweils auch im Kinofilm „Der schwarze Nazi“ sowie in einer Folge der ZDF-Erfolgsreihe „Soko Leipzig“ zu sehen.
Hinweis: Dieser Text wurde zwischenzeitlich mehrfach aktualisiert.
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