Zwei Brüder wollen einen kostspieligen Einbruch bei ihrer Mutter rächen und das Geld zurück, deswegen entführen, bedrohen und verletzen sie denjenigen, den sie für den Täter halten: So sollen es die 24-jährigen Marvin L. und Marcel L. im Januar gemeinsam mit einem Kumpel in die Tat umgesetzt haben, glaubt die Staatsanwaltschaft. Unter anderem wegen erpresserischen Menschenraubs stehen die drei Männer jetzt vor dem Landgericht Leipzig.

Ein Safe samt 13.000 Euro Bargeld wurde ihrer Mutter in Grünau bei einem Einbruch entwendet – und das konnte man nicht auf sich sitzen lassen: So soll die aberwitzige Geschichte am 26. Januar 2024 ihren Anfang genommen haben, wenn man der Anklageschrift folgen mag. Weil die 24-jährigen Brüder Marvin L. und Marcel L. den dreisten Dieb in ihrem eigenen Umfeld verorteten, hätten sie den verdächtigten Bekannten Klaus P. (22, Name geändert) am 27. Januar in eine Falle gelockt. Unter dem harmlosen Vorwand, sich auf ein Bier zu treffen, traf man sich dann in der Lützner Straße, so die Ermittlungen.

Brutale Angriffe

Dabei sei auch Max B. (27) gewesen, den Marcel L. als Verstärkung dazugeholt haben soll. Zunächst habe man mit dem späteren Opfer gemeinsam gebechert, Bier und Schnaps. Dass das Trio jedoch keine freundliche Absicht hegte, dürfte Klaus P. spätestens gedämmert haben, als die mutmaßlichen Täter ihn der Anklage zufolge plötzlich bedrohten, auf ihn einschlugen und Geld forderten. Klaus P. sei mit Alu-Baseballschlägern, einer Flasche und Fäusten traktiert worden, zudem hätten die Peiniger auf seine Oberschenkel eingestochen, so heißt es.

Schließlich habe man ihm zwei EC-Karten, das Samsung-Smartphone und zehn Euro Bargeld abgenommen. Ein Kumpel, der den Geschädigten begleitete, sei heftig eingeschüchtert worden, bloß nicht die Polizei einzuschalten.

Opfer griff zum Messer und Entführer traten die Flucht an

Mit dem geknebelten Opfer auf der Rückbank im Auto sei das Trio dann zunächst zu einem Bekannten von Klaus P. unweit vom Kulkwitzer See gefahren, in der Hoffnung, von ihm die verlorenen 13.000 Euro erpressen zu können. Weil der kühne Plan misslang, da der Mann angab, nicht genügend Geld zu haben, seien die Täter am Morgen des 28. Januar kurz nach 1 schließlich mit dem wehrlosen Klaus P. in der Wohnung von dessen Mutter in Grünau aufgeschlagen. Zuvor soll der Geschädigte mit den Worten bedroht worden sein: „Das ist deine letzte Chance, sonst zerstückeln wir dich im Auwald.“

Die unfreiwillige Odyssee des 22-jährigen Klaus P. endete dann schließlich auch in der Wohnung seiner Mutter in Grünau: Die 42-Jährige, deren Partner ebenfalls anwesend gar, war laut Anklage durch den Anblick der bewaffneten Eindringlinge und ihres gefesselten Kindes derart aufgebracht, dass Klaus P. die Fesseln gelöst wurden, damit er seine Mutter beruhigen könne. Auch sei dieser ein Ultimatum von zwei Tagen gestellt worden, die 13.000 Euro zu besorgen und zu übergeben.

Klaus P. jedoch, der stets bestritt, mit dem Einbruch etwas zu tun zu haben, griff nach Kenntnissen der Behörden nach Lösung seiner Fesseln spontan zu einem Messer. Die Angeklagten traten demnach kurz darauf die Flucht an, da die Polizei bereits auf dem Weg war.

Verhandlungstermine bis Mitte August

Zum Prozessauftakt am Freitag im Landgericht wurde nur die Anklageschrift verlesen. Den mutmaßlichen Tätern, von denen derzeit zwei in Untersuchungshaft sitzen, droht bei einem Schuldspruch jahrelanger Freiheitsentzug. Die Anklage lautet unter anderem auf besonders schwere räuberische Erpressung, Bedrohung, gefährliche Körperverletzung und erpresserischen Menschenraub.

Mindestens einer der drei soll dem Vernehmen nach auch bereit sein, sich zu den Tatvorwürfen zu äußern. Die Gelegenheit dazu kommt zur Fortsetzung des Verfahrens am Dienstag. Klaus P. und seine Mutter treten im Verfahren als Nebenkläger auf.

Die 5. Strafkammer hat zur Aufklärung der Sachlage fünf weitere Termine bis 14. August angesetzt.

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