Antifaschist*innen aus Ostdeutschland sollen vor einem Jahr in Budapest mehrere Neonazis brutal überfallen haben. Eine*r der Beschuldigten nennt sich Maja und wurde im Dezember in Berlin festgenommen. Am heutigen Freitag, dem 28. Juni, wurde die nicht-binäre Person nach Ungarn ausgeliefert – obwohl das Bundesverfassungsgericht genau das nach einem Eilantrag untersagt hat. Bereits am morgigen Samstag ist in Leipzig eine Demonstration geplant.
Maja befand sich seit Dezember in der JVA Dresden. Der Anwalt der Person hatte Widerspruch gegen eine Auslieferung nach Ungarn eingelegt. Als queere Person müsse Maja mit Menschenrechtsverletzungen rechnen; zudem sei in Ungarn kein faires Verfahren zu erwarten – so die Argumentation. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hingegen hatte beantragt, die Auslieferung für zulässig zu erklären.
Dem folgte am Donnerstag das Kammergericht Berlin. Laut Generalstaatsanwaltschaft begründete es seine Entscheidung unter anderem damit, dass staatliche Eingriffe in die richterliche Unabhängigkeit in Ungarn „nicht ersichtlich“ seien. Die dortigen Behörden hätten zudem „menschenrechtskonforme Haftbedingungen zugesichert“.
Auslieferung beginnt noch in der Nacht
Die deutschen Behörden schafften daraufhin schnell Tatsachen. Noch in der Nacht von Donnerstag auf Freitag holten sie Maja aus der JVA Dresden ab. Anschließend wurde die Person an die österreichischen Behörden übergeben. Laut Majas Anwalt waren die zuständigen Behörden darüber informiert, dass es einen Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht geben soll – die Auslieferung wurde trotzdem fortgesetzt.
Kurz vor 11 Uhr fasste das Bundesverfassungsgericht den Beschluss, die Übergabe an die ungarischen Behörden einstweilen zu untersagen. Doch das war zu diesem Zeitpunkt bereits geschehen. Laut Gericht informierte die Generalstaatsanwaltschaft Berlin rund eine Stunde später darüber, dass die Übergabe bereits um 10 Uhr stattgefunden habe. Die Behörde ist nun aufgefordert, Maja vorerst nach Deutschland zurückzuholen. Ob das passieren wird, ist unklar.
Kritik vor allem aus der Linkspartei
Sowohl auf die Entscheidung des Berliner Kammergerichts als auch auf die schnelle Auslieferung folgten empörte Reaktionen. Die sächsische Landtagsabgeordnete Juliane Nagel (Linke) teilte mit: „Ungarn hält rechtsstaatliche Standards nicht ein, weshalb die EU Gelder in Milliardenhöhe eingefroren hat. Dass Deutschland einen non-binären Menschen an dieses Land ausliefert, ist ein Skandal.“
Es sei zudem „eines demokratischen Rechtsstaates unwürdig“, dass der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts nicht abgewartet wurde. Nagel verweist auch darauf, dass Italien erst kürzlich in einem ähnlichen Fall eine Auslieferung verweigert hatte. Gericht und Generalstaatsanwaltschaft hatten Bedenken hinsichtlich Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten in Ungarn.
Auch Martin Schirdewan und Carola Rackete, die beiden Spitzenkandidat*innen für die Linkspartei bei der Europawahl, solidarisierten sich auf X (ehemals Twitter) mit Maja. Kritik an dem Prozedere kam auch von Katharina König-Preuss, Sprecherin für Antifaschismus in der Linksfraktion des thüringischen Landtags, und Madeleine Henfling, Spitzenkandidatin der Grünen bei der kommenden Landtagswahl in Thüringen.
Demo in Leipzig am Samstag um 15 Uhr
In Hamburg und Berlin sind bereits für Freitagabend erste Solidaritäts-Demonstrationen angekündigt. In Leipzig und Dresden soll es am Samstag weitere Demos geben. Wo genau die Demonstration in Leipzig stattfinden soll, ist noch nicht bekannt. Aktuell ist ein Start um 15 Uhr geplant.
Schon im Februar hatten in Leipzig mehrere hundert Menschen gegen die Auslieferung von Antifaschist*innen nach Ungarn protestiert.
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