Dramatische Szenen spielten sich Ende Oktober 2023 in einer Grünauer Wohnung ab. Mehr als ein halbes Jahr danach steht seit heute ein 29-jähriger Mann vor Gericht: Er soll laut Anklage in einer Wohnung in der Jupiterstraße den mutmaßlichen Liebhaber seiner früheren Partnerin mit einem Messer brutal attackiert haben. Die Anklage geht von versuchtem Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung aus.
Der erschreckende Vorfall trug sich am 25. Oktober des vergangenen Jahres kurz nach Mitternacht zu: Gegen 0:15 Uhr habe Ahmed S. die Wohnungstür seiner mehrjährigen Partnerin Maren B. (Name geändert) aufgehebelt, sei in die Küche gegangen und habe dort auf einen zwei Jahre jüngeren Mann mit einem Messer eingestochen – dem vermutlichen, neuen Partner seiner Freundin. Dieser erlitt durch den brutalen Angriff Verletzungen an Rücken und Oberkörper, musste umgehend versorgt und in einer Klinik operiert werden.
Der Geschädigte habe mit keiner Attacke gerechnet, sei völlig arg- und wehrlos gewesen, warf Staatsanwalt Torsten Naumann dem Angeklagten zum Prozessbeginn vor.
„Wir waren wie Brüder“
Glück im Unglück: Das 27-jährige Angriffsopfer konnte dem Angreifer nach Ermittler-Kenntnissen das Messer abnehmen und aus der Wohnung zum Gelände eines Einkaufszentrums an der Kiewer Straße fliehen. Das schockierende Tatmotiv: Ahmed S. habe eine eigenständige Lebensgestaltung seiner früheren Partnerin, mit der er zwei Töchter (geboren 2017 und 2019) hatte, nicht akzeptiert und dies durch die Tötung ihres Freundes demonstrieren wollen.
Der Angeklagte jedoch widersprach dieser Version. In einer längeren Erklärung, die sein Anwalt Markus Czempik zum Prozessauftakt vortrug, hieß es, dass der schwer verletzte Mann eigentlich seit mehreren Jahren ein guter Kumpel für ihn gewesen sei: „Wir waren wie Brüder“, sagte Ahmed S. über den Geschädigten. Gelegentlich habe der früher auch bei ihm übernachtet, die Entwicklung seiner beiden kleinen Töchter aus nächster Nähe miterlebt.
Heftiger Kampf und Messerstiche
Ursprünglich habe er auch nur geplant, in der Wohnung von Maren B. sein Handy aufzuladen, führte der Iraker vor dem Schwurgericht weiter aus, sei aber mit dieser Bitte im Vorfeld abgeblitzt. Zuvor hatte Ahmed S. die Wohnung in der Jupiterstraße jahrelang mit bewohnt. Im Laufe der Zeit aber hätten Auseinanderentwicklung, Streit und Gewalt in der Partnerschaft mit Maren B. immer mehr überhandgenommen. Seit April 2023 gab es gegen Ahmed S. gar ein Kontaktverbot durch das Amtsgericht. Er jedoch erklärte, dass nie eine Trennung ausgesprochen worden sei und die Beziehung weiterbestanden haben soll.
In der Tatnacht sei er nach dem Eindringen in die Wohnung auf seinen alten Kumpel getroffen, der ihn zuerst geschlagen habe. „Da habe ich zurückgeschlagen“, so der Angeklagte. Es habe sich ein Kampf der zwei Männer entwickelt, der Geschädigte habe den Ruf „Hör auf, ich habe ein Messer!“ ignoriert. Einmal will er zugestochen haben, während ein zweiter Stich in den Rückenbereich während des Gerangels ohne Absicht passiert sei.
Verfolgung bis zum Parkplatz
Auch Maren B. und eine der Töchter wurden durch die nächtliche Auseinandersetzung offenbar wach. Nachdem sein verletzter Kontrahent sich abgesetzt hatte, habe er diesen bis zum Parkplatz verfolgt, sei aber seiner Aufforderung „Komm her!“ nicht gefolgt, erklärte Ahmed S. schließlich. Der Geschädigte habe sich in den Tagen nach dem Geschehen via Chat noch mit Smileys gemeldet. „Ich habe ihn aber geblockt“, so der Angeklagte, der aktuell in U-Haft sitzt. Auch zu Maren B. habe er keinen Montakt mehr.
Die 16. Strafkammer unter Vorsitz von Richterin Antje Schiller hat zur Aufklärung der Tatvorwürfe noch sieben Verhandlungstage bis 19. Juni geplant. Auch das Opfer sowie Maren B. sollten noch am Dienstag im Zeugenstand aussagen.
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