Schockierende Vorwürfe treffen einen 47 Jahre alten Mann, der sich seit Donnerstag vor dem Leipziger Landgericht zu verantworten hat: Die Anklage wirft ihm vor, im vergangenen November eine junge Frau in einer Leipziger Wohnung verletzt, zum Drogenkonsum gezwungen und vergewaltigt zu haben – und dies im Wissen, dass er selbst mit dem HI-Virus infiziert ist.
Es sind Tatvorwürfe, die fassungslos machen. Folgt man der Anklageschrift, die Staatsanwältin Yvonne Kobelt am Donnerstagmorgen im Leipziger Landgericht vortrug, dann spielte sich am 3. November 2023 in Leipzig-Schönefeld ein schweres Verbrechen ab. An jenem Freitagabend gegen 19 Uhr soll der jetzt Angeklagte eine 29-jährige Frau unter einem Vorwand mit in eine Wohnung in die Volksgartenstraße genommen haben.
Vergewaltigung im Wissen um eigene HIV-Infektion?
Dort angekommen, habe der 47-Jährige sie ins Wohnzimmer gezerrt, zur Couch gestoßen und eine „kristalline Substanz“ auf dem Tisch ausgebreitet, bei der es sich um Crystal gehandelt haben könnte. Seine Aufforderung, sich die Substanz mithilfe eines zusammengerollten 5-Euro-Scheins in die Nase zu ziehen, habe die Geschädigte deutlich abgelehnt.
Ihren Versuch, die Wohnung zu verlassen, habe der Angeklagte dann jedoch unterbunden, indem er sie zurück auf das Sofa stieß, ihr trotz eines klaren „Neins!“ an den Hals gegriffen und sie zu küssen versucht habe. Dabei sei er auch laut geworden, habe dem Opfer unter anderem auf die Lippen gebissen und erhebliche Schmerzen verursacht.
Anschließend habe er den Kopf der Frau auf die Tischplatte gedrückt und sie nochmals zur Einnahme der weißen Substanz aufgefordert, was die 29-Jährige aus Angst vor weiteren Aggressionen auch umgesetzt habe. Dabei sei es dem Angeklagten darauf angekommen, sich das Opfer gefügig zu machen und Abwehrreaktionen zu unterbinden, heißt es seitens der Anklage.
Schließlich soll der Angeklagte die junge Frau, nachdem er sie weiter beißend geküsst hatte, am Kragen ihrer Bluse auf das Bett im Raum gezerrt und sie am Ende ungeachtet ihrer Gegenwehr brutal vergewaltigt haben. Dies habe er im vollen Wissen getan, mit dem unheilbaren HI-Virus (umgangssprachlich auch: HIV) infiziert zu sein, dessen Übertragung insbesondere durch ungeschützten Geschlechtsverkehr möglich ist. Unbehandelt kann die Ansteckung zu AIDS führen.
Bei der 29-Jährigen kam es letztlich zu keiner Infektion – jedoch habe sie durch die Gewalttat in körperlicher Hinsicht Schmerzen am Mund, diverse Blutungen und eine Hautrötung erlitten. Dies habe der Angeklagte billigend in Kauf genommen, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft.
Angeklagter schweigt, Prozess teils hinter verschlossener Tür
Tatort der Vergewaltigung soll laut Ermittlungsbehörden die Wohnung der Freundin des Angeklagten gewesen sein. Der bislang nicht vorbestrafte Mann selbst hat sich nach seiner Verhaftung am 4. November 2023 nicht zur Sache geäußert und wird dieses Recht auch im Prozess wahrnehmen: „Mein Mandant will schweigen“, so seine Verteidigerin Andrea Liebscher.
Das mutmaßliche Vergewaltigungsopfer selbst sollte bereits am Donnerstag die Zeugenaussage vor Gericht tätigen. Auf Antrag seiner Anwältin wurde die Öffentlichkeit hierfür sowie weitere Teile des Prozesses ausgeschlossen: Da zwangsläufig viele Details aus der Privat- und Intimsphäre der jungen Frau zur Sprache kommen, müsse sie besonders geschützt werden und das Informationsinteresse der Öffentlichkeit zurücktreten, sagte der Kammervorsitzende Dr. Andreas Stadler.
Der Angeklagte lebt seit einigen Jahren in Deutschland und ist nach eigener Angabe dreifacher Vater. Aktuell befindet er sich weiterhin in Untersuchungshaft. Bei einem Schuldspruch wegen schwerer Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung drohen ihm Jahre hinter Gittern. Das Gericht hat zur Aufklärung der Tatvorwürfe noch vier Prozesstermine bis 12. Juni eingeplant.
Keine Kommentare bisher