Am 14. März wird der Prozess gegen den früheren Leipziger Stadtrat und Ex-NPD-Funktionär Enrico B. wegen der vorgeworfenen Gründung und Mitgliedschaft des Verlags „Der Schelm“ beginnen. Das teilte das Oberlandesgericht (OLG) Dresden am vergangenen Mittwoch mit. Vorgeworfen werden neben B. sowie auch seinen zwei mutmaßlichen Mitstreitern Annemarie K. und Matthias B. die Gründung und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung – der in Leipzig wohlbekannte Paragraf 129.
Der Kopf soll der international gesuchte Holocaustleugner und Rechtsextremist Adrian Preißinger sein. Von ihm fehlt wohl seit längerer Zeit jede Spur.
Vorwurf: Volksverhetzung im großen Stil
Schon 2016 berichtete die Leipziger Zeitung (LZ) erstmals darüber, dass unter dem Dach des „Schelms“ offenbar rechtsradikale und antisemitische Werke wie „Mein Kampf“ von Adolf Hitler, „Judas der Weltfeind“ oder „Das Buch Isidor“ vom ehemaligen Reichspropagandaminister Joseph Goebbels verkauft wurden. 2020 verfolgten NDR-Reporter die Spur bis nach Leipzig.
Im Dezember 2020 meldete die Soko Rex des LKA Sachsen Razzien in Lagerräumen und Wohnungen in und bei Leipzig, bei denen die entsprechenden volksverhetzenden Werke sichergestellt wurden. Im Juni 2022 ließ die Staatsanwaltschaft B. schließlich festnehmen. 2023 folgte die Anklage.
Der Umsatz des Schelms habe sich laut OLG Dresden zwischen 2018 und 2020 auf über 800.000,00 € belaufen. Bei der Razzia im Dezember 2020 waren weitere Druckerzeugnisse mit überwiegend volksverhetzendem Inhalt mit einem Verkaufswert von mehr als 900.000,00 € aufgefunden und sichergestellt worden. Die Angeklagten sollen für Vertrieb und Lagertätigkeit verantwortlich gewesen sein, ihr Verlag auf Volksverhetzung ausgerichtet.
Langes Vorstrafenregister
Bisher war der heute 41-jährige Enrico B. als Dauergast vor Gericht meist mit einem blauen Auge davon gekommen. Er musste sich in den vergangenen Jahren unter anderem wegen Körperverletzungsdelikten, Diebstahls und Beleidigung als Angeklagter verantworten.
Zuletzt wegen falscher eidesstattlicher Versicherung in einem Streit zwischen der Linken-Abgeordneten Juliane Nagel und dem rechtsradikalen „Compact“-Magazin. Auch hier lief es auf eine Geldstrafe hinaus. 21 Einträge zählte Ende 2022 B.s Vorstrafenregister.
Für die geplante Verhandlung am OLG Dresden sind vorerst neun Prozesstermine bis Mitte April angesetzt worden.
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