Nach längerer Pause wird der Prozess gegen den Musiker und Schauspieler Gil Ofarim vor dem Landgericht Leipzig ab Dienstag, dem 28. November bis einschließlich Donnerstag fortgesetzt. Laut Staatsanwaltschaft soll der 41-Jährige einen Manager des Hotels Westin in Leipzig vor mehr als zwei Jahren wahrheitswidrig einer antisemitischen Beleidigung bezichtigt haben. Dazu kommt der Vorwurf falscher Angaben bei presserechtlichen Auseinandersetzungen. Vorab beantworten wir kompakt ein paar wichtige Fragen zum Stand der Dinge.
Wie ist der aktuelle Verfahrensstand nach fünf Tagen?
Von den zehn bisher angesetzten Prozesstagen wurden seit 7. November fünf verhandelt und bereits eine Vielzahl von Zeugen gehört. Darunter befinden sich der von Ofarim bezichtigte Hotelmanager selbst, der Nebenkläger im Prozess ist und die Vorwürfe zurückweist. Dazu kamen Ofarims frühere Managerin und Hotelgäste, die am Abend des 4. Oktober 2021 im Foyer vom Westin zugegen waren.
Hier soll es laut Angaben seines Instagram-Videos, das nach Veröffentlichung am 5. Oktober 2021 weite Kreise gezogen hatte, zum Zuruf „Pack deinen Stern ein!“ gekommen sein, der dann vom Empfangschef am Schalter wiederholt worden sei: Ofarim dürfe einchecken, wenn er seine Kette mit Davidstern einpacke, so legte es das Video nahe.
Von den Zeuginnen und Zeugen hat zumindest bislang niemand ausdrücklich bestätigen können, dass es tatsächlich solch eine antisemitische Entgleisung gegen Ofarim in der Hotellobby gegeben hat. Eine Zeugin war sich sogar kurz nach dem Vorfall sicher, dass nichts von den Vorwürfen stimme: Ofarim habe gepöbelt, schrieb sie damals an eine Kollegin.
Richtig ist aber auch, dass die potenziellen Zeugen alle in unterschiedlichen Entfernungen standen und nicht alles gleichermaßen mitbekommen konnten. Dazu sind Wahrnehmung und Erinnerung generell unterschiedlich und, zumal nach langer Zeit, nicht immer belastbar, könnte man einwenden. Die Frage, was tatsächlich geschah, bleibt damit weiter offen.
Was sagen die Überwachungskameras aus?
Der Digitalforensiker Prof. Dirk Labudde von der HS Mittweida hat die Aufnahmen der Überwachungskameras im Westin im Detail analysiert und ein Gutachten dazu erstellt. Zentrale Fragen dabei sind die Sichtbarkeit der Kette mit Davidstern und ob sich aus den tonlosen Sequenzen ein Ablauf nachvollziehen lässt, der Ofarims Version stützen könnte, wonach es einen Zuruf „Pack deinen Stern ein!“ gegeben hat.
Für den letzten Punkt lägen keine Anzeichen vor, so Labuddes bisheriger Befund, ausschließen ließe es sich aber auch nicht. Hier stößt die Möglichkeit des Forensikers schlicht an ihre Grenzen, weil es eben keine Tonaufnahmen gibt, zudem standen viele Hotelgäste mit dem Rücken zu den Kameras und trugen dazu wegen der Corona-Pandemie Masken. All das schränkt die Möglichkeit stark ein, die zweite Frage fundiert zu beantworten.
Klarer ist aus Sicht des 57-jährigen Gutachters, dass Ofarim seine Kette nicht sichtbar trug, während er im Hotel war. Auf den Videobildern ist sie erst ab der Zeit 19:46:04 zu erkennen: Da befand sich Ofarim schon wieder vor dem Westin und nahm Minuten später das viral gegangene Instagram-Video mit den Vorwürfen auf.
Ofarims Verteidigung argumentiert gleichwohl schon jetzt, dass es auf den tatsächlichen Wortwechsel mit dem Manager (und damit eine mögliche Beleidigung) ankomme und nicht das Tragen der Kette. An diese will sich im Hotel selbst bis jetzt nur ein Zeuge erinnern.
Wie blickt Ofarim selbst auf das Verfahren?
„Er ist schon sehr niedergeschlagen“, sagte Alexander Stevens, einer von Ofarims Verteidigern, gegenüber der LZ. Immerhin stehe und falle seine weitere Laufbahn mit dem Ausgang des Prozesses. Generell wirkt der Angeklagte auch während der Gerichtsverhandlung sehr ernsthaft und fokussiert, Desinteresse ist nicht erkennbar.
Er tauscht sich immer wieder mit seinen Anwälten aus und verfolgt es sehr aufmerksam, wenn Bilder etwa der Überwachungskameras im Gerichtssaal an die Leinwand projiziert werden. Grundsätzlich bleibt Ofarim bei seiner Version des Geschehens, hat sich bisher im Prozess aber nicht zu den Vorwürfen der Verleumdung und falschen Verdächtigung geäußert.
Wie ist das Interesse der Öffentlichkeit?
Das Interesse von Öffentlichkeit und Medien am Prozess ist ungebrochen groß, wenn auch der erste Hype vom Auftakt etwas abgeflaut ist: Da hatten sich Kamerateams und Fotografen im Saal 115 des Landgerichts um die Plätze gedrängelt und es flackerte minutenlanges Blitzlichtgewitter, als Ofarim mit seinen Anwälten hereinkam. Die ersten Personen stellten sich schon mehr als drei Stunden vor offiziellem Start am Gerichtsgebäude an.
Doch auch jetzt sind die insgesamt 85 Plätze im Zuschauerbereich für Besucher und Journalisten an den Verhandlungstagen weiter gut gefüllt.
Neben Medienvertretern verfolgen auch andere den Prozess: Gerichtsgänger, Jurastudenten oder einfach die am konkreten Sachverhalt Interessierten. Der „Fall Ofarim“ habe Leipzig enormen Schaden beschert und müsse umfassend aufgeklärt werden, meint eine private Beobachterin am Rand des Prozesses.
Wie geht der Prozess weiter?
Es bleibt abzuwarten, in welche Richtung sich das Verfahren weiter entwickelt. Eine ganze Reihe von Zeugen steht jetzt noch ungehört auf dem Programm, darunter Hotelangestellte, Gäste und Hoteldirektor Andreas Hachmeister, der planmäßig für Dienstag geladen ist. Obendrein sollen auch die Sängerin Jeanette Biedermann und ihr Ehemann morgen in den Zeugenstand treten: Biedermann sei nicht im Hotel gewesen, habe aber wenig später mit Ofarim Kontakt gehabt.
Dann ist auch das Gutachten von Prof. Labudde zu den Überwachungskameras noch nicht fertig referiert, der Forensiker soll am 6. Dezember ein weiteres Mal aussagen und Fragen dazu beantworten. Ofarims Verteidiger meldeten zuletzt den Anfangsverdacht einer möglichen Manipulation des Videomaterials an, da auf einer Sequenz aus dem Barbereich des Hotels offenbar zwei Sekunden fehlen, während sich Ofarim nebenan im Foyer aufhielt.
Bisher sind für das Verfahren Termine bis 7. Dezember angesetzt worden. Dass neue geplant werden müssen, beispielsweise wegen weiterer Beweisanträge, und der Prozess länger dauert, scheint jedoch durchaus denkbar.
Wie ist die Stimmung im Prozess selbst?
Generell ist die Stimmung im Prozess, auch wenn Ofarims Anwälte erklärtermaßen einen Freispruch anstreben und insofern eine harte Konfliktverteidigung zu erwarten war, nicht außerordentlich spannungsgeladen. Trotz allem kam es zuletzt immer wieder zu einigen Debatten, etwa was Details der Videos aus dem Westin betrifft.
Ferner gab es Situationskomik oder auch Überraschungsmomente: etwa, als die Verteidigung von einem scharfen Kreuzverhör des Hotelmanagers absah, obwohl sie seine Aussagen für nicht glaubhaft erachtet. Einen Antrag, den Belastungszeugen unter Eid zu nehmen, lehnte die Kammer ab.
Auch deren Vorsitzender Andreas Stadler trägt zur Entspannung bei, indem er schwierige Situationen immer wieder mit Humor überbrückt – beispielsweise, als es am ersten Prozesstag mehrfach zu heftigen Problemen mit der Mikrofontechnik im Saal kam.
Für das Verfahren am Landgericht waren auch die Sicherheitsmaßnahmen durch Extra-Besucherkontrollen und Wachpersonal erhöht worden, was bislang ohne Reibungen zu funktionieren scheint.
Es gibt 3 Kommentare
Der ganze Vorgang hat im Gegensatz zu den Privatverfehlung Friedmann /Koks/Prostituierten nicht nur eine moralische Dimension sondern ist hochpolitisch, zumal sich der Zentralrat der Juden in Deutschland zu dieser Lüge schon dahingehend geäussert hat.
Topnachricht eben: “Gil Ofarim legt Lügengeständnis ab”
Jetzt kann er nur noch in Nachtbars verkleidet jobben. Selbst das Land seiner Väter wird ihn nicht mehr aufnehmen…