Sie sollen zentraler Teil eines rechtsextremen und kriminellen Netzwerks gewesen sein, mit Drogen gehandelt und Angst verbreitet haben: Seit Dienstag, dem 26. September, müssen sich Ralf N. (67) sowie dessen Söhne Uwe N. (35) und Andreas N. (38) vor dem Leipziger Landgericht verantworten. Bei einer Razzia im Frühjahr waren vor Ort Rauschmittel, Waffen, teure Autos und eine größere Menge Bargeld konfisziert worden.
Alles war ganz anders, als es von Behörden, Medien und Öffentlichkeit angenommen wird – so ließe sich die Aussage zusammenfassen, die Ralf N. am Dienstag zum Prozessauftakt vor dem Leipziger Landgericht ins Mikrofon sprach. In ihrer Anklageschrift hatte Staatsanwältin Solveig Meinhardt dem 67-jährigen Fleischer aus Colditz sowie dessen Söhnen Uwe N. (35) und Andreas N. (38) zuvor den bandenmäßigen Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge angelastet.
Spätestens Mitte 2022 habe sich das Trio aus Vater und Söhnen gemeinsam zur Beschaffung und dem Verkauf von Drogen entschlossen, heißt es. Polizei und Zoll hatten bei einer Razzia im Frühjahr Crystal Meth im Wert von 500.000 Euro sichergestellt, dazu Waffen, Tausende von Cannabis-Pflanzen, teure Autos und 32.000 Euro Bargeld. Die drei Männer wanderten in Untersuchungshaft, sitzen seitdem in der JVA Leipzig ein.
Ralf N. übernimmt die Verantwortung und beteuert die Unschuld seiner Söhne
Laut Ralf N. habe er eine der von seiner Familie schon lange genutzten Hallen bei Colditz, in denen die Fahnder die Marihuanaplantage fanden, irgendwann vor Weihnachten 2022 an einen Interessenten vermietet. 12.000 Euro Mietkosten für sechs Monate seien vereinbart worden, er habe sich nichts dabei gedacht und weiterhin um seinen Holzhandel gekümmert. „Die Jungs waren manchmal dabei“, sagte Ralf N. mit Blick auf seine Söhne. Irgendwann habe er beim Blick durch einen Spalt zufällig mitbekommen, was in der angeblich für Autos genutzten Lagerhalle tatsächlich geschah, und den Mieter zur Rede gestellt. Es sei Streit entbrannt, der Mieter habe ihn angeherrscht, Ralf N. solle „das Maul halten.“ Den Namen der Person wollte Ralf N. nicht nennen.
Das bei der Durchsuchung in seinem Keller konfiszierte Crystal wiederum will Ralf N. für einen Dealer zunächst nur gelagert haben. Versuche, die Drogen zu verhökern, seien wegen der schlechten Qualität des Stoffs gescheitert. „Ich habe das Zeug nicht losgekriegt.“ Auch für die bei seinem älteren Sohn Andreas zusätzlich gefundenen 1,5 Kilo Crystal und die Waffen sei er selbst verantwortlich, so Ralf N. in seiner Erklärung am Dienstag. Das Rauschmittel habe er persönlich bei Andreas eingelagert, ohne dass er davon wusste.
Mit Uwe und Andreas habe er sicher mal am Telefon über das Thema geredet, aber sie hätten dem Vater klar signalisiert, dass sie nichts mit all dem zu schaffen haben wollten: „Vater, ich bin froh, dass ich meine Arbeit habe und dass ich mit dem Zeug nichts mehr zu tun habe, ich will nicht wieder in den Knast“, habe der jüngere Uwe gesagt. Der war bereits vor Jahren mit Crystal Meth aufgegriffen worden, musste in Haft.
Terror, Gewalt und ein Klima der Angst
Und nicht nur das. Wie ausführliche Recherchen des MDR nahelegen, sollen die N.s Teil eines Netzwerks gewesen sein, in dem sich Neonazismus mit Drogen- und Gewaltkriminalität verband. Politische Gegner, Zivilgesellschaft, Polizeibeamte und Menschen, die sich dem Treiben der Familie in den Weg stellten, wurden demnach Opfer von Terror, Einschüchterung und brutalen Angriffen. Oft genug habe es Protzereien mit einem teuren Lamborghini gegeben, der durch die Straßen brauste und mit dem die eigene Überlegenheit in der beschaulichen Kleinstadt bei Leipzig demonstriert wurde.
Hunderte Strafanzeigen gegen die N.s landeten über die Jahre bei der Polizei. Warum es nur selten rechtliche Konsequenzen gab und die Behörden erst spät eingriffen, ist mittlerweile Thema sogar im Dresdener Landtag. Bis heute wird vielfach von einem Klima der Angst in Colditz gesprochen, wo kaum jemand offen über das angenommene Netzwerk reden will, auch wenn die drei mutmaßlichen Drahtzieher seit ihrer Verhaftung erst einmal aus dem Verkehr gezogen sind.
Bezüge zum Rechtsextremismus sind allerdings nicht Thema des laufenden Verfahrens. Auch Rechtsanwalt Stephan Bonell, der den jüngsten Angeklagten Uwe N. vertritt, wollte sich zu dieser Frage gegenüber Medienvertretern nicht weiter äußern. Nach Angaben ihrer Verteidiger sind alle drei der Angeklagten zu einer Aussage bereit.
Der Prozess wird fortgesetzt. Die Strafkammer unter dem Vorsitzenden Dr. Andreas Stadler hat Verhandlungstage bis November anberaumt.
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