Für kommende Woche war eigentlich mit einem Urteil gerechnet worden. Doch nun ist der Strafprozess am Leipziger Landgericht gegen zwei Ukrainer überraschend geplatzt: Wegen kurzfristigen Ausfalls eines Verfahrensbeteiligten startet die Verhandlung in einigen Wochen noch einmal von vorn.
Nahezu jeden Tag werden im Grenzgebiet zu Polen derzeit Menschen aufgegriffen, die ihre Herkunftsländer verlassen haben und Zuflucht in Deutschland suchen. Seit dieser Woche Mittwoch musste sich ein aus der Ukraine stammendes Paar vor der 8. Strafkammer des Landgerichts unter anderem wegen Einschleusens von Ausländern verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft Volodymyr P. (37) und Irina K. (38) vor, Anfang Mai 2023 eine Gruppe von fünf geflüchteten Menschen nahe der Grenze zu Weißrussland abgeholt und über Polen per Auto illegal in die Bundesrepublik geschleust zu haben.
Laut Anklage sollte zusätzliches Geld erpresst werden
Doch unterwegs eskalierte die Situation offenbar, da Volodymyr P. laut Anklageschrift von den vier Eritreern und einem Jemeniten zusätzliches Geld für seine „Dienstleistung“ einforderte. Dabei sollen die Männer im Alter von 16 bis 41 Jahren vorab schon jeweils 1.300 Euro an unbekannte Hinterleute gezahlt haben, um nach Deutschland gebracht zu werden. Den beiden Angeklagten sei ein Anteil als Entlohnung zugesagt worden.
Bei einem Stopp des Renault auf deutschem Boden setzten sich vier der fünf geschmuggelten Personen dann ab – doch Volodymyr P. soll den verbliebenen Mann, einen Eritreer, festgehalten, bedroht, mit einem Messer verletzt und geschlagen haben, um von seinen Verwandten eine zusätzliche Zahlung als Lösegeld zu erpressen. Eine Überweisung sei aber ausgeblieben und das 25-jährige Opfer bis nach Leipzig kutschiert worden, wo man sich über Nacht in die Wohnung von Irina K. in Schönefeld einquartiert habe.
Am 6. Mai konnte der betroffene Mokonen T. durch Rufen und Klopfen auf seine Situation aufmerksam machen, die Polizei befreite den jungen Mann und nahm das mutmaßliche Schleuser-Pärchen fest.
Potenzielle Zeugen teils nicht greifbar
Die meisten der Geflüchteten aus der Fünfer-Gruppe sind heute unbekannten Aufenthalts und kommen als Zeugen nicht in Betracht. Beiden Angeklagten wurde nach einem Rechtsgespräch beim Prozessauftakt gegen ein glaubhaftes Geständnis ein deutlicher Strafrabatt in Aussicht gestellt.
Volodymyr P., der seit seiner Festnahme in Untersuchungshaft sitzt, ist neben des Schleuser-Vorwurfs auch wegen gefährlicher Körperverletzung, erpresserischen Menschenraubs und versuchter, schwerer räuberischer Erpressung angeklagt. Gegen das Duo bestehe nach wie vor ein dringender Tatverdacht, betonte der Vorsitzende Richter Rüdiger Harr am ersten Prozesstag.
Neustart des Prozesses im Oktober
Mit Spannung wurde nun für Freitag die Aussage des Opfers erwartet. Allerdings kamen mehrere Zeugen umsonst ins Landgericht, da eine am Verfahren beteiligte Person aus dem Spruchkörper kurzerhand ausfiel. Auch der für nächste Woche geplante Termin ist gestrichen.
Da sich die vorgeschriebene Frist von maximal drei Wochen Abstand zwischen zwei Verhandlungstagen nicht mehr einhalten ließ, muss das Verfahren jetzt noch einmal von vorn starten. Dafür wurden bereits der 16. und 17. Oktober festgelegt, womöglich werden die Verdächtigen dann auch eine Aussage zum Tatvorwurf machen.
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