Seit drei Jahren arbeitet Tobias Graber (Name geรคndert) bei der Spread Group (ehemals Spreadshirt). 2022 hatte er eine Lohnerhรถhung gefordert โ erfolglos. Stattdessen kritisierte das Unternehmen seine Arbeitsleistung und laut Graber auch die โArt und Weiseโ seines gewerkschaftlichen Engagements bei der Freien Arbeiter*innen Union (FAU). In einer Gรผteverhandlung scheiterte am Dienstag eine Einigung. Nun muss das Arbeitsgericht den Sachverhalt klรคren.
Graber, der jรผngst Vater geworden ist, hatte an der Grรผndung einer Betriebsgruppe der FAU bei der Spread Group, ein internationales Start-Up, das vor allem fรผr seine selbst bedruckbare Kleidung bekannt ist, in Leipzig mitgewirkt. Unter anderem hatte Graber mit einigen Kolleg*innen eine Unterschriftenlisten an seinen Chef รผbergeben, in der sie eine Einmalzahlung zum Ausgleich der Inflation forderten. Seitdem, so Graber, sei er im Betrieb bekannt als jemand, der sich fรผr die Rechte der Arbeiter*innen einsetze. Ein Kollege, der sich nicht gewerkschaftlich engagiert, hat, so bestรคtigte es auch der Personalchef in der Verhandlung, die Lohnerhรถhung erhalten.
Der Personalchef von Graber sowie die Anwรคltin der Spread Group hielten sich in der Gรผteverhandlung sehr bedeckt. Der Wille zu einer Einigung war nicht erkennbar. Argumentiert wurde lediglich, dass eine Lohnerhรถhung im Betrieb Kreise ziehen wรผrde. Auch sei die Arbeitsleistung von Graber nicht mit der seines Kollegen, der die Gehaltserhรถhung bekommen habe, vergleichbar. Anscheinend habe Graber eine unterschiedliche Sicht dessen, was im Personalgesprรคch, in dem die Lohnerhรถhung abgelehnt wurde, besprochen worden sei.
Graber sieht Diskriminierung aufgrund des gewerkschaftlichen Engagements
โKonkrete Verbesserungsvorschlรคge zu meinem Verhalten habe ich nicht bekommenโ, so Graber im Gesprรคch mit der Leipziger Zeitung (LZ). โIch habe sogar den Personalchef persรถnlich angeschrieben, aber keine Vorschlรคge bekommen, wie ich die Werbung fรผr die Gewerkschaft machen soll.โ
Schriftlich hatte die Spread Group ihm gegenรผber die Verwehrung der Erhรถhung mit mangelnder Leistung begrรผndet. Dies sei so jedoch nicht aus dem Report seines Teamleiters zu entnehmen, der durchaus positiv gewesen sei, so Graber. Er sehe hier einen Vorwand, um ihn fรผr das gewerkschaftliche Engagement zu bestrafen.
Auch die FAU teilte mit: โAuffรคllig (ist) die Vertretung der Spread Group durch die Anwaltskanzlei CMS. Laut Arbeitsunrecht.de handelt es sich dabei um eine Kanzlei mit โUnionbusting-Expertiseโ. Auf ihrer Website beschreiben CMS ihre Taktiken in einem vergangenen Fall, die darauf zielten, den Betriebsrat โin โSchachโ zu haltenโ und โdie Bรคlle mit Blick auf die Forderungen der Gewerkschaft in der Luft zu haltenโ. Diese Auswahl der Kanzlei zeigt, wessen Geistes Kind das Unternehmen ist.โ
Die FAU will Graber in der Klage gegen die Spread Group unterstรผtzen.
FAU gegen Spread Group
Ein Statement der Spread Group zu diesen Vorwรผrfen erhielt die Redaktion bis zur Verรถffentlichung dieses Artikels nicht.
Die Spread Group wurde 2002 als Start-Up in Leipzig gegrรผndet und ist mittlerweile ein weltweit tรคtiges Unternehmen mit Produktionsstandorten in Polen, Tschechien und den USA. Ihren Hauptsitz hat die Firma in Leipzig-Plagwitz.
Die FAU ist eine anarchosyndikalistische Gewerkschaftsfรถderation fรผr die Arbeiter*innen aller Branchen. Sie ist vor allem durch die Arbeitskรคmpfe ab 2016 bei Lieferdiensten wie Deliveroo und Foodora bekannt, wo sie vor allem migrantische Fahrer*innen organisierte und sie unterstรผtzte 2021 die wilden Streiks beim Lieferdienst โGorillasโ. In Leipzig war die FAU 2020 in einer lรคngeren Auseinandersetzung mit dem Unternehmen โDurstexpressโ.
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