Er nimmt seine erneute Verurteilung nicht hin: Nachdem auch das Landgericht Leipzig den Justizbeamten Kersten H. wegen seiner mutmaรlichen Beteiligung am รberfall auf Connewitz Anfang 2016 schuldig gesprochen hatte, hat der 37-Jรคhrige jetzt Revision eingelegt. Fรผr ihn geht es dabei nicht zuletzt um die drohende Aberkennung seines Beamtenstatus.
Kersten H. setzt sich weiterhin gegen seine Verurteilung wegen schweren Landfriedensbruchs zur Wehr: Wie Landgerichts-Sprecher Johann Jagenlauf am Donnerstag auf LZ-Anfrage mitteilte, hat der Strafvollzugs-Beamte bereits am Tag nach seinem erneuten Schuldspruch Revision gegen die Entscheidung des Landgerichts Leipzig eingelegt. Damit geht sein Fall nun ans Oberlandesgericht (OLG) in Dresden.
Verdรคchtiger blieb zunรคchst im JVA-Dienst
Am 8. Juni hatte das Leipziger Landgericht den 37-Jรคhrigen im Berufungsprozess erneut des schweren Landfriedensbruchs schuldig gesprochen und das Strafmaร gegenรผber der ersten Instanz sogar noch leicht erhรถht, auf ein Jahr und fรผnf Monate Haft auf Bewรคhrung. Aus Sicht der Kammer bestand kein Zweifel, dass Kersten H. Teil der รผber 200 Personen starken Gruppierung aus Rechtsextremen und Hooligans war, die am Abend des 11. Januar 2016 im linksalternativ geprรคgten Leipzig-Connewitz eine Schneise der Verwรผstung angerichtet hatten.
Passanten wurden seinerzeit bedroht und eingeschรผchtert, diverse Geschรคfte und Autos angegriffen, mindestens 110.000 Euro Sachschaden angerichtet. Gleichzeitig hatten sich seinerzeit viele Bewohnerinnen und Bewohner von Connewitz im Leipziger Zentrum aufgehalten, um gegen den ersten Jahrestag der rechten Legida-Bewegung zu protestieren.
Auch Kersten H., damals als Justizbeamter im Strafvollzug beschรคftigt, war durch die herbeieilende Polizei in der Masse der Angreifer umschlossen und festgesetzt worden. Wie es sein konnte, dass der Familienvater bis Anfang 2019 zunรคchst unbehelligt in JVA-Stationen weiterarbeiten und dabei sogar inhaftierte Neonazis bewachen konnte, war nur eine von vielen unangenehmen Fragen in Richtung sรคchsischer Justizbehรถrden. Erst nachdem der Beamte sich vor einem Gerichtstermin seinem Chef offenbart hatte, wurde er vom Dienst suspendiert.
Verteidigung wollte Freispruch
Nachdem mehrere Verhandlungstermine geplatzt waren, verurteilte das Amtsgericht Kersten H. Anfang 2022 schlieรlich zu einem Jahr und drei Monaten auf Bewรคhrung wegen schweren Landfriedensbruchs. Der Angeklagte, der zu den Tatvorwรผrfen schwieg, zog dagegen vor das Landgericht. Auch die Staatsanwaltschaft legte Berufung ein. Sie wollte auf ein schรคrferes Strafmaร hinaus, weil das Urteil der ersten Instanz dem Unrechtscharakter der Tat nicht gerecht wรผrde.
Fรผr Kersten H. geht es dabei vor allem um seine berufliche Zukunft: Eine Haftstrafe von รผber einem Jahr, egal ob mit Bewรคhrung oder nicht, wรผrde fรผr den zweifachen Vater eine unweigerliche Aberkennung des Beamtenstatus und das Aus seiner Berufslaufbahn bedeuten. Sowohl Amtsgericht als auch Landgericht gingen davon aus, dass dem Verdรคchtigen zwar keine Gewalthandlungen wรคhrend des รberfalls auf Connewitz nachzuweisen seien. Laut geltender Rechtsprechung reicht aber โostentatives Mitmarschierenโ in einer gewalttรคtigen Gruppe bereits aus, um wegen Landfriedensbruchs belangt zu werden.
Aus Sicht von Kersten H.s Anwalt Helmut-Hartwig Heuer, der auf Freispruch plรคdiert hatte, sei dagegen nicht erwiesen, wo sich sein Mandant wรคhrend der Krawalle รผberhaupt aufgehalten habe. Auch durch Videoaufnahmen war er offenbar nicht klar zu identifizieren. Mit Sicherheit war der JVA-Beamte, der auch am Landgericht nichts zum Tatvorwurf sagen wollte, allerdings unter den von der Polizei eingekesselten Personen in der Auerbachstraรe gewesen. Es sei nicht ganz ausgeschlossen, aber unwahrscheinlich, dass der Polizeikessel auch unbeteiligte Personen getroffen habe, erinnerte sich ein am Einsatz beteiligter Polizist, zumal die Straรen in Connewitz an jenem kalten Abend im Januar 2016 faktisch leergefegt gewesen seien. Auch habe niemand geltend gemacht, nur zufรคllig in die Maรnahme der Polizei geraten zu sein.
Revision als letzte Chance
Fรผr Kersten H. ist die Revision nunmehr die letzte Chance, seine Verurteilung anzufechten. Zunรคchst mรผsse die Kammer, die das Urteil sprach, dieses innerhalb von fรผnf Wochen absetzen, so Gerichtssprecher Jagenlauf gegenรผber der LZ. Anschlieรend kรถnnen Kersten H. und sein Verteidiger die Revision begrรผnden und die Staatsanwaltschaft bekommt Gelegenheit zur Erklรคrung. Dann prรผft das OLG den Verfahrensablauf auf mรถgliche Rechtsfehler. Sollten diese festgestellt werden, wรคre ein neuer Prozess mรถglich, andernfalls wird die Revision verworfen und das Urteil rechtskrรคftig. Bis zu einer Entscheidung dรผrften mindestens noch einige Monate vergehen.
Unabhรคngig davon gilt die Gesamtbilanz der strafrechtlichen Aufarbeitung des brutalen รberfalls auf Connewitz nach รผber sieben Jahren als ernรผchternd.
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Hรคtten die Justizbehรถrden den รberfall des braunen Pรถbels auf Connewitz entschlossener und mit viel mehr Energie aufgearbeitet, wรคren uns Linas Truppe und der Tag X erspart geblieben.
Die ganze Aufarbeitungsgeschichte durch trรคge und schnarchnasige Justizbehรถrden hat uns hier eine Art โeiternde Wunde beschert, die den sozialen Organismus langsam vergiftetโ, um ein symbolisches Bild zu verwenden. Es ist ein Versagen des Staates und seiner Behรถrden
Damit begannen die Entwicklungen, die uns heute das Zusammenleben in Leipzig so schwer machen.
Damit spreche ich aber keine Seite von persรถnlicher Verantwortung frei und sehe auch keine der Aktionen, die danach folgten, als eine Art legitimer Notwehr an. Vor allem die Geschichte mit dem Kanalarbeiter liegt mir schwer im Magen. Nur weil er beim Schuften auf der Baustelle in Connewitz seine rechte Mรผtze trug, hat er nun fรผr den Rest seines Lebens Metallplatten im Gesicht. Ja, er hat im Prozess selbst gesagt, dass er mal ein bisschen rechts โwarโ. Egal, das ist der รผbliche Typ des kleinen braunen Mitlรคufers, der fรผr solche symbolischen Gegenbrutalitรคten absolut ungeeignet ist.
Da verstehe ich den Richter sehr gut, der gerade diese Straftat als exemplarisch herausgestellt hat. Wenn wir so etwas als Bagatelle oder Ausrutscher abtun, dann bewegen wir uns nicht nur auf dรผnnem Eis โ nein, dann sind wir schon eingebrochen, um das Bild zu Ende zu fรผhren. Solche Opfer dรผrfen nicht als eine Art unvermeidbaren Kollateralschaden eines an sich gerechten Krieges angesehen werden.
Um nicht zu weit abzuschweifen: Natรผrlich steht fรผr mich auรer Frage, dass ein solcher Beamter, dessen Prozess hier im Artikel geschildert wird, selbstverstรคndlich nichts im Justizdienst zu suchen hat. Es wรคre auch ein Skandal, wenn er seinen Beamtenstatus behalten wรผrde. Wer solche Staatsdiener schรผtzt, darf sich nicht wundern, wenn andere diesen Staat dann vehement ablehnen.
Ich schmeiรe aber trotzdem keine Mollis und Steine, weil ich eben weiร, dass die Mehrheit der Menschen im Staatsdienst nicht so ist, wie die Antifa dies immer lauthals brรผllt.