Der Angeklagte und sein Verteidiger wollten unbedingt einen Freispruch erzielen: Doch nach fast einem halben Jahr des Tauziehens vor Gericht fiel das Urteil anders aus. Wegen Totschlags wurde ein 29 Jahre alter Mann am vergangenen Freitag vom Landgericht zu sechseinhalb Jahren hinter Gittern verurteilt – er hatte 2021 einen Kontrahenten in der Nähe des Hauptbahnhofs erstochen.
Am späten Abend des 21. August 2021 gegen 23.30 Uhr traf ein tödlicher Messerstich einen 21-jährigen Mann im Bürgermeister-Müller-Park nahe dem Hauptbahnhof. Obwohl die Einsatzkräfte schnell vor Ort waren, konnten sie dem Opfer nicht mehr helfen, der Somalier verstarb kurz nach dem Angriff in der Klinik. Unter dringendem Tatverdacht wurde Khadar Ahmed Y. verhaftet, ein Landsmann des Getöteten.
Beatmungsfehler des Notarztes
Zum Auftakt des Prozesses im August 2022 hatte der Angeklagte zunächst geschwiegen und seinen Pflichtverteidiger Georg K. Rebentrost eine Erklärung verlesen lassen: Demnach seien die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft unhaltbar, Khadar Ahmed Y. habe keinerlei Neigung zu Aggressionen – anders als der Getötete, welcher den Angeklagten immer wieder angegriffen und drangsaliert haben soll.
Knackpunkt bei der Aufarbeitung des Geschehens war zudem ein Behandlungsfehler des Notarztes an jenem Abend, in dessen Konsequenz das 21-jährige Opfer offenbar letztlich an seinem eigenen Blut erstickt war. Für den Anwalt des Angeklagten bedeutete dies, dass der Tod von Ahmed M. seinem Mandanten nicht anzulasten sei.
Notwehr laut Strafkammer widerlegt
Die 16. Strafkammer sah dies nach der Beweisaufnahme anders: Zwar liege wohl tatsächlich ein ärztlicher Fehler in der Notbeatmung vor, doch auch so sei der Stich mit einer zehn cm langen Klinge tödlich gewesen, erklärte der Vorsitzende Richter Hans Weiß.
Als erwiesen galt auch, dass der später getötete und polizeibekannte Ahmed M. unter Alkohol- und Drogeneinfluss immer wieder Streit mit dem späteren Messerstecher gesucht habe, unter anderem soll es in der Auseinandersetzung um ein Handy gegangen sein. Auch weitere Personen waren offenbar an den Streitigkeiten beteiligt.
Dennoch nahm das Schwurgericht dem Angeklagten nicht ab, in Notwehr gehandelt zu haben: Abgesehen davon, dass er sein Handy vor dem Messerstich bereits zurück hatte und einfach hätte gehen können, sprächen auch die Flucht des Täters, das Wegschmeißen der Tatwaffe und weitere Umstände gegen diese Version, sagte der Vorsitzende.
Prozess hatte sich verzögert
Mit sechseinhalb Jahren wegen Totschlags blieb das Gericht trotzdem deutlich unterhalb der durch die Staatsanwaltschaft geforderten zehn Jahre Haft, die Verteidigung hatte einen Freispruch verlangt.
Der Prozess hatte sich unter anderem wegen Problemen bei der Vorladung potenzieller Tatzeugen länger hingezogen als ursprünglich geplant.
Gegen das Urteil kann noch Revision eingelegt werden.
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