Wie diverse regionale Medien berichteten, kam es am 17. Januar 2023 bei der Verhandlung im Amtsgericht Aue zu einem Freispruch gegen den Landesvorsitzenden der PARTEI Sachsen, Tom Rodig (34). Er war von der Staatsanwaltschaft Chemnitz beschuldigt worden, an einem „nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt zwischen dem 01.04.2022 und dem 12.04.2022, 12:30 Uhr“ an einer Parkbank in Lugau (bei Chemnitz) einen Hakenkreuz-Aufkleber geklebt und damit verfassungsfeindliche Symbolik verbreitet zu haben. Dies ist nach Artikel 86 des Strafgesetzbuches illegal.

„Ein Volk ziehts durch“ lautet der Schriftzug unter dem angeblich aus Kokain gebildeten Hakenkreuz und oben steht „So geht sächsisch“ zu lesen. Mehr oder minder eindeutig lautet so die Botschaft eines PARTEI-Aufklebers, dass es mindestens ein paar zu viele Neonazis im Freistaat gibt.

Da Rodig das Anbringen dieses Stickers nicht nachgewiesen werden konnte, plädierte die verhandelnde Staatsanwältin jedoch am 17.01.2023 auf Freispruch. Auch der Richter schloss sich dieser Einschätzung an. Mit diesem Freispruch jedoch wurde die Sache selbst im Kern nicht behandelt: wie weit darf Satire gehen?

Bemerkenswert war die Warnung der Staatsanwältin in Richtung des Angeklagten, den Sticker in Zukunft nicht zu verbreiten. Der Richter wiederum war der Meinung, dass er und wahrscheinlich auch verschiedene andere Gerichte, den Sticker „so oder so“ bewerten würden. Ein weiteres Verwenden sei „Ihr Risiko!“, teilte er dem Beschuldigten mit.

PARTEI Sachsen-Chef Rodig und die extra angereisten Mitglieder von Die PARTEI konnten diese Warnung inhaltlich nicht nachvollziehen. Bereits kurz nach Verhandlungsende zeigten sie sich überzeugt, der Aufkleber sei von der Kunstfreiheit nach Artikel 5 des Grundgesetzes gedeckt.

Nachdem der anwesende Polizeichef, beauftragt mit der Begleitung der im Anschluss an den Prozess angekündigten Demonstration durch die Innenstadt von Aue, ein jegliches Zeigen des Stickers untersagt hatte, fühlten sich die PARTEI-Mitglieder umso mehr durch die staatlichen Vertreter in ihrer bürgerlichen Freiheit eingeschränkt und entschieden sich für das „Risiko“.

Nach offizieller Beendigung der Demo durch den vom Angeklagten zum Versammlungsleiter mutierten Tom Rodig, kam es zu einer offensichtlichen Spielszene auf dem Bahnhofsvorplatz in Aue. Dabei übergab der Landesvorsitzende Rodig eine Handvoll der risikobehafteten Aufkleber an den Landesgeschäftsführer Sebastian Cedel. Die Polizei griff, wie angekündigt, umgehend ein und beschlagnahmte die Sticker.

Des Weiteren, so die Ankündigung der Polizei, werde nun eine neue Anzeige wegen des Verwendens von verfassungsfeindlichen Symbolen nach §86 StGB aufgenommen.

Die PARTEI sieht sich im Recht und schaut dem erneuten Prozess wiederum gelassen entgegen. So sagte Landesvorsitzender Rodig der LZ: „Wir danken der Polizei in Aue für die Maßnahme. Sie erspart uns damit die Mühe eine Selbstanzeige zu verfassen. Wir sehen uns natürlich immer noch im Recht, denn das verhohnepiepeln von Nazisymboliken ist nach unserer Auffassung in Deutschland natürlich ganz zurecht von der Kunst- und vor allem der Satirefreiheit gedeckt.“

Der nächste Prozess um die „Hakenkreuz“-Frage ist also in Sicht. Dann vielleicht mit einer Klärung, inwieweit die Satire in Sachsen noch ein Zuhause hat.

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