Gilbert Kallenborn bittet in seiner Mail vom 1. Oktober 2022 an die LZ vorab um eines: โ€žBitte informieren Sie Ihre Leser, dass es jetzt hier ein heftiges Nachspiel geben wird. Hier wurde kein Kavaliersdelikt durch Betrunkene im Bierzelt begangen, sondern eine schwere Straftat, nรผchtern und gezielt wurde hier der Holocaust verharmlost, jรผdische Opfer lรคcherlich gemachtโ€œ. Er habe, als โ€ždeutscher Staatsbรผrger jรผdischen Glaubensโ€œ und somit selbst Betroffener Strafanzeige gegen den ehemaligen Lok-Stadionsprecher Mirko Linke erstattet.

Beigefรผgt hat der Dillinger Bรผrger seinem Schreiben neben einem Screenshot der Verรถffentlichung der Grafik durch die โ€žBildโ€œ vom Abend des 30. September 2022 auch die Formulierungen seines Strafantrages, welchen er am 1. Oktober 2022 an die Staatsanwaltschaft Leipzig gesendet habe. Namentlich habe er diesen zu Hรคnden der Leitenden Oberstaatsanwรคltin Dr. Claudia Laube versandt.

Ob diese Anzeige eingegangen ist, lรคsst sich verlรคsslich erst Anfang kommender Woche prรผfen.

Doch Kallenborn hat Erfahrungen mit solchen Verfahren, 2019 erstritt er laut einem Bericht der Saarbrรผckener Zeitung vor dem dortigen Landgericht, dass der Rapper Kollegah die antisemitische Liedzeile โ€žMein Kรถrper definierter als von Auschwitzinsassenโ€œ bei einem Auftritt in einem Saarlรคndischen Club nicht mehr singen darf. Das Amts- und spรคter das Landgericht hatten seinen Fall angenommen, da er sich auch als nach 1945 geborener Jude davon betroffen fรผhlen durfte.

Zum Leipziger, individuell etwas anders liegendem Fall, schreibt der Nachgeborene der Holocaustรผberlebenden in seiner Anzeige unter anderem, der bereits suspendierte Stadionsprecher des 1. FC Lokomotive Leipzig Mirko Linke habe โ€žvorsรคtzlich und gezielt an tausende Empfรคnger in Whats-App, einen eigenhรคndig so gezielt u. willentlich grafisch hergestellten โ€šMeister Properโ€˜ mit den Geleisen und dem Einfahrtsturm des Nazi-Vernichtungs-KZ Auschwitz der Hitler-Tyranneiโ€œ verbreitet.

Zudem habe Linke โ€žmit dem KZ-Einfahrtstor Auschwitz dem FuรŸballgegner โ€šGute Nachtโ€˜โ€œ gewรผnscht, โ€ždiese mรถgen das KZ-Auschwitz-Schicksal erleidenโ€œ. Fรผr Kallenborn, der sich als Jude selbst von diesen Aussagen betroffen fรผhlt und den Tatbestand der Volksverhetzung als gegeben ansieht, ein โ€žkrimineller Straftatbestand und Verharmlosung des Holocaust als Instrument zur infamen Verspottung eines FuรŸballgegnersโ€œ.

Mit โ€žgood night, green-whiteโ€œ, hatte die Grafik auf den Derbygegner BSG Chemie Leipzig angespielt und dabei zusรคtzlich zur Auschwitzdarstellung noch den Neonazispruch โ€žgood night, left sideโ€œ gecovert. Linke hatte sich im Nachgang fรผr die kurzzeitige Prรคsentation der Grafik ausdrรผcklich entschuldigt und wurde nach diesem โ€žintolerablen Postโ€œ vom 1. FC Lokomotive als Stadionsprecher entlassen.

Sollte die Anzeige die Staatsanwaltschaft Leipzig am heutigen Samstag erreicht haben, muss diese zumindest den Anfangsverdacht prรผfen und befinden, ob Ermittlungen gegen Mirko Linke eingeleitet werden. Anders im Fall der Liedzeile des Rappers Kollegah ist Linke jedoch wahrscheinlich nicht der Urheber, also Ersteller der volksverhetzenden Grafik.

Auch sein offenbar eigenstรคndiges Lรถschen des Posts nach einer kurzen Zeit kรถnnte bereits durch die Staatsanwaltschaft Leipzig als ein eigenstรคndiges Zurรผcktreten von einer mรถglichen Straftat gewertet werden.

Schlussendlich wรคren Ermittlungen jedoch vor allem hilfreich, um beispielsweise von Linke zu erfahren, woher die Grafik kam, wer sie also erstellt oder mindestens vorher an ihn gesandt haben kรถnnte. Beim Ersteller, also Urheber der Grafik wรผrde der Straftatbestand der Volksverhetzung dann wohl umso nรคherliegen.

Dieser, auf den sich Gilbert Kallenborn beruft, ist der ยง 130 StGB,  nach welchem derjenige, der โ€žรถffentlich oder in einer Versammlung den รถffentlichen Frieden in einer die Wรผrde der Opfer verletzenden Weise dadurch stรถrt, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkรผrherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigtโ€œ, mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren belangt werden kann.

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