Viele Zeugen vernommen, der psychiatrische Gutachter gehört: Der Prozess um den gewaltsamen Tod einer jungen Mutter und Sozialarbeiterin im Leipziger Auwald vor rund 2 Jahren könnte nun endlich, nach viel längerer Zeit als geplant, zu einem Abschluss kommen. Doch stoppt die Verteidigung den Beginn der Plädoyers mit einer Flut von immer neuen Anträgen – und sorgt wieder für eine Zerreißprobe im Gerichtssaal. Wohin wird das führen?
Warum das Ganze? Und wie lange soll es so weitergehen? – Es sind wohl die zwei Fragen, die sich Prozessbeteiligte am Dienstag im Leipziger Landgericht immer wieder stellen. Dort sitzt seit Anfang Oktober 2020 der damals 31-jährige Edris Z. auf der Anklagebank, der seine Ex-Partnerin Myriam Z. am 8. April 2020 während eines Spaziergangs mit ihrem Neugeborenen im Auwald mit einem Hammer attackiert haben soll.Die junge Mutter starb kurz darauf im Krankenhaus an ihren Verletzungen. Ihr damals wenige Wochen altes Mädchen, das nicht von ihm stammte, blieb unverletzt. Edris Z. selbst, den die Polizei nach der Tat unter dringendem Mordverdacht festnahm, hat im Prozess am Landgericht durchweg geschwiegen.
Fülle an Beweisanträgen
Obwohl das Verfahren, das ursprünglich bis kurz vor Weihnachten 2020 terminiert war, nun nach zahllosen Verhandlungstagen in die Endphase gehen sollte, torpedierte eine Flut von Beweisanträgen der Verteidigung am Dienstag immer wieder den Abschluss der Beweisaufnahme.
Georg K. Rebentrost, Wahlverteidiger des Angeklagten, legte der Kammer am Dienstag ein um das andere Mal einen neuen Antrag vor: So forderte er beispielsweise die Verlesung von Chats der getöteten Myriam Z. mit Freundinnen, bei denen die Teilnehmerinnen sich äußerst negativ über Edris Z geäußert haben sollen.
Einen Arzt seines Mandanten, bei dem dieser sich wegen Depressionen vorgestellt haben soll, wollte die Verteidigung ebenso vernehmen wie den Vater von Edris Z., um die von Kriegs- und Gewalterlebnissen geprägte Kindheit des letzteren in Afghanistan zu thematisieren.
Oberstaatsanwalt wirft Verteidigung Prozessverschleppung vor
Die Strafkammer lehnte die Fülle von Anträgen mehrheitlich ab, unter anderem mit der Begründung, dass alle Themen erörtert worden seien und sich keine neuen Erkenntnisse zur Tat- und Schuldfrage ableiten ließen. Über Monate hinweg hatten Zeugen aus dem Umfeld des Opfers und des mutmaßlichen Täters detailliert ausgesagt. Der psychiatrische Gutachter attestierte dem Angeklagten volle Schuldfähigkeit. Zudem hatte die Familie des Verdächtigen vom Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht.
Oberstaatsanwalt Ulrich Jakob hielt dem Verteidiger, der Edris Z. gemeinsam mit Rechtsanwältin Petra Costabel vertritt, seine Sicht der Dinge vor: „Ich halte es für belegt, dass es eine Prozessverschleppung gibt.“ Zugleich kritisierte er, es handele sich um Anträge, die schon längst hätten gestellt werden können.
Der Schwurgerichts-Vorsitzende Hans Jagenlauf richtete schließlich die Frage „Wollen Sie die Kammer veralbern?“ an den Verteidiger: Dieser habe eben erst geäußert, keine weiteren Anträge zu haben, und verhalte sich nun gegenteilig.
Schließlich deutete die Kammer an, dem Vorschlag der Anklage folgen zu wollen und der Verteidigung womöglich eine Frist für neue Antragsbegehren zu setzen. Nach ermüdenden Stunden mit mehreren Unterbrechungen wurde die Hauptverhandlung am Dienstagnachmittag beendet und auf Mittwoch vertagt. Ob die Staatsanwaltschaft dann mit ihrem Schlussvortrag die Reihe an Plädoyers wird einleiten können, ist völlig offen.
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