Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club Sachsen (ADFC) diagnostiziert der sächsischen Polizei mangelndes Problembewusstsein bei der Bekämpfung des Fahrraddiebstahls in Sachsen. Nachdem Verfahren gegen 50 in der Fahrradgate-Affäre Beschuldige eingestellt wurden, seien mehr Fragen offen als zum Zeitpunkt des Bekanntwerdens der sächsischen „Fahrradgate-Affäre“. Auch Fragen zum Leipziger Beharren auf einer Insellösung bei der Codierung von Fahrrädern.
Aus Sicht von Konrad Krause, Geschäftsführer des ADFC Sachsen, spielte die Aufklärung von Fahrraddiebstählen bei der Polizei eine untergeordnete Rolle: „Angefangen von der dilettantischen und unsicheren Fahrradregistrierung der Leipziger Polizei bis zum Versagen bei der Bekämpfung des Fahrraddiebstahls scheint es sich immer um improvisierte Lösungen zu handeln.“
Weiterhin hohe Zahlen von Fahrraddiebstahl in Leipzig
Im Sommer 2020 wurde bekannt, dass die von der Polizeidirektion Leipzig betriebene Datenbank der Fahrradregistrierung teils monatelang nicht mit neuen Einträgen befüllt wird. Bürger, die ihre Räder in gutem Glauben registrieren lassen, können nicht davon ausgehen, dass ihre Fahrräder zeitnah in der Datenbank der Polizei landen, stellt der ADFC Sachsen fest.
Ohne einen Datenbankeintrag können gestohlene und dann wieder aufgefundene Räder aber nicht einem Eigentümer zugeordnet werden. Ohnehin wird die Datenbank nur als Insellösung von der Polizeidirektion Leipzig genutzt, der Nutzen ist daher sehr begrenzt, so der ADFC.
„Leipzig ist bekanntermaßen seit Jahren eine Hochburg des Fahrraddiebstahls. Die sich nun schon seit über zwei Jahren hinschleppende Fahrradgate-Affäre und das schlampige Vorgehen der Beamten lässt mich fassungslos zurück. Ich erwarte von Innenminister Wöller eine lückenlose Aufklärung des Skandals und endlich ernsthafte Schritte gegen Fahrraddiebstahl“, erklärt Krause.
Die Angst vor dem Klau des eigenen Rades hält viele Menschen davon ab, ihre täglichen Wege mit dem Rad zurückzulegen. Der ADFC Sachsen fordert daher eine komplette 180-Grad-Wende beim Kampf gegen den organisierten Fahrraddiebstahl.
Im Jahr 2020 wurden in Sachsen über 19.000 Fahrräder als gestohlen gemeldet, davon knapp die Hälfte in Leipzig. Da die Aufklärungsquote bei lediglich 14 % liegt, zeigen Betroffene die Diebstähle oftmals gar nicht mehr an.
„Das Vertrauen in die Ermittlungsbehörden, Teil einer Lösung zu sein, hat in den letzten Jahren erheblich gelitten“, sagt Krause. Der ADFC geht daher davon aus, dass die Dunkelziffer gestohlener Räder um ein Vielfaches größer sein dürfte als die offiziellen Zahlen.
Eine Insellösung
Trotz der extrem hohen Diebstahlzahlen in Leipzig setzt die Polizei bei der Prävention auf ein völlig überholtes System. Bei dem Leipziger Modell der Fahrradregistrierung handelt es sich um eine Insellösung. Sie wird nur in Leipzig genutzt und erfordert eine zentrale Datenbank. In anderen Teilen der Republik können gestohlene Räder aus Leipzig oftmals nicht zurückverfolgt werden, da die Datenbank nur in Leipzig bekannt ist.
Dabei existieren dezentrale Lösungen wie die EIN-Codierung, bei der ein individualisierter Code am Rad dauerhaft mit einer Nadel eingeprägt wird, stellt der ADFC Sachsen fest. Dieses Verfahren ist bundesweit bei Verkehrswachten, Polizeieinheiten und zivilgesellschaftlichen Akteuren akzeptiert. Vor allem in Hessen, aber auch in Brandenburg, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern wird dieses Verfahren bereits erfolgreich praktiziert.
Anders als viele Polizeidirektionen bundesweit arbeitet die Polizei Leipzig mit einer Aufkleber-Codierung anstelle von Nadelcodierungen. Um diese Aufkleber zu entfernen, ist nur wenig kriminelle Energie notwendig. Der ADFC empfiehlt daher, statt des Aufklebers eine Nadelcodierung zu verwenden, da ein solcher Code sich nicht mehr entfernen lässt.
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