So richtig einordnen mag und kann das abschließend noch niemand, doch erste Vermutungen geistern herum. Am Abend des heutigen 16. Dezember 2021 zirka 22 Uhr gab es Böllerwürfe, zwei Schafsköpfe und einen Zettel vor dem LinXXnet, dem Landtags-Abgeordnetenbüro Juliane Nagel (Die Linke) in der Brandstraße. Anschließend knallte es noch vor dem wenige Meter weiter stadtauswärts liegenden „Conne Island“. Die Polizei ist zur Stunde noch vor Ort und untersucht die Spuren.
So merkwürdig, wie diese Woche begann, so geht sie nun auch zu Ende. Am Montag. 13. Dezember 2021, hatten über 100 Teilnehmer/-innen am „ACAB-Day“ bei einer eher als weitgehend apolitischen Randale- und Zerstörungsaktion zu bezeichnenden Spontanversammlung auf der Eisenbahnstraße Autoscheiben eingeschlagen, Mülltonnen umgeworfen und angezündet sowie Pyrotechnik abgefeuert.
Und, sozusagen als den schon während der Aktion und im Nachgang heftigst debattierten Höhepunkt, die „Eyüp Sultan“-Moschee des türkischen DITIB-Verbandes in der Hermann-Liebmann-Straße 80 mit Steinen beworfen, sodass nahezu alle Scheiben der religiösen Einrichtung in einem Mehrfamilienhaus zu Bruch gingen. Heftig diskutiert hatte auch Juliane Nagel, welche in der Brandstraße 15 ihr offenes Abgeordnetenbüro betreibt, mit klarer Ablehnung der Aktion.
„Anschläge auf Moscheen in Deutschland, gar in Sachsen? Geht gar nicht! Es braucht den Gesprächsfaden auch zur vom türkischen Staat finanzierten DITIB, Unterstützung von Reformbestrebungen und Zugang zu Moscheegänger/-innen. #le1312“, so die Linke im Anschluss an die Geschehnisse des 13. Dezember 2021 entlang der Eisenbahnstraße und Hermann-Liebmann.
Anschläge auf #Moscheen in Deutschland, gar in #Sachsen? Geht gar nicht! Es braucht den Gesprächsfaden auch zur vom türkischen Staat finanzierten DITIB, Unterstützung von Reformbestrebungen und Zugang zu Moscheegänger*innen. #le1312
— Jule Nagel (@luna_le) December 14, 2021
Auch in Interviews nahm die die Linken-Abgeordnete die Haltung ein, dass es hier mehr Gesprächswege, Aufklärung und Kontakte zu einer in Leipzig noch weitgehend abgeschotteten Gemeinde geben muss. In der Tat hatte es auch nach den Steinwürfen auf die Religionsräume keinerlei Statement oder Wortmeldung an die Presse seitens der Moschee gegeben.
Der letzte und einzige Eintrag auf der Webseite des Vereins beschreibt unter „News“ für das Jahr 2021 einen Besuch Michael Kretschmers am 15. Dezember 2021 mit „Hocher Besuch vom Sachsens Ministerpräsiden, dem Generalkonsul Berlin und dem Religionsattache“.
Der Weg Nagels dürfte also so oder so der einzige Weg des Umgangs mit einer Organisation sein, welche in ganz Deutschland vertreten ist, der man jedoch nicht grundlos immer wieder eine deutlich zu große Abhängigkeit von der Regierung Recep Tayyip Erdoğans nachsagt. Auch Querverbindungen zur – aus deutscher Sicht – fast schon pro-faschistischen Organisation der „Grauen Wölfe“ sind immer wieder Thema (wie zuletzt bei Welt.de)
In Leipzig gab es das Thema bis zu dieser Woche eher noch nicht, hier geht man eher von einer starken kurdischen Community aus, welche diesen Organisationen ablehnend gegenübersteht.
Explosion ohne Sachschaden, zwei Tierköpfe und ne Botschaft auf nem Briefumschlag vorm linXXnet. pic.twitter.com/gFGBiPrHdb
— Marco Brás dos Santos (@marcoIsantos) December 16, 2021
Verwirrende Gemengelage und ein Zettel
Was nun die Steinwürfe vom Montag mit den zwei attackierten Orten vom heutigen Abend zu tun haben, rätseln nicht nur die vor Ort noch ermittelnden Beamten. Die zwei Schafsköpfe gehören jedenfalls nicht unbedingt zum Standardrepertoire linksradikaler Kreise, Böllerwürfe gab es in beiden Nächten.
Doch ein Zettel, welcher zu den Teilkadavern der Tiere abgelegt wurde, verbindet offenbar beide Geschehnisse miteinander. Auf diesem steht neben unleserlichem Gekritzel das Wort „Moschee“, was zumindest die Vermutung einer Racheaktion für den Montag an der erstbesten, greifbaren Adresse zulässt.
Die Vermutung auch von Juliane Nagel selbst vor Ort gegenüber LZ (siehe Video): „Es liegt jetzt nahe, dass wir für den Anschlag vom Montag verantwortlich gemacht werden.“
Dass es ausgerechnet das „LinXXnet“ getroffen hat, dürfte wohl eher mit Instititution in einer Art Stellvertreterrolle für alles linke in der Stadt, als mit den Angreifern vom Montag zu tun haben. Das „Conne Island“ war deutlich weniger betroffen, laute Böllerschläge waren hier gehört worden, aber es wurde nichts abgelegt oder beschädigt.
Man darf gespannt sein, wohin die Ermittlungen führen werden.
Kurz-Interview mit Juliane Nagel am 16.12.2021 vor dem LinXXnet
Video: LZ
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