Alles deutet darauf hin, dass die Einbrecher ins Grüne Gewölbe sich bestens mit der Sicherung der dort ausgestellten Schätze auskannten. Sie wussten augenscheinlich genau, welches Gitterfenster im Toten Winkel der Außensicherung lag. Sie präparierten es für den Tag des Einbruchs. Und auch die zuständige Kulturministerin Barbara Klepsch (CDU) gesteht nun wohl zu, dass die Sicherung des Grünen Gewölbes an einer Stelle lückenhaft war. Und die Diebe mussten diese Schwachstelle gekannt haben.
Recherchen des Spiegels
Was dann ganz bestimmt für die polizeilichen Ermittlungen folgen haben wird. Aber der Vorsitzende der Linksfraktion im Sächsischen Landtag, Rico Gebhardt, wollte jetzt zuallererst einmal wissen, was sich aus der „Spiegel“-Recherche ergibt, die das Magazin am 16. September veröffentlicht hatte.
Denn daraus ergeben sich ja einige Fragen zu den Vorbereitungshandlungen der Täter und ihrem Wissen um die Schwachstelle. Hat nun also auch Sachsens Regierung neue Erkenntnisse zum Juwelenraub aus dem Grünen Gewölbe in Dresden?
Scanner war nicht scharf geschaltet
Die Staatsregierung räumt in ihrer Antwort erstmals ein, dass die Außenhautsicherung an der betroffenen Stelle am Tattag inaktiv war.
Wörtlich heißt es: „Zwar war das Residenzschloss im Tatzeitraum mit Scannern versehen, die bei der Erfassung einer Bewegung im Bereich der Fassade grundsätzlich Alarm auslösten. Das Einstiegsfenster wurde von diesen jedoch nur teilweise erfasst, da es zum Teil in einem toten Winkel lag. Die Öffnung, die die Tatverdächtigen in das Fenstergitter schnitten, befand sich dabei in diesem toten Winkel. Im vorbenannten Zeitraum der mutmaßlichen Vorbereitungshandlungen war der Scanner scharf geschaltet, löste jedoch nicht aus. Zum Tatzeitpunkt war der betreffende Scanner nicht scharf geschaltet, da die eingesetzten Wachschutzmitarbeiter einen Alarm vom Vortag der Tat zwar angenommen hatten, es in der Folge aber unterließen, den Scanner wieder scharf zu schalten.“
Fenstergitter durchtrennt und wieder zugeklebt
„Die Staatsregierung hat bestätigt, dass die Täter das historische Fenstergitter bereits Tage vor der Tat durchtrennt und danach wieder zusammengeklebt haben. Weshalb das niemandem auffiel, gehört zu den großen ungeklärten Fragen bei diesem Verbrechen“, geht Rico Gebhardt auf das zentrale Problem ein, das bis heute nicht geklärt ist.
„Jedenfalls seien ‚einzelne Handlungen am Einstiegsfenster‘ auf den ausgewerteten Videoaufnahmen nicht erkennbar, weil der Bereich im Dunkeln liegt. Es war den Sicherheitsverantwortlichen wohl nicht in den Sinn gekommen, dass ein möglicher Einbruch nachts stattfinden könnte und deshalb Kameras erforderlich sind, die auch bei Dunkelheit brauchbares Material liefern.“
Hatten die Täter Insiderwissen?
Und genau diese Frage stellt Gebhardt nun: „Was mich aber neuerlich schockiert, ist das Eingeständnis, dass die Außenhautsicherung deshalb versagte, weil das Einstiegsfenster im toten Winkel lag und der entsprechende Scanner am Tattag nicht scharf geschaltet war. Ich will wissen, ob dies auf menschliches Versagen zurückzuführen ist oder ob die Täter vielleicht doch Insiderwissen hatten. Dazu werde ich bei der Staatsregierung weiter nachbohren und habe zunächst eine weitere Kleine Anfrage eingereicht.“
Hinweis der Redaktion in eigener Sache
Seit der „Coronakrise“ haben wir unser Archiv für alle Leser geöffnet. Es gibt also seither auch für Nichtabonnenten alle Artikel der letzten Jahre auf L-IZ.de zu entdecken. Über die tagesaktuellen Berichte hinaus ganz ohne Paywall.
Unterstützen Sie lokalen/regionalen Journalismus und so unsere tägliche Arbeit vor Ort in Leipzig. Mit dem Abschluss eines Freikäufer-Abonnements (zur Abonnentenseite) sichern Sie den täglichen, frei verfügbaren Zugang zu wichtigen Informationen in Leipzig und unsere Arbeit für Sie.
Vielen Dank dafür.
Keine Kommentare bisher