In Leipzig gibt es immer wieder Protest gegen Abschiebungen. Mal findet er dort statt, wo die betroffenen Personen abgeholt werden – so wie am 9. Juli 2019 an der Hildegardstraße/Eisenbahnstraße –, mal ist er als Demonstration in der Innenstadt oder im Bereich des Flughafens organisiert. Letzteres war ebenfalls im Juli 2019 der Fall. Die Polizei führte damals Identitätsfeststellungen bei den Demonstrierenden durch. Nun hat das Verwaltungsgericht Leipzig entschieden: Diese Maßnahme war rechtswidrig.
Etwa zehn Personen hatten am Abend des 30. Juli 2019 gegen eine Sammelabschiebung nach Afghanistan demonstriert. Das geschah unter anderem, indem die Demonstrierenden im Flughafengebäude in kleinen Gruppen mit Flugblättern über Abschiebungen informierten. Die Polizei führte Identitätsfeststellungen bei den Personen durch – aus Sicht einer Betroffenen eine rechtswidrige Maßnahme.Das Verwaltungsgericht Leipzig hat diese Sichtweise nun bestätigt. In dem Urteil, das der LZ vorliegt, heißt es: „Die Identitätskontrolle war rechtswidrig und hat die Klägerin in ihren Rechten verletzt. Es fehlt an einer Rechtsgrundlage für die durchgeführte Identitätskontrolle.“
Keine vernünftigen Zweifel
Konkret argumentiert das Gericht damit, dass die Klägerin an einer Versammlung teilgenommen hat. Zum einen habe die Gruppe das den anwesenden Polizeibeamten frühzeitig mitgeteilt, zum anderen habe es auch wegen des mitgeführten Transparents „keine vernünftigen Zweifel daran geben können“. Für die Gruppe galt somit das Versammlungsrecht, das die Möglichkeiten der Polizei für Identitätsfeststellungen deutlich einschränkt.
Polizei beziehungsweise der Freistaat Sachsen hatten behauptet, dass die Personen auf Nachfrage mitgeteilt hätten, dass es keine Versammlung sei. Die Identitätsfeststellungen seien dann auf Wunsch des Flughafenbetreibers erfolgt, damit dieser den Demonstrierenden ein Hausverbot aussprechen kann. Er begründete das damit, dass es im Flughafengebäude verboten sei, Flugblätter zu verteilen.
Doch auch dieser Ansicht widerspricht das Leipziger Verwaltungsgericht. Weil mehr als die Hälfte der Anteile am Flughafen im Eigentum der öffentlichen Hand liegt, sie dieser als gemischtwirtschaftliches Unternehmen unmittelbar an die Grundrechte gebunden, also auch an die Versammlungsfreiheit.
Wo es Gastronomie gibt, ist auch Demonstrieren erlaubt
Das wiederum bedeute zwar nicht, dass es automatisch an allen Orten innerhalb solcher Einrichtungen erlaubt ist, zu demonstrieren, doch dort, wo „ein allgemeiner öffentlicher Verkehr eröffnet ist“, sei das der Fall.
Das Gericht verweist in der Urteilsbegründung darauf, dass der Flughafen auf seiner Homepage selbst mit Einkaufsmöglichkeiten und Gastronomie innerhalb des Gebäudes wirbt. Demnach sei auch das Demonstrieren dort erlaubt.
Die Klägerin zeigte sich auf LZ-Anfrage mit dem Urteil zufrieden: „Ziel des Ganzen war es, für zukünftige Aktionen den Weg freizumachen. Das wurde damit erreicht.“
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