Nur eine Woche nach den Ausschreitungen in der Silvesternacht in Connewitz gibt es bereits das erste Gerichtsurteil: Ein 27-jähriger Mann erhielt am Mittwoch, den 8. Januar, eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung. Er hatte einem Polizisten ein Bein gestellt. Grund für den Angriff war wohl weniger eine bestimmte politische Einstellung als vielmehr die Wirkung von Alkohol.

Das Amtsgericht Leipzig hat am Mittwoch, den 8. Januar, einen 27-Jährigen zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung verurteilt, weil dieser in der Silvesternacht in Connewitz einem Polizisten ein Bein gestellt hatte. Es ist das erste Urteil zu den Ausschreitungen am 1. Januar, bei denen es mehrere Verletzte gab, darunter ein Beamter, der erst bewusstlos auf der Straße landete und anschließend am Ohr operiert werden musste.

Der Angeklagte Markus Himmel* war laut eigener Aussage erstmals Silvester am Connewitzer Kreuz. Er wollte sich dort die Feierlichkeiten anschauen. Gegen 1 Uhr kam es zu einem Vorfall, den er selbst als „Dummheit“ und „Fehler“ bezeichnete: Er stellte dem an ihm vorbeilaufenden Polizisten Maximilian Thalberg* ein Bein.

Seit Neujahr krankgeschrieben

Dieser war gerade mit etwa vier weiteren Beamten im Sprint unterwegs. Thalberg stürzte über das Bein und holte sich nach eigener Aussage ein Hämatom am Unterarm und eine Schwellung am Knöchel. Die Schmerzen dauerten auch eine Woche nach dem Vorfall an. Bis Freitag sei der Polizist krankgeschrieben.

„Ich weiß nicht, warum ich das gemacht habe“, sagte Himmel. Ein Grund dürfte Alkohol gewesen sein. Anders als von der „Bild“ behauptet, rechtfertigte der Verurteilte das Beinstellen nicht damit, dass er zuvor Polizeigewalt gesehen habe. Entsprechende Beobachtungen erwähnte er zwar, aber nicht im Kontext einer möglichen Motivation für die Tat. Außerdem bat er den Polizisten im Gerichtssaal um Entschuldigung, wofür dieser sich bedankte.

Silvester am Connewitzer Kreuz. Foto: L-IZ.de
Silvester am Connewitzer Kreuz. Foto: L-IZ.de

Himmel befand sich seit seiner Verhaftung in der Silvesternacht in Untersuchungshaft. Möglicherweise nahmen die Ermittlungsbehörden eine Fluchtgefahr an, weil Himmel offenbar keine eigene Wohnung in Leipzig hat, sondern bei einer Bekannten übernachtet. Die Verhandlung fand im Rahmen eines sogenannten beschleunigten Verfahrens statt. Das bedeutet vor allem, dass es deutlich schneller zu Prozess und Urteil kommt als in den normalen Verfahren.

Weil sich Himmel bei seiner Verhaftung wohl gewehrt hatte, war er nicht nur wegen vorsätzlicher Körperverletzung und tätlichen Angriffs auf Beamte angeklagt, sondern auch wegen Widerstands gegen Beamte.

Urteil ist rechtskräftig

Amtsrichter Uwe Berdon folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft und verurteilte den nicht vorbestraften Mann zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung. Zudem muss Himmel 60 Stunden gemeinnütziger Arbeit leisten. Das Urteil ist rechtskräftig.

In der Silvesternacht kam es in Connewitz zu Angriffen auf die Polizei. Der genaue Ablauf des Geschehens, die Reaktionen darauf und die Kommunikation der Polizei sind seitdem Gegenstand intensiver Debatten.

*Namen geändert

Silvester am Kreuz: Die Spirale dreht sich (2) + Videos

Silvester am Kreuz: Die Spirale dreht sich (2) + Videos

Hinweis der Redaktion in eigener Sache (Stand 1. November 2019): Eine steigende Zahl von Artikeln auf unserer L-IZ.de ist leider nicht mehr für alle Leser frei verfügbar. Trotz der hohen Relevanz vieler unter dem Label „Freikäufer“ erscheinender Artikel, Interviews und Betrachtungen in unserem „Leserclub“ (also durch eine Paywall geschützt) können wir diese leider nicht allen online zugänglich machen.

Trotz aller Bemühungen seit nun 15 Jahren und seit 2015 verstärkt haben sich im Rahmen der „Freikäufer“-Kampagne der L-IZ.de nicht genügend Abonnenten gefunden, welche lokalen/regionalen Journalismus und somit auch diese aufwendig vor Ort und meist bei Privatpersonen, Angehörigen, Vereinen, Behörden und in Rechtstexten sowie Statistiken recherchierten Geschichten finanziell unterstützen und ein Freikäufer-Abonnement abschließen.

Wir bitten demnach darum, uns weiterhin bei der Erreichung einer nicht-prekären Situation unserer Arbeit zu unterstützen. Und weitere Bekannte und Freunde anzusprechen, es ebenfalls zu tun. Denn eigentlich wollen wir keine „Paywall“, bemühen uns also im Interesse aller, diese zu vermeiden (wieder abzustellen). Auch für diejenigen, die sich einen Beitrag zu unserer Arbeit nicht leisten können und dennoch mehr als Fakenews und Nachrichten-Fastfood über Leipzig und Sachsen im Netz erhalten sollten.

Vielen Dank dafür und in der Hoffnung, dass unser Modell, bei Erreichen von 1.500 Abonnenten oder Abonnentenvereinigungen (ein Zugang/Login ist von mehreren Menschen nutzbar) zu 99 Euro jährlich (8,25 Euro im Monat) allen Lesern frei verfügbare Texte zu präsentieren, aufgehen wird. Von diesem Ziel trennen uns aktuell 400 Abonnenten.

Alle Artikel & Erklärungen zur Aktion Freikäufer“

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

René Loch über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar