Für FreikäuferLEIPZIGER ZEITUNG/Auszug Ausgabe 72, ab 25. Oktober 2019 im HandelDas Amtsgericht Leipzig hat einen Soldaten zu einer Geldstrafe verurteilt, weil dieser Pfefferspray in einer Kaserne eingesetzt hat. Der Vorfall ereignete sich im November 2017 in der General-Olbricht-Kaserne.
In der Hauptverhandlung am 8. Oktober 2019 stellte Rechtsanwalt Matthias Luderer zunächst dar, wie der Angeklagte Markus Pauli* das Geschehen wahrgenommen habe. Demnach befand sich dieser am Abend des 9. November 2017 allein in seinem Zimmer in der Kaserne. Im Nachbarraum versuchten andere Soldaten, einen Nagel in die Wand zu schlagen. Pauli ging in das Zimmer seiner Kameraden und bat sie, weniger Lärm zu machen. Dann betrat der Soldat Tom Meier den Raum und verpasste Pauli dabei einen „Check mit der Schulter“.
Der Getroffene hat Meier daraufhin „vielleicht beleidigt“. Pauli verschwand in sein Zimmer; Meier lief hinterher, schimpfte und zerrte an der Tür. „Er wollte mich treten“, sagte der Angeklagte später. Daraufhin habe er ein Pfefferspray aus seiner Gesäßtasche geholt und dieses nach erfolgloser Warnung eingesetzt. Anschließend habe er die Wache angerufen und den Vorfall gemeldet.
Pauli war offenbar ein Einzelgänger. So sagte es zumindest sein Verteidiger aus und das legen auch die Aussagen der anderen Soldaten während der Gerichtsverhandlung nahe. Laut Luderer wurden dem Angeklagten damals Depressionen bescheinigt; er habe Medikamente eingenommen. Aktuell laufe ein Dienstunfähigkeitsverfahren gegen den Mann, der sich für zehn Jahre bei der Bundeswehr verpflichtet habe.
Hinzu kommt, dass es kurz vor dem Geschehen in der Kaserne einen Vorfall am Hauptbahnhof gegeben habe. Dort sei Pauli mit einem Messer bedroht worden. Daraufhin habe er sich entschlossen, künftig Pfefferspray bei sich zu führen.
Aus Sicht der anderen Soldaten hat es sich in der Kaserne etwas anders abgespielt. Der angebliche Provokateur Meier sagte aus, dass er Pauli versehentlich angerempelt und sich direkt bei ihm entschuldigt habe. Daraufhin habe der Angeklagte ihn beleidigt. Meier sei zum Zimmer gegangen, um die Angelegenheit zu klären, und nach dem zweiten Öffnen der Tür mit Pfefferspray angegriffen worden. „Ich wurde so erzogen, mich nicht beleidigen zu lassen und einen Konflikt zu lösen“, erklärte Meier sein Verhalten.
Fünf weitere Soldaten, die vor Gericht als Zeugen aussagten, bestätigten im Wesentlichen die Darstellung von Meier. So sei es eher Pauli gewesen, der sich aggressiv verhalten habe. Einen versuchten Tritt habe niemand wahrgenommen. Ein Soldat sagte zumindest, dass die angebliche Entschuldigung für den Rempler eher ironisch beziehungsweise abwertend klang. Das Verhältnis zwischen Pauli und vielen anderen Soldaten sei schwierig gewesen.
Amtsrichterin Harnisch verurteilte Pauli zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu jeweils 60 Euro. Die Zeugenaussagen seien glaubwürdig gewesen. Trotz möglicher Depressionen habe Pauli erkennen können, dass er strafbar handelte. Allerdings kritisierte sie auch das Verhalten von Meier. Diese habe den Angeklagten „massiv provoziert“, „wohl bewusst angerempelt“ und sei ihm „sinnlos hinterhergelaufen“.
*Die Namen der Soldaten wurden geändert
Erklärt das Bundesverfassungsgericht Jobcenter-Sanktionen endgültig für menschenunwürdig?
Erklärt das Bundesverfassungsgericht Jobcenter-Sanktionen endgültig für menschenunwürdig?
Bauernproteste: 40 Jahre Gift und Billigproduktion auf den Feldern
Bauernproteste: 40 Jahre Gift und Billigproduktion auf den Feldern
Die neue „Leipziger Zeitung“ liegt an allen bekannten Verkaufsstellen aus. Besonders in den Szeneläden, die an den Verkäufen direkt beteiligt werden. Oder einfach abonnieren und direkt im Briefkasten vorfinden.
Hinweis der Redaktion in eigener Sache (Stand 1. Oktober 2019): Eine steigende Zahl von Artikeln auf unserer L-IZ.de ist leider nicht mehr für alle Leser frei verfügbar. Trotz der hohen Relevanz vieler unter dem Label „Freikäufer“ erscheinender Artikel, Interviews und Betrachtungen in unserem „Leserclub“ (also durch eine Paywall geschützt) können wir diese leider nicht allen online zugänglich machen.
Trotz aller Bemühungen seit nun 15 Jahren und seit 2015 verstärkt haben sich im Rahmen der „Freikäufer“-Kampagne der L-IZ.de nicht genügend Abonnenten gefunden, welche lokalen/regionalen Journalismus und somit auch diese aufwendig vor Ort und meist bei Privatpersonen, Angehörigen, Vereinen, Behörden und in Rechtstexten sowie Statistiken recherchierten Geschichten finanziell unterstützen und ein Freikäufer-Abonnement abschließen.
Wir bitten demnach darum, uns weiterhin bei der Erreichung einer nicht-prekären Situation unserer Arbeit zu unterstützen. Und weitere Bekannte und Freunde anzusprechen, es ebenfalls zu tun. Denn eigentlich wollen wir keine „Paywall“, bemühen uns also im Interesse aller, diese zu vermeiden (wieder abzustellen). Auch für diejenigen, die sich einen Beitrag zu unserer Arbeit nicht leisten können und dennoch mehr als Fakenews und Nachrichten-Fastfood über Leipzig und Sachsen im Netz erhalten sollten.
Vielen Dank dafür und in der Hoffnung, dass unser Modell, bei Erreichen von 1.500 Abonnenten oder Abonnentenvereinigungen (ein Zugang/Login ist von mehreren Menschen nutzbar) zu 99 Euro jährlich (8,25 Euro im Monat) allen Lesern frei verfügbare Texte zu präsentieren, aufgehen wird. Von diesem Ziel trennen uns aktuell 450 Abonnenten.
Keine Kommentare bisher