Am Mittwoch musste Amtsrichterin Gabriele Schulz den Strafprozess wegen „Containerns“ gegen einen Polit-Aktivisten vorzeitig abbrechen. Die Staatsanwaltschaft legt Raoul M. (34) versuchten Diebstahl geringwertiger Sachen zur Last. Der Oberreichenbacher hatte überraschend beantragt, einen Freund als seinen Wahlverteidiger zuzulassen.
Den Antrag hätte Raoul M. natürlich schon im Vorfeld des Prozesstermins stellen können. „Einen Anwalt kann ich mir nicht leisten“, begründete der Angeklagte seinen Wunsch, sich von dem Wurzener David N. verteidigen zu lassen. Der kenne sich im Strafprozessrecht aus und sei bereits in einem anderen Verfahren durch das Amtsgericht als Verteidiger zugelassen worden.
Tatsächlich bestimmt die Strafprozessordnung in Paragraf 138, Absatz 2, dass neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an Universitäten auch andere Personen „mit Genehmigung des Gerichts“ als Verteidiger gewählt werden können. Richterin Schulz nutzte die Gelegenheit, um die Anspannung zu lösen, die sich zuvor in Saal 100 durch gezielte Provokationen des Angeklagten und seiner Entourage in Richtung Richterbank aufgebaut hatte.
David N. möge dem Gericht schriftlich seine Personalien und Qualifikationen mitteilen. Danach werde sie über dessen Eignung entscheiden. Ob Raoul M. die geplante Laienverteidigung nützt oder nur der Show dienen soll, sei dahingestellt. Fakt ist: Raoul M. wurde am 11. Januar in flagranti gestellt, als er Lebensmittel aus der Entsorgungstonne eines Netto-Markts entnehmen wollte. Zur Verhandlung konnte es heute wegen der ungewöhnlichen Wahl des Verteidigers nicht kommen, der Prozess wird also zu einem späteren Zeitpunkt starten.
Die Strafbarkeit des „Containerns“ ist unter Juristen umstritten. Im Mai verwarnte das Amtsgericht Fürstenfeldbruck zwei Studentinnen, die Lebensmittel aus einem verschlossenen Container entnommen hatten. Ihre Verteidiger legten daraufhin Sprungrevision (lt. Wiki) ein und kündigten an, den Fall notfalls bis vor das Bundesverfassungsgericht bringen zu wollen.
Aus ihrer Sicht fehle es in den Container-Fällen an einem tauglichen Tatobjekt, weil die Supermärkte das Eigentum an ihrer Ware durch das Einwerfen in die Mülltonne aufgeben würden.
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