Als Edward „eywhat“ E. mit dem Fahrrad vor dem Amtsgericht erschien, zeigte er sich erfreut. Viele waren dem Ruf gefolgt, sich solidarisch mit dem 31-Jährigen zu zeigen. Der junge Künstler soll die Straftat begangen haben, ein Volleyballfeld auf dem seit Jahren zur Freizeitgestaltung genutzten Jahrtausendfeld errichtet zu haben. Ihm wurde Hausfriedensbruch in Tateinheit mit Sachbeschädigung vorgeworfen. Heute, am 14. Juni 2018, fiel die Entscheidung am Amtsgericht Leipzig: mit einer krachenden Niederlage für den Gelände-Besitzer Rubin 35 GmbH.

Das Thema Jahrtausendfeld zeigt nicht zum ersten Mal Konfliktpotential, schon einmal stand der Wunsch nach Freiheit von Wagenplatzbewohnern deutscher Ordnungsstrenge gegenüber. Der Wagenplatz wurde schlussendlich geräumt. Trotz dieses Urteils ließen sich die Plagwitzer ihr Feld nicht nehmen. Vor allem aber, da der Eigentümer Stadtbau AG und der Vertreter Rubin 35 GmbH irgendwie seit Jahren selbst wenig bis nichts mit der Dauer-Brachfläche vorzuhaben scheinen.

Viele der zahlreichen Unterstützer des Angeklagten schwärmten von dem erholsamen und kulturellen Nutzen der Grünfläche. Auf der Facebookseite, auf der die Leute informiert wurden, die ihr Solidarität vor Gericht bekunden kamen, ging man bereits vorab von einer Art Scheinprozess aus, der nicht unerhebliche Auswirkungen auf die Zukunft des beliebten Treffpunktes des Leipziger Westens haben könnte. Es ist die Sprache von einer Art „Drohkulisse“, die aufgebaut werden soll, um zukünftige Aktionen auf dem umkämpften Jahrtausendfeld zu verhindern.

An einem menschenleeren, freistehenden Gelände scheint vor allem die Stadtbau AG, beziehungsweise Tochterfirma Rubin 35 GmbH Interesse zu haben. Die Firma warf Edward E. vor, ein Volleyballfeld auf besagtem Areal errichtet zu haben und erhob Anklage wegen Hausfriedensbruchs in Tateinheit mit Sachbeschädigung. Ein verklausulierter Facebookpost des Angeklagten, in welchem er mitteilte, dass Volleyballspielen auf dem Jahrtausendfeld wieder möglich sei, sollte die Täterschaft beweisen.

Edward E. und Strafverteidiger Jürgen Kasek (38) wirkten angesichts der Vorwürfe entspannt. Es herrschte allgemein eine fast ausgelassene Stimmung unter den Unterstützern des Angeklagten und Freunden des Freizeitraumes Jahrtausendfeld bereits vor dem Prozess. Einen von einer Ukulelespielerin begleiteten, bunt gemischten Menschenauflauf mit selbstgemalten Schildern vor dem Leipziger Amtsgericht erleben Justizbeamte sicher auch nicht alle Tage.

Erst auf dem Weg in den Gerichtssaal gab Edward E. zu: „Jetzt bin ich auch ein bisschen aufgeregt“.

Rubin 35 GmbH scheitert krachend in erster Instanz

Vor dem Saal wurde klar, dass das Amtsgericht nicht mit einem solchem Andrang gerechnet hatte, viele Unterstützer des Angeklagten und Pressevertreter mussten aufgrund mangelndem Platzes vor dem Gerichtsraum auf das Urteil warten. Nach zwei Stunden des angespannten Wartens freudige Erleichterung unter den Menschen, Edward E. wurde in allen Punkten freigesprochen.

Das Gericht konnte E. nicht nachweisen, dass dieser überhaupt etwas getan, also das Volleyballfeld errichtet hat. Und selbst wenn dieser Fall eingetreten wäre läge keine Straftat vor, stellte das Gericht fest. Nicht einmal für einen Hausfriedensbruch reicht die höchst mangelhafte Umzäunung und Beschilderung des Jahrtausendfeldes aus. Diese kennzeichnet nicht einmal umfänglich, dass es sich um Privatgelände handelt, eine Umzäunung des über 20.000 Quadratmeter großen Areals fehlt.

Auch der Vorwurf der Sachbeschädigung würde nicht zutreffen, da das Areal weder in irgendeiner Form verletzt, noch in seiner Erscheinungsform durch das 8×6 Meter große Spielfeld maßgeblich verändert worden wäre.

Trotz dieses Sieges für Freunde des frei benutzbaren Jahrtausendfeldes in erster Instanz bleibt laut Verteidiger Jürgen Kasek für den Ankläger Rubin 35 GmbH immer noch die Möglichkeit, in Berufung zu gehen. Wobei sich angesichts einer weiteren Anmerkung des Gerichtes dieser Weg als eine simple Geldverschwendung erweisen könnte. “Es sei bereits fraglich ob die Rubin 35 GmbH, deren Geschäftsführer angibt, nicht Eigentümer sondern nur Besitzer zu sein, überhaupt Strafantrag stellen kann.”, so Kasek am Ende des Prozesses.

Edward E. meinte abschließend: „Dass es so gut läuft hätte ich auch nicht gedacht“, das Thema sei aber nicht vorbei. Zunächst will er sich mit vielen anderen nun um eine Eintragung des Vereines „Freundeskreis Jahrtausendfeld“ bemühen, um den Erholungsraum und Treffpunkt Jahrtausendfeld möglichst lang für alle zu erhalten.

Streit ums Jahrtausendfeld kommt jetzt vor Gericht

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Glückwunsch. Man sollte den Eigentümer noch extra dafür bestrafen, mit so nem Mist das Gericht von der Verfolgung echter Straftaten abzuhalten.

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