Ein besonders grausiges Verbrechen beschäftigt seit Mittwoch die 1. Strafkammer des Leipziger Landgerichts. Ein 39-Jähriger Mann aus Afghanistan soll seine hochschwangere Ehefrau im August 2017 in Leipzig-Lindenau erstochen haben. Der Mann äußerte sich zum Prozessauftakt noch nicht.
„Er handelte in absolutem Vernichtungswillen und spielte sich zum Herrn über Leben und Tod auf“, heißt es lapidar in der Anklageschrift. Mehrfach habe der Angeklagte Ghulam R. (39) am Vormittag des 11. August 2017 in einem Wohnhaus in der Uhlandstraße mit einem Messer auf seine Ehefrau Mahin R. (34) eingestochen. Mindestens vier wuchtige und tiefe Stiche trafen die in der 32. Woche schwangere Afghanin in den Brustbereich, sie und das ungeborene Kind hätten keinerlei Überlebenschance gehabt, sagte Staatsanwalt Klaus-Dieter Müller.
Nach der Tat stürzte sich der mutmaßliche Täter aus dem vierten Stock des Mehrfamilienhauses, überlebte den Suizidversuch aber schwer verletzt.
Wut und Eifersucht sollen die schreckliche Tat ausgelöst haben: Demnach unterstellte Ghulam R. seiner Ehefrau, mit der er Ende 2015 nach Deutschland gekommen war, eine Liebesaffäre. „Er muss von dieser Wahnvorstellung nicht abzubringen gewesen sein“, sagte sein Anwalt Rainer Wittner gegenüber Medienvertretern. Gleichwohl gäbe es für eine außereheliche Liaison des Opfers bis heute keine Anhaltspunkte. Besonders tragisch zudem: Das Paar hatte bereits zwei Söhne im Alter von 9 und 11 Jahren. Beide kamen nach dem Verbrechen in staatliche Obhut.
Der Strafverteidiger stellte nach Verlesung der Anklage eine geständige Einlassung für den nächsten Prozesstermin in Aussicht. Die Zusammenarbeit mit seinem Mandanten habe sich nicht einfach gestaltet, es sei schwierig gewesen, den Inhalt der Akten mit ihm zu bereden, so Rechtsanwalt Wittner. Der gelernte Schneider sei vom Bildungsgrad her in einem „eher niedrigen Bereich“ zu verorten, habe seine Frau auch im Vorfeld der Tat immer wieder massiv bedroht, so dass ihr schließlich sogar eine separate Schutzwohnung zur Verfügung gestellt werden musste. Diese befand sich allerdings im gleichen Gebäude. Auf ungeklärte Weise habe sich Ghulam R. Zutritt verschafft und dort das Tötungsverbrechen verübt.
Eine eingeschränkte Steuerungsfähigkeit seines Klienten zum Tatzeitpunkt schloss Wittner nicht aus. Es sei harte Arbeit nötig gewesen, die Erinnerungen an das Geschehen mit ihm zu rekonstruieren und gemeinsam aufzuarbeiten, da er Erinnerungslücken geltend machte und sich seine Mentalität zudem schwer auf deutsches Strafrecht übertragen ließ, deutete der Anwalt an. Genauere Angaben machte er unter Verweis auf das Mandatsgeheimnis nicht. „Es ist eine einzige große Tragödie“, sagte Wittner.
Der Prozess soll am 21. Februar fortgesetzt werden. Dann sind unter anderem auch Hausbewohner als Zeugen geladen. Drei weitere Termine wurden bis einschließlich 8. März geplant.
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