In den kommenden Wochen sollen am Amtsgericht fast 100 Verhandlungen wegen einer Sitzblockade gegen Legida am 2. Mai 2016 stattfinden. So viele Personen haben Einspruch gegen Bußgeldbescheide in Höhe von 300 beziehungsweise 400 Euro eingelegt. Am Montag fanden die ersten Verhandlungen statt: Die Richter sahen weiterhin eine Ordnungswidrigkeit, reduzierten jedoch die Höhe der fälligen Zahlungen.

Das Amtsgericht Leipzig hat mit den Verhandlungen über die Bußgeldbescheide der Stadt wegen einer Sitzblockade gegen Legida begonnen. Am Montag bestätigten zwei Richter im Wesentlichen die verhängten Geldbußen, reduzierten diese jedoch auf 100 beziehungsweise 200 Euro. Ursprünglich sollten die Beschuldigten 300 Euro zahlen. Dagegen hatten sie – genau wie knapp 100 andere Personen – Einspruch eingelegt.

Ausgangspunkt war eine Sitzblockade auf dem Martin-Luther-Ring am 2. Mai 2016. Die Teilnehmer des Legida-Aufzugs mussten kurz anhalten und anschließend auf einer Nebenstraße an den Protestierenden vorbeilaufen. Die Staatsanwaltschaft ermittelte daraufhin gegen 160 Personen wegen grober Störung einer Versammlung, stellte aber fast alle Verfahren ein. In mindestens einem Fall kam es jedoch zu einer Verurteilung.

Die Teilnehmer der Sitzblockade erhielten zudem einen Bußgeldbescheid der Stadt, da sie sich trotz mehrmaliger Aufforderung der Polizei nicht von der äußeren Fahrbahn entfernt hatten.

Rechtsanwalt Jürgen Kasek, der eine der Beschuldigten am Amtsgericht vertrat, argumentierte, dass bereits die Auflage, nur den inneren Teil des Rings zu nutzen, rechtswidrig gewesen sei. Er verwies auf das Bundesverfassungsgericht, demzufolge das Versammlungsrecht so auszulegen sei, dass mehrere Demonstrationen ihre „größtmögliche Entfaltung“ erzielen können. Dies wäre laut Kasek der Fall gewesen, wenn den Blockierenden die Nutzung der kompletten Straße erlaubt worden wäre. Denn ein Mitarbeiter des Ordnungsamtes sagte, dass sich die Außenwirkung der Legida-Demo durch den geringen Umweg nicht geändert habe. Zudem wies Kasek darauf hin, dass sich der Legida-Versammlungsleiter im Anschluss zufrieden über den Verlauf geäußert hätte.

Die Beschuldigte erklärte, dass sie sich der Demonstration von „Leipzig nimmt Platz“ erst später angeschlossen und sich auf den Boden gesetzt habe, als und weil dies auch viele andere taten. Sie habe vermutet, dass diese Aktion zum geplanten Ablauf der Demonstration gehöre.

Schon vor Beginn der Beweisaufnahme hatte Amtsrichterin Sabine Hahn eine Verringerung der Geldbuße auf 100 Euro angeboten. Dies lehnten Kasek und seine Mandantin – im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft – jedoch ab. Am Ende verurteilte Hahn die Beschuldigte dennoch zu jenen 100 Euro und den Kosten des Verfahrens. Sie argumentierte, dass klar erkennbar gewesen sei, dass das Platznehmen auf eine Störung des Legida-Aufzugs abziele und die Versammlungsbehörde vor Ort spontan eine Entscheidung treffen musste – in dem Fall für die Auflage, dass die äußere Fahrbahn nicht genutzt werden dürfe. Zudem gab Hahn der Beschuldigten einige Tipps für zukünftiges Verhalten auf Demonstrationen mit auf den Weg.

Rechtsanwalt Jürgen Kasek sagte der L-IZ im Anschluss, dass die Reduzierung der Geldbuße als „Teilerfolg“ zu sehen sei. Er hätte sich jedoch eine stärkere Beachtung der verwaltungsrechtlichen Aspekte gewünscht. Einige Stunden zuvor war in einem ähnlichen Verfahren, aber bei einem anderen Richter, die Geldbuße auf 200 Euro heruntergesetzt worden. Ob jeweils Rechtsmittel eingelegt werden, soll nun geprüft werden.

Denkbar sei laut Kasek aber auch eine Vereinbarung mit der Staatsanwaltschaft, die Geldbuße in allen Verfahren auf 100 Euro zu reduzieren. Ob die Behörde diesem Vorschlag zustimmen würde, ist offen. Zunächst geht es wie geplant weiter mit den Verhandlungen: Die nächste findet bereits am Donnerstag statt, also wenige Stunden vor der Rückkehr von Legida auf die Straße.

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